Absage an den Rechtsstaat mit Komplizenschaft der Medien Corona-Demo in Berlin:

Als ich gestern Abend die Tagesschau ansah und den Bericht dort über die Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin, hatte ich den Eindruck, die Kollegen waren auf einer völlig anderen Veranstaltung – oder sie manipulieren gezielt. Doch nicht nur beim ARD stellte ich eine starke Verzerrung der Wirklichkeit fest: In fast allen Medien, die ich auf die Schnelle durchsah, wurde das, was ich gestern in Berlin mit eigenen Augen sah, fast völlig auf den Kopf gestellt.

Mein Eindruck: Eine riesige Menschenmenge  war völlig friedlich unterwegs, um gegen die Corona-Politik zu protestieren, die Mitte der Gesellschaft. Wie viele es waren, wage ich nicht zu beurteilen. Denn ich habe nur zwei Augen und kann nicht überall sein. Aus meiner langjährigen Erfahrung mit Demonstrationen heraus würde ich mir nur folgendes Urteil anmaßen: Das, was ich selbst sah bzw. beobachtete, dürften an die 100.000er Grenze gehen. Wie viele Teilnehmer ich nicht zu Gesicht bekam, kann ich logischerweise nicht beurteilen.

Ich habe diesmal auffällig mehr Reichsflaggen und Reichsbürgerflaggen gesehen als am 1. August. Ingesamt war die Zahl der Menschen, die damit unterwegs waren, aber immer noch sehr gering im Bezug auf die Gesamtzahl. Ich persönlich würde sagen, dass ich maximal 1.000 Menschen im Umfeld dieser Flagge gesehen habe, sehr grob geschätzt.

Bei jeder Großdemonstration sind immer Menschen dabei, mit denen andere politisch nichts gemein haben. Hier sei an eine Aussage von Innensenator Geisel (früher SED, heute SPD) erinnert: „Wenn ich als Demokrat gefordert bin, gehe ich auf die Straße. Und ich lasse mich nicht davon hindern, dass auch Ex­tremisten die Möglichkeit nutzen, dort ihre Meinung zu sagen.“

Nach der Logik, die heute viele Medien-Kommentatoren verbreiten, wären keine Demos mehr möglich, weil die Veranstalter sie sofort absagen müssten, sobald Extremisten mitlaufen. Von der Tribüne waren bei der Großdemo eher linke Parolen zu hören, ein Redner rief zum Sozialismus auf, die AfD wurde heftig kritisiert.

In den Medien wird nun die Rangelei, die einige Menschen mit Reichsflaggen, aber auch einer türkischen Flagge, vor dem Reichstag anzettelten, als Sturm auf denselben dargestellt, und sie beherrscht die Schlagzeilen: Dabei wird gezielt verwischt, dass diese Kundgebung nichts mit der „Querdenken 711“-Demonstration zu tun hat. Als es bei der „Black-Lives-Matter“-Kundgebung Anfang Juli zu massiver Gewalt gegen die Polizei kam (siehe hier), wurde diese in den Medien teilweise ganz verschwiegen wie in der Tagesschau oder allenfalls am Rande thematisiert.

So unschön die Szenen waren – ob es sich um einen „Sturm des Reichstags“ handelte, wie in den Medien jetzt dargestellt, mag jeder anhand dieses Videos selbst beurteilen – wobei ich nicht garantieren kann, dass es noch andere, schlimmere Szenen gab, hier bin ich für Hinweise dankbar.

Merkwürdig auch: Ich gehe seit Wochen zu den Demos in Berlin. Kanzleramt und Reichstag waren stets sehr gut bewacht, wenn Demonstranten nahe waren. Ausgerechnet bei einem Reichsbürger-Aufmarsch sind nur drei Beamte da. Völliges Versagen der Polizeiführung? Oder gewollt? Fragen über Fragen.

Auf Teufel komm raus soll nun der Eindruck erweckt werden, Extremisten und Gewalt hätten am Samstag das Bild in Berlin bestimmt. Kaum thematisiert wird dagegen, dass Innensenator Geisel über die ihm unterstelle Polizei faktisch einen Gerichtsentscheid ignorierte. Die Versperrung des Demozuges in der Friedrichstraße war eine Ohrfeige für die Gerichte. Die hatten das Demo-Verbot gekippt.

Die Polizei führte durch die Sperrung der Straße und der Nebenstraßen absichtlich eine Situation herbei, in der Mindestabstände nicht eingehalten werden konnten. Sodann wurde die Demo deswegen aufgelöst. Die Medien übernehmen brav die Manipulation der Behörden. Nachts wurde eine Demo brutal aufgelöst, rechtsstaatliche Prinzipien wurden mit Füßen getreten, in den Medien wird kaum berichtet (siehe hier).

Noch vor kurzem hätte ich mir so etwas nur in einem autoritären Staat vorstellen können. Es sind genau die Methoden, die ich aus Putins Russland kenne. Und so wie der einst in der kommunistischen Partei war, wurde auch Geisel in der SED politisch sozialisiert. Nur Zufall, dass sich die Methoden so ähneln?

PS: Sehen sie hier mein „reitschuster.live“ von der Auflösung der heutigen Demo.

PS: Hier mein twitter-Dialog mit einem Kollegen vom Spiegel:


Bild: PixabayText: red

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