Von Kai Rebmann
Der „Pandemievertrag“ steckt noch in der Entwurf-Phase fest, sodass mit einer Verabschiedung dieses umstrittenen Papiers wohl nicht mehr vor Frühjahr 2025 zu rechnen ist. In der kommenden Woche wollen sich die Vertragsstaaten zu einer weiteren Verhandlungsrunde treffen, für Deutschland wird Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit am Tisch sitzen. Kritiker sehen den „Pandemievertrag“ als letzten Pflasterstein auf dem Weg zu einer globalen Gesundheitsdiktatur unter Führung der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Weitaus weniger wird derweil über die International Health Regulations (Internationale Gesundheitsvorschriften, IGV) gesprochen. Dies erstaunt, da diese der WHO schon jetzt eben jene Macht verleihen, die durch den „Pandemievertrag“ tatsächlich lediglich noch zementiert wird.
Denn: Die im Juni beschlossenen Änderungen dieser Regularien werden von den mehr als 190 Unterzeichner-Staaten sukzessive in nationales Recht umgesetzt bzw. implementiert. In Deutschland geschah dies beispielsweise im Infektionsschutzgesetz.
‚Pandemischer Notfall‘ als neues Lockdown-Instrument
Die wohl weitreichendste Änderung der IGV betrifft die Artikel 1 und 12. Konnte der allmächtige WHO-Generalsekretär Tedros Adhanon Ghebreyesus ein „Ereignis“ bisher schon quasi im Alleingang zum „gesundheitlichen Notfall internationalen Ausmaßes“ (PHEIC = public health emergency of international concern) erklären, wurde diese Befugnis jetzt auch auf „pandemische Notfälle“ ausgeweitet.
Laut den geänderten IGV handelt es sich bei einem „pandemischen Notfall“ per Definition um einen „besonders schwerwiegenden PHEIC“, der durch eine infektiöse Krankheit übertragen wird und:
„(I) eine große geografische Ausbreitung in mehrere Staaten und innerhalb mehrerer Staaten aufweist oder ein hohes Risiko dafür besteht, und (II) die Reaktionsfähigkeit der Gesundheitssysteme in diesen Staaten übersteigt oder ein hohes Risiko dafür besteht, und (III) erhebliche soziale und/oder wirtschaftliche Verwerfungen verursacht oder ein hohes Risiko dafür besteht, einschließlich Störungen des internationalen Verkehrs und Handels, und (IV) schnelles, gerechtes und sehr koordiniertes internationales Handeln mit gesamtstaatlichen und gesamtgesellschaftlichen Ansätzen erfordert.“
Mit anderen Worten: Es reicht bereits eine vom Generalsekretär oder den „Notfall-Ausschüssen“ (Emergency Committees) vorgenommene Risikobewertung eines „Ereignisses“. Beispielhaft werden in Anhang 2 der geänderten IGV Fälle genannt, die „ein erhebliches Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen, auch wenn noch keine oder nur sehr wenige Fälle beim Menschen identifiziert wurden“. Darüber hinaus kann der „pandemische Notfall“ auch bei „Ereignissen“ ausgerufen werden, die „unbekannter oder neuartiger Ursache“ sind, „ungewöhnlich und unerwartet“ auftreten oder auf andere Weise als „schwerwiegend“ eingestuft werden.
Weiter regeln die geänderten IGV (Artikel 1 sowie 15–17), dass der Generaldirektor oder die Notfall-Ausschüsse der WHO „Empfehlungen“ zur Ergreifung von Gegenmaßnahmen zur Bekämpfung des Notfall-Ereignisses aussprechen können. Diese können nur vorübergehender, aber auch dauerhafter Natur sein. Und was die WHO unter „Empfehlungen“ versteht, haben nicht zuletzt die Corona-Jahre sehr eindrücklich gezeigt. Auch bei den damals weltweit in gespenstischem Gleichklang ergriffenen Maßnahmen handelte es sich nur um „Empfehlungen“ der WHO.
WHO-Zensur zum ‚Schutz‘ der Bevölkerung
Aber auch damit nicht genug: Damit ja keine wissenschaftlichen Debatten entstehen können – womöglich sogar noch unter Beteiligung wirklich unabhängiger Experten – ließ die WHO per Votum ihrer Mitgliedsstaaten auch gleich noch die Meinungsfreiheit einschränken und eine Änderung zur „Risikokommunikation einschließlich der Bekämpfung von Desinformation“ beschließen. Konkret geht es dabei um das „Entlarven“ (pre-bunking bzw. de-bunking) sowie Zensieren von Informationen und Meinungen, die im Widerspruch zu den von der WHO „empfohlenen“ Maßnahmen stehen.
Unter „pre-bunking“ versteht die WHO demnach die „Immunisierung“ und „Stärkung“ der Bevölkerung mittels gezielter „Vorab-Informationen“ über angebliche Techniken und Strategien der Verbreiter von Fake News und Desinformationen. In diesem Zusammenhang sollen bestimmte Quellen per se als „unzuverlässig“ und/oder „nicht vertrauenswürdig“ eingestuft werden.
Parallel dazu setzt die WHO auf „de-bunking“, sprich das Anbringen vermeintlicher „Korrekturen“ unter Posts und Artikeln, die etwa in den sozialen Medien veröffentlicht werden. Ergänzend hierzu sollen die Nutzer dann auf die Seiten und Kanäle der WHO oder anderer „vertrauenswürdiger“ und „zuverlässiger“ Quellen weitergeleitet werden. In letzter Konsequenz kann die WHO bei den Plattform-Betreibern auch die Einschränkung der Reichweite bis hin zur Sperrung entsprechender Konten beantragen.
Kaum überraschend, dass die WHO in den geänderten IGV vollkommen offenlässt, wer darüber richtet, was eine „Desinformation“ ist und was nicht. Es gehört aber wohl nicht allzu viel Fantasie dazu, um sich vorstellen zu können, wer dieses Urteil fällen wird. Diese zwar nicht so genannte, aber dennoch offenkundige Zensur nimmt jedem Bürger die Möglichkeit, sich an den ehernen Grundsatz zu halten: „Ich brauche nur möglichst viele Informationen, eine Meinung bilde ich mir dann selbst!“
Anwältin spricht von ‚Machtergreifung‘
Eine Fachanwältin für Medizinrecht kommentiert die geänderten IGV, den mittelbar damit zusammenhängenden und noch in Verhandlung befindlichen Pandemievertrag der WHO sowie das diesbezügliche Auftreten der deutschen Politik gegenüber reitschuster.de wie folgt:
„Was mich dabei tatsächlich erschüttert, ist nicht nur der Umfang der ‚Machtergreifung‘, der damit einhergeht, sondern die Texte selbst. Die Entwurf-Texte sind völlig unübersichtlich, unbestimmt und nach deutschem Recht (Bestimmtheitsgrundsatz) absolut untauglich. Entweder weiß das niemand (Lauterbach und unsere Bundestagsabgeordneten, die schon zweimal darüber abgestimmt haben), oder der Inhalt interessiert niemanden. Ich denke, Letzteres ist der Fall. Wie bei den Pfizer-Verträgen werden keine Anwälte beauftragt, weil es auf den Inhalt nicht ankommt. Es wird ausschließlich politisch agiert. Wie auch sehr deutlich die RKI-Dokumente zeigen. Im Falle der WHO-Verträge ist dazu bemerkenswert, dass die WHO und alle ihre Vertragspartner und Einrichtungen und das gesamte Personal, dies sind Tausende, rechtliche Immunität genießen werden.
Die Juristin geht in ihrer weiteren Einschätzung davon aus, dass nach den IGV auch die Verabschiedung des Pandemievertrags letztlich nur noch Formsache sein wird:
„Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, wird in der nächsten Woche ein weiterer Versuch unternommen werden, diese Verträge zum Abschluss zu bringen. Frau von der Leyen hat schon lange dafür gesorgt, dass es entsprechende EU-Verordnungen gibt, und Herr Lauterbach hat viele Regelungen aus den WHO-Entwürfen schon in unser geltendes Infektionsschutzgesetz eingebaut. Die IGV sind also teilweise schon in unser nationales Recht überführt worden. Herr Lauterbach ist also alles andere als dumm oder verwirrt. Diese Ampelregierung begeht auch mit diesem Vorgehen Hochverrat am deutschen Volk – und die Öffentlichkeit interessiert das einfach nicht!“
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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