Corona: Die Lust an der Angst Die verpasste Chance der Mikrobiologie

Ein Gastbeitrag von Dr. Jiri Snaidr

Als Anfang 2020 das Coronavirus die Welt und die Medien eroberte, da erschloss sich für viele Menschen ein Universum, welches sie zuvor nicht gekannt hatten: die Mikrobiologie.

Noch wenige Monate zuvor, es war Mitte 2019, hatte ich in einer Umfrage bei Privatpersonen wissen wollen, was ihnen zu Mikrobiologe einfällt. Ich erwartete, dass man zumindest gängige Mikroorganismen wie Salmonellen, Legionellen oder gar Listerien nennen würde. Aber die meisten konnten mir nicht einmal einen einzigen Bakteriennamen nennen. Das fand ich überraschend, denn wir bestehen vor allem aus Bakterien und Viren. Zwar besitzen wir 10 Billionen Körperzellen, aber verglichen mit 100 Billionen Bakterien oder gar 10.000 Billionen Viren, die alle ein Teil von uns sind, ist das relativ wenig.

SARS-CoV-2 schien das Wissen zu ändern. Durch die tagtäglichen Meldungen schienen auf einmal die Menschen sich in Mikrobiologen zu verwandeln. So wie bei einer Fußballweltmeisterschaft es auf einmal Millionen von Trainern gibt, so referierten auf einmal Millionen von Menschen scheinbar mühelos über die Größe von Viren, Ct-Zyklen, Spike-Proteine und die Funktion der mRNA. Die täglichen Schlagzeilen generierten ein Interesse, welches bis vor kurzem noch unmöglich erschienen war.

Eine Jahrhundertchance

Endlich schien die Zeit gekommen zu sein, in der die wahre Bedeutung der Mikroorganismen erkannt werden würde. Eine Jahrhundertchance! Denn es gibt einen Megatrend in den vergangenen 15 Jahren im Bereich der Mikrobiologie: die Erforschung des Mikrobioms. Nach und nach entdecken wir, wie unser Körper fast gänzlich von den Bakterien beherrscht wird. Und nicht negativ, sondern auf eine durch und durch positive Art und Weise. Die Bakterien beeinflussen unsere Gedanken, unsere Gefühle und unsere Gesundheit. Ob es uns gutgeht oder nicht, hängt ganz wesentlich von der Zusammensetzung unseres Mikrobioms ab. Und dieses kann tatsächlich durch uns beeinflusst werden: unsere Ernährung, unsere Bewegung und unsere Regeneration wirken sich direkt auf das Wachstum unserer kleinsten Mitbewohner auf. Zusätzlich haben wir durch die allgegenwärtigen Viren einen riesigen Genpool erhalten, der das Überleben der Spezies Menschen in den Hunderttausenden von Jahren überhaupt erst ermöglicht hat. Denn es gibt mehr Viren auf der Erde als Sterne im Universum!

Die Logik meiner Freude war einfach: Wenn die Menschen sich mehr mit den Mikroorganismen beschäftigen würden, würden sie die Bedeutung selber erkennen und in der Folge bessere Entscheidungen zugunsten ihres Mikrobioms treffen. Dies hätte direkte Auswirkungen auf ihre Gesundheit und auf ein längeres und glücklicheres Leben. Mein Wunsch zielte nicht auf die wenigen Fachleute ab, die sich aufgrund ihrer Ausbildung oder ihres Berufes sowieso mit Mikroorganismen beschäftigen müssen, sondern auf die Non-Professionals, die durch die Auseinandersetzung mit der Mikrobiologie einen neuen Bezug zu ihr erhalten würden.

'Fear porn' – das Spiel der Medien mit den Ängsten der Massen

Doch ich unterschätzte die Macht der Medien. Anstelle ihre Konsumenten neutral aufzuklären, konzentrierten sie sich auf „fear porn“. Getreu der guten alten Zeitungsregel, dass nur eine schlechte Nachricht ausreichend Leser generiert, wurden die Menschen über zwei Jahre mit mikrobiologischen Schreckensmeldungen bombardiert. Aus Lust an der Angst wurden nicht nur die Coronaviren zu Todesengeln stilisiert, sondern gleich auch viele weitere Viren und Bakterien. Long Influenza wurde genauso ein Thema wie antibiotikaresistente Keime und körperfressende Bakterien.

Am Ende dieses Granatenschauers aus furchterregenden Nachrichten aus der Welt der Mikroorganismen bleibt ein zerbombtes Schlachtfeld der Mikrobiologie, auf dem in den kommenden Jahren kaum ein zartes Pflänzchen der bakteriellen Hoffnung wachsen dürfte.

Das ist äußerst bedauerlich. Die Angst vor den “dunklen Dämonen” ist destruktiv. Empfehlungen, die sinnlose Staubmaske gleich den gesamten Herbst aufzusetzen, um sich vor Influenza zu schützen, sind nicht nur fachlich falsch und einem paranoiden Geist entsprungen, sondern generieren ein Heer von Maskenträgern, dessen Anblick immer wieder an eine vermeintliche unsichtbare Todesgefahr erinnert und den „fear porn“ aufrechterhalten wird.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass in diesem kollektiven Zustand der Angst und Sorge die wahren Benefits von Bakterien und Viren erkannt und gewürdigt werden. Aber genau das wäre notwendig, um ein Umdenken in ein gesünderes Leben zu ermöglichen. Und genau das wäre die Chance gewesen, ein gesteigertes Interesse an der Mikrobiologie für fachliche und positive Botschaften zu nutzen. Doch diese Chance wurde vertan.

Die Gründe für die „fear porn“-Kampagne der Medien mögen unterschiedlich sein: Auflagenzahlen, Politik, mächtige Netzwerke, falsche Berater, Einfluss von „Big Pharma“ oder schlichtweg Inkompetenz.

Doch die Auswirkungen werden uns noch lange verfolgen.

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„Die Vertreibung des Boris Reitschuster“ – mit Psychoterror und Schikanen gegen kritische Stimmen:

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Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Dr. Jiri Snaidr hat in den 90iger Jahren an der Technischen Universität München promoviert und ist Mikrobiologe und Entrepreneur. Der Fokus seiner Unternehmen liegt zum einen auf dem Nachweis der realen und unverfälschten Mikrobiologie mittels der VIT® Gensondentechnologie und zum anderen darauf, wie das Leben und die Gesundheit mit Hilfe des Wissens um die Bakterien und Viren verbessert werden kann. Er veröffentlicht regelmäßig Artikel auf seinem Blog „My Bacteria“ auf der Publikationsplattform substack.

Bild: Shutterstock

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