Corona-Gipfel: Zumutung für jeden mündigen Bürger Söder gibt zu, dass er Menschen Vertrauen entzogen hat

Hand aufs Herz: Haben Sie im Grundgesetz irgendetwas von „Spielraum“ oder „Puffer“ gelesen? In den Abschnitten, die am wichtigsten sind in der Verfassung – bei den Grundrechten? Mir zumindest ist keine entsprechende Einschränkung derselben bekannt. Genau diese „Spielräume“ und „Puffer“ sollen nun aber nach dem Willen von Angela Merkel gelten, wenn es um die Wiederherstellung der Grundrechte in Deutschland geht. Ihr heutiger Auftritt vor der Öffentlichkeit nach dem sogenannten „Corona-Gipfel“, der in der Verfassung ebenfalls nicht vorgesehen ist, war eine massive Zumutung für jeden Menschen, der sich noch nicht an die Entwertung des Grundgesetzes und der Grundrechte gewöhnt und dahingehend abgestumpft ist. Die Kanzlerin sprach zu den Bürgern wie eine Erzieherin in der Kita zu ihren Schutzbefohlenen – zu Kindern. „Es soll sich lohnen, sich anzustrengen vor Ort“, sagte die Regierungschefin bei ihrer Ankündigung, bei guten Zahlen dürften sich mehr Menschen privat treffen. Frühestens am 5. April könnten wieder Geschäfte öffnen.

Kein Wort zu Schweden, wo ohne jeden Lockdown die Todeszahlen nicht höher sind als in Deutschland, kein Wort zu den vielen anderen Ländern, die einen weitaus weniger harten Kurs fahren. Kein Wort zu den Studien, die den Nutzen des Lockdowns infrage stellen. Und das alles verkauft die Kanzlerin als „Konzept der Verlässlichkeit“. Und weiter: „Es war mir wichtig, dass wir hier Pakete schnüren, die nicht zu groß sind.“ Der Auftritt Merkels bestand im Wesentlichen aus Wortphrasen, die in Sachen Gehalt in sich zusammenfallen wie ein Soufflé, das man zu früh aus dem Backofen genommen hat.

Berlins Bürgermeister Michael Müller sagte: „Wir sind in einer Phase, die vielleicht die sensibelste Phase ist im Rahmen  der Pandemie-Bekämpfung“. Hatten wir das nicht schon mehrfach? Und weiter: „Es geht nicht mehr um Aufmachen oder Zumachen, sondern es geht darum, wie wir sehr besonnen mit dieser Situation umgehen“. Doch, Herr Müller, es geht um Aufmachen oder Zumachen. Für Millionen Menschen in diesem Land, die unter diesem Lockdown leiden, für den es bis heute noch keine fundierte wissenschaftliche Grundlage gibt. Für Viele ist „Aufmachen oder Zumachen“ eine Existenzfrage, Herr Müller! Auch wenn Sie sich das als Staatsdiener mit üppigen Pensionsansprüchen vielleicht nicht so ganz einfach vorstellen können. Müller schreckte auch nicht vor merkwürdigen Aussagen zurück. Der „Astra-Impfstoff ist gut verimpft“, sagte er – genau das Gegenteil dessen, was die Bundesregierung noch vergangene Woche verlautbarte.

„Reisen vermeiden“ forderte der Sozialdemokrat sodann – und nur wenige Meter weiter saß Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der zum wiederholten Mal für den Gipfel nach Berlin gereist ist. Warum, wenn man doch Reisen vermeiden soll? Warum kann er nicht virtuell teilnehmen – wo selbst der Vorsitzende des Bundesrates, Söder-Kollege Haseloff, aus dem viel näheren Magdeburg nicht anreist. Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist Michael Müller. Söder ist nur dessen Stellvertreter. Warum muss der Vize anreisen, wenn selbst der Bundesratsvorsitzende nicht da ist?

„Wir geben den Menschen ein großes Stück Vertrauen und Freiheit zurück, weil wir glauben, dass in der Abwägung der Fragen, die jetzt anstehen, es wichtig ist, mit der Bevölkerung diesen Weg zu gehen, und nicht allein als Staat zu agieren“, sagte Söder: „Und Verantwortung heißt dann aber auch, dass wir schauen müssen, wie der Weg weitergeht und jeder Einzelne mitträgt.“ Was für eine entlarvende Aussage: „Ein Stück Vertrauen und Freiheit zurückgeben“. Das heißt, dass die Regierung den Menschen das Vertrauen entzogen hat – denn sonst kann man es nicht zurückgeben. Söder kam dann sofort mit einer Drohung: Ein dritter Lockdown drohe, wenn nicht alle miteinander die Zeit „vernünftig nutzen“. „Ein Mittel, das Wunder wirkt, ist das Impfen“, sagte Söder weiter. Egal, wie man zu den Impfstoffen steht: So redet man mit Kindern, nicht mit Erwachsenen.

„Deutschland hat Stärke gezeigt“, sagte Merkel. Ja, im Sinne eines autoritären Durchregierens und des Verletzens von elementarsten demokratischen Grundregeln. Die Grundrechte wurden pervertiert zum „Angebot“ an die Bürger, wenn sie „brav“ sind. Merkel, Söder und Co. haben sich vollkommen in einem Wirrwarr von abstrakten Zahlen und Kurven verstrickt. Und von der Realität entfernt. Sie setzen auf eine Strategie mit Schnelltests, obwohl sie selbst bei der Beschaffung von Schnelltests versagt haben. Wie in so vielen Punkten der Pandemie. Ihr Glück: In den Medien wird das kaum thematisiert. Und deshalb erfahren es viele Bürger einfach nicht. 

Es hätte viel zu fragen gegeben auf der Pressekonferenz heute. Warum Friseure und Gartencenter öffnen dürfen, Restaurants aber nicht? Warum jetzt auf einmal wieder 100 als neuer Richtwert gilt, wo doch monatelang von 35 die Rede war, und RKI-Chef Wieler sagte, erst ab 10 könne man die Kontakte gut nachverfolgen. Und viele andere Fragen mehr. Doch stattdessen lieferten die Journalisten, die zu Wort kamen, brav Stichworte. Interessant ist auch das „Framing“ der heutigen Konferenz in manchen Medien. So vermeldet etwa „n-tv“: „MPK lockert überraschend stark: Die 35 gilt nicht mehr“. Die Verlängerung des Lockdowns wird als überraschend starke Lockerung verkauft. Faszinierend.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

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Bild: Screenshot ARD/Tagesschau
Text: br


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