Von Kai Rebmann
Die Bundeswehr hat etwas, das so hochgelobte Einrichtungen wie das Robert-Koch-Institut oder Paul-Ehrlich-Institut auch nach knapp drei Jahren „Pandemie“ noch nicht haben oder nicht haben wollen: Konkrete und verlässliche Daten über das Infektionsgeschehen im Zusammenhang mit Corona. Während Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und seine Apologeten nach wie vor darüber rätseln, weshalb es einen Unterschied machen soll, ob jemand „an“ oder „mit“ Corona gestorben oder hospitalisiert worden ist, ist man beim Militär schon mehrere Schritte weiter. Für deutsche Soldaten gilt eine Impfpflicht, so dass man bei der Bundeswehr guten Gewissens eine Impfquote von annähernd 100 Prozent unterstellen kann. Die ganz wenigen Ausnahmen beschränken sich auf Soldaten, die sich dem Impfbefehl beharrlich verweigern oder medizinische Gründe gegen die Spritze anführen können.
Am 24. November 2021 wurde die Coronaimpfung in die Liste der sogenannten „duldungspflichtigen Impfungen“ der Streitkräfte aufgenommen. Diese Regelung galt und gilt grundsätzlich sowohl für die „Grundimmunisierung“ sowie den oder die Booster. Ziel war und ist stets die „vollständige Impfung“, was auch immer der Gesetzgeber zum jeweiligen Zeitpunkt darunter versteht. Man sollte doch also davon ausgehen können, dass Corona innerhalb der Truppe schon seit spätestens Anfang 2022 keine nennenswerte Rolle mehr spielt. Schließlich muss ein derartiger Eingriff in die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte auch bei Soldaten sehr gut begründet werden, zumindest war das bis Ende 2019 noch so. Und ohne einen erkennbaren und vor allem nachweisbaren Nutzen sollte ein solcher Eingriff allem gesunden Menschenverstand zufolge eigentlich auch nicht (mehr) zu rechtfertigen sein.
Inzidenzwerte bei der Bundeswehr teilweise um das Doppelte erhöhte
Vor diesem Hintergrund reichte der Bundestagsabgeordnete Martin Sichert (AfD) Mitte Oktober 2022 im Namen seiner Fraktion folgende schriftliche Frage an das Bundesverteidigungsministerium ein: „Wie hoch lag der 7-Tage-Inzidenzwert der Bundeswehr jeweils in der ersten Monatswoche der Monate Januar, Februar, März, April, Mai, Juni, Juli, August, September und Oktober des Jahres 2022?“ Unter Berücksichtigung der Fallzahlen vom ersten bis siebten der jeweiligen Monate gab die Parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller (SPD) dazu folgende Zahlen bekannt: Januar (333,7), Februar (1.573,9), März (1.692,9), April (1.709,8), Mai (1.294,0), Juni (521,2), Juli (1.339,1), August (727,7), September (374,5) und Oktober (1.053,8). Ein Vergleich mit den allgemeinen Inzidenzwerten für die Gesamtbevölkerung zeigt deutliche Unterschiede zum Nachteil der Soldaten. In einigen Monaten, so etwa im Juni (01.06.22: 230,5) oder Oktober (01.10.22: 538,6), lag die „Bundeswehr-Inzidenz“ um das Doppelte über den in der Gesamtbevölkerung berechneten Werten.
Kay-Uwe Ziegler (AfD) schob daher die folgende Frage nach: „Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor, weshalb nach meiner Kenntnis die 7-Tage-Inzidenz der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr seit Ende März 2022 deutlich, bis zu 2-mal, höher als die Inzidenz für ganz Deutschland und auch für die Vergleichsgruppe der deutschen 15- bis 59-Jährigen?“ Beim Studium der entsprechenden Daten verfestigt sich in der Tat der Eindruck, dass die Schere mit fortschreitender Dauer der Impfkampagne – man könnte auch sagen, mit steigender Anzahl der verabreichten Dosen – immer weiter auseinander geht. Eine wirkliche Erklärung für diesen unbestreitbaren Fakt scheint die Bundesregierung anscheinend nicht zu haben. Staatssekretärin Möller verwies lapidar auf einen „niedrigschwelligen Zugang für Testungen über eine unentgeltliche truppenärztliche Versorgung“ sowie insbesondere die „Möglichkeit der konsequenten Durchführung von PCR-Testungen bei Vorliegen eines positiven Antigen-Tests“.
Bundesregierung wirft Nebelgranaten
Falls Sie sich möglicherweise schon einmal darüber gewundert haben, weshalb Fragen an die Bundesregierung etwas umständlich klingend formuliert werden, so liefert die hier zitierte Nicht-Antwort die Erklärung dafür. Denn erstens bedeutet ein „niedrigschwelliger Zugang“ zu Testmöglichkeiten nicht zwingend, dass davon auch übermäßig Gebrauch gemacht wird und zweitens wurden auch breite Teile Bevölkerung regelrecht „durchgetestet“. Man denke nur an die Testplicht in den Schulen oder das obligatorische Testen am Arbeitsplatz. Und auch die „konsequente Durchführung von PCR-Testungen“ nach einem positiven Antigen-Test sind keineswegs ein auf die Bundeswehr beschränktes „Phänomen“, sondern ein ganz normaler Vorgang. Zumindest galt dies noch bis vor wenigen Wochen, als eine Coronainfektion automatisch auch eine mehrtägige Isolationspflicht zur Folge hatte.
Die Daten aus dem Bestand der Bundeswehr zeigen also erstmals, dass eine sektorale Impfpflicht offensichtlich nichts bringt, zumindest nichts Gutes. Ähnliche Inzidenzwerte für Beschäftigte im Gesundheitswesen liegen zwar nicht vor bzw. werden nirgends erhoben. Dennoch lässt der extrem hohe Personalnotstand in Krankenhäusern und Pflegeheimen darauf schließen, dass die sektorale Impfpflicht auch in diesem Bereich zu keinem signifikanten Rückgang des Infektionsgeschehens geführt hat, um es ganz vorsichtig auszudrücken. Während die Impfpflicht für Ärzte und Krankenschwestern deshalb zum Jahresende ausläuft, scheint man bei der Bundeswehr zumindest vorerst allen besseren Wissens zum Trotz an der „Duldungspflicht“ festhalten zu wollen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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