Gesundheitsminister der Herzen "Hey, hey, hey, ich lasse nicht mit mir scherzen, denn ich bin vom Fach"

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Thomas Rießinger

Immer wieder begeistert uns der Gesundheitsminister der Herzen mit seiner überbordenden Fantasie, gepaart mit fundiertem Fachwissen, auch wenn man sich nicht immer darüber im Klaren ist, um welches Fach es sich wohl handeln mag. In die Geschichte der Rhetorik wird beispielsweise seine unübertreffliche Rede auf der Jahrestagung des Verbands der Privaten Krankenkassen eingehen. Wenn man, so seine kunstvolle Argumentation, kein Konzept habe, um noch einmal neu zu impfen, dann seien die vulnerablen Gruppen erneut vulnerabel. Zudem müsse man mit weiteren Erregern rechnen und das habe damit zu tun, „dass die Immunität in den letzten Jahren zurückgegangen ist, weil die Schutzmaßnahmen auch dort geschützt haben, so dass sich dort eine Immunitätslücke aufbauen konnte“. Ein echtes Meisterstück feinsinnigen Humors: Die Schutzmaßnahmen führten zu einer deutlich verschlechterten Immunität und deshalb „brauchen wir spezielle Impfkonzepte, brauchen wir spezielle Schutzkonzepte,“ damit anschließend die Immunitätslücke noch ein wenig größer ausfällt.

Und auch kurze Zeit später sind ihm die Ideen nicht ausgegangen. In einem seiner zu Recht so beliebten Tweets äußerte er: „Es verdichten sich die Studienhinweise, dass Long COVID oft mit andauernder Entzündung des Gehirns einhergeht.“ Die Studie der Universität von Amsterdam, die er anführt, bezog sich auf genau zwei Fälle und war deshalb selbstverständlich hervorragend dazu geeignet, von einer Verdichtung der Studienhinweise zu sprechen. Man kann allerdings nicht ganz ausschließen, dass von der Gehirnentzündung auch noch jemand betroffen war und ist, der nicht zu den Probanden der Studie gehörte.

Darf man dieses herausragende künstlerische Talent brachliegen lassen? Auf keinen Fall und es wurde bereits Vorsorge getroffen, dem Herzensminister eine angemessene Bühne zu bieten. Schon im Juli soll er bei Amazon Prime „unter die Komiker gehen“, wie man bei verschiedenen Medien nachlesen kann, und das Publikum wartet mit gespannter Freude auf seinen ersten Auftritt, vielleicht mit Ausnahme einiger weniger Nörgler und Kleingeister, die sich fragen, woher denn der vielbeschäftigte Minister die Zeit für Vorbereitungen und Auftritte nimmt. Man darf annehmen, dass er sich nicht von seinen volkspädagogisch unverzichtbaren Talkshow-Auftritten abhalten lassen wird, und so dürfte nur die langweilige Büroarbeit im Ministerium ein wenig leiden, die allerdings schon immer unter seiner Würde war.

Sollte man ihn nicht unterstützen? In jedem Fall. Komiker und Kabarettisten neigen gelegentlich dazu, ihre Texte in musikalische Form zu gießen, und welche Stimme könnte dazu geeigneter sein als die unseres Ministers der Herzen? Leider gibt es nicht allzu viele Lieder, die sich mit psychiatrischen Kliniken befassen – ein Thema, das man sich bei ihm ausgesprochen gut vorstellen kann. Geht man aber nur 42 Jahre zurück, so findet man ein geeignetes Vorbild: „Goldener Reiter“ von Joachim Witt. Es handelt von einem Patienten, der wegen Schizophrenie in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde, und hat sich als außerordentlich langlebig erwiesen: Noch 2020 wurden neue Versionen veröffentlicht.

Man findet Strophen wie:

An der Umgehungsstraße
Kurz vor den Mauern unserer Stadt
Steht eine Nervenklinik
Wie sie noch keiner gesehen hat

und könnte auf die Idee kommen, dass der herzlichste Minister aller Zeiten seine Freude an dem Text finden könnte, von der rein musikalischen Gestaltung ganz zu schweigen. Das Gesamtkunstwerk kann man problemlos als Video bewundern.

Nun wäre es aber eine Zumutung für einen so kreativen Menschen wie den Minister aller Herzen, sich mit einem Text aus dem Jahr 1980 zu plagen, der vielleicht auf den einen oder anderen Protagonisten der heutigen Zeit zutrifft, aber die Gesamtumstände nicht passend vermitteln kann. Das Problem lässt sich lösen. Wie groß wäre die Begeisterung der Zuschauer, wenn unser herzensguter Minister in seinem Auftritt den folgenden, etwas aktualisierten Text zur Musik von Joachim Witt zum Besten gäbe!

Minister der Herzen (Goldener Reiter)

Ich war ein Hinterbänkler,
hab mich in Aufsichtsräten geplagt.
Dann kam das Covid-Virus
und plötzlich, da war ich in Talk-Shows gefragt.

Ich galt nun als ein Experte
und durfte täglich die Panik neu schür’n.
Dann wurde ich noch Minister
Und kann jetzt die Menschen erst recht ruinier’n.

Hey, hey, hey, ich bin Minister der Herzen,
hey, hey, hey, ich heiße Karl Lauterbach.
Hey, hey, hey, ich lasse nicht mit mir scherzen,
denn ich bin vom Fach, ja ich bin vom Fach!

Omikron ist ein Versager,
zerstört mir die Panik, sie war doch so schön.
Aber der Herbst steht schon vor den Türen
und was euch dann blüht, werdet ihr schon bald sehn.

Hey, hey, hey, ich bin Minister der Herzen,
hey, hey, hey, ich heiße Karl Lauterbach.
Hey, hey, hey, ich lasse nicht mit mir scherzen,
denn ich bin vom Fach, ja ich bin vom Fach!

An dieser Stelle findet sich im Original eine Gesangspassage mit undefinierbarem Text, die inhaltlich knapp über dem Niveau der üblichen ministeriellen Äußerungen steht, sie musikalisch und rhythmisch allerdings weit übertrifft. Wer es genauer wissen möchte, kann sich mithilfe des Videos davon überzeugen.

Hey, hey, hey, ich bin Minister der Herzen,
hey, hey, hey, ich heiße Karl Lauterbach.
Hey, hey, hey, ich lasse nicht mit mir scherzen,
denn ich bin vom Fach, ja ich bin vom Fach!

Gefährliche Mutationen
Machen euch wieder gefügig und still.
Der Lockdown wird niemals enden
und alle im Land machen nur, was ich will.

Hey, hey, hey, ich bin Minister der Herzen,
hey, hey, hey, ich heiße Karl Lauterbach.
Hey, hey, hey, ich lasse nicht mit mir scherzen,
denn ich bin vom Fach, ja ich bin vom Fach!

Das Publikum zählt auf einen der begabtesten Nachwuchskünstler dieses Landes, das einmal – es ist noch nicht lange her – ein freiheitlicher Rechtsstaat war. Es dürfte nicht mehr allzu lange dauern, bis Texte dieser Art als „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ im Sinne von Thomas Haldenwang – Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und treuer Diener seiner Herrin, der hochtalentierten Bundesinnenministerin Nancy Faeser – strafrechtliche Folgen haben werden. Unser großartiger Minister sollte die Zeit nutzen.

David
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

Bild: Shutterstock
Text: Gast

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