Ein Gastbeitrag von Alexander Wallasch
Seit 2015 haben wir bereits dutzende Studien kritisch rezensiert. Studien, die oft eines gemeinsam hatten: Sie sollten verteidigen, was die Regierung macht und dafür den imaginären Feind – bevorzugt einen von Rechts – in den düstersten Farben malen und ihn, das Böse, bevorzugt in der Mitte der Gesellschaft verorten.
Beteiligt an solchen politischen Kampagnen sind zunächst die mit hunderten Millionen Euro Steuergeldern subventionierten Stiftungen der etablierten Parteien. Aber auch eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und bestimmte Universitäten, wie beispielsweise die in Bielefeld, machen in wechselnden Partnerschaften gemeinsame Sache mit diesen NGOs und Parteienstiftungen.
Aber es sind weitere hunderte Millionen schwere Organisationen beteiligt, die noch viel direkter in Abhängigkeit zur Regierung bzw. den Bundesministerien stehen: Drei dieser regierungsnahen Organisationen haben jetzt wenige Wochen vor der Bundestagswahl eine Studie veröffentlicht, die geeignet ist, jede dieser Kampagnen-Studien zuvor in den Schatten zu stellen:
Die Rede ist von der „Außenblick“ genannten Studie, einer Zusammenarbeit des Goethe-Institutes, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes e.V. (DAAD).
Die Fratze der Macht zeigt sich hier in ihrer ganzen Pracht und hebt mit dieser Studie die Diffamierung, die Diskreditierung und Denunziation oppositioneller Kräfte auf eine neue Stufe:
Die drei regierungsnahen Organisationen behaupten in ihrer Studie eine Antwort gefunden zu haben auf die Frage: „Wie wird Deutschland in der Welt gesehen?“ Dem Thema wollen sie sich aus der „Perspektive von Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik“ angenähert haben.
Dabei herausgekommen ist allerdings eine Schlechtleistung, die zudem noch auf der offiziellen Seite des Goethe-Institutes mit einer Grußbotschaft der Bundeskanzlerin selbst „geadelt“ wurde, aber dazu gleich mehr.
Zunächst einmal zum Aufbau der Studie, die auf Befragungen und Interviews beruhen soll. Im Mittelpunkt der „Außenblick“-Studie, die strenggenommen „Innenperspektive Kanzleramt“-Studie hätte heißen müssen, stehen Ergebnisse und Auswertungen von Befragungen. Diese wurden eingebettet in rund einhundert Seiten Interpretation dieser Befragungsergebnisse.
Aber wer wurde befragt, etwas über den Außenblick auf Deutschland zu sagen? Die drei regierungsnahen Organisationen haben in ihren Dependancen im Ausland einfach ihre Freunde und Partner befragt! Also Leute, die mit den regierungsnahen Studienmachern in einem freundschaftlichen wie beruflichen Verhältnis stehen.
Zur Befragung genutzt wurden, wie es die Studie wortwörtlich beschreibt und also ganz freimütig eingesteht, „jahrzehntelang gewachsene Netzwerke und Strukturen“. Eingeleitet wurde dieses Eingeständnis in der Studie mit den Worten:
„Was liegt näher, so dachten wir, als uns in dieser Situation bei Expertinnen und exzellenten Deutschlandkennern in aller Welt Rat zu holen?“ Man hätte sich mit diesen Freunden „zu diesem Zweck zusammengeschlossen und aufs Engste zusammengearbeitet“.
Nichts gegen eine enge Zusammenarbeit. Aber aus diesem gemeinsamen Tun, und auf Basis einer mutmaßlich entsprechend gemeinsamen Haltung, lässt sich keine Studie zusammenbauen, die den Bürgern der Bundesrepublik erzählen soll, was das Ausland über Deutschland denkt, über die Integration und über weitere wichtige Fragen mehr. Mit einer wissenschaftlichen Vorgehensweise, welche die Bezeichnung „Studie“ nun einmal suggeriert, hat das alles nichts zu tun.
Ein „lehrreicher Außenblick auf unser Land“ soll so zustandegekommen sein, einer, der sich allerdings liest, als hätte die Bundeskanzlerin selbst und ihre Entourage den Freunden im Ausland die Antworten diktiert.
Dass Angela Merkel nichts dabei findet, diese Gefälligkeitsstudie auch noch mit einer Danksagung zu versehen, trägt Merkmale von antidemokratischen Herrschaftsmodellen, die ihren Zenit schon überschritten und jede Vorsicht fallengelassen haben – was da im Geiste Merkels, samt Danksagung der Kanzlerin, produziert wurde, ist ein Requiem für Merkel selbst, ungeachtet des Scherbenhaufens, den sie im Amt hinterlassen wird.
Wie viele Partner und Freunde der Studienmacher wurden gefragt? Kaum mehr als ein dutzend Personen jeweils in einem von 37 Ländern. Zusätzlich zu den Befragungen unter Bekannten wurden in 48 Ländern jeweils 2 (in Worten: zwei!) Personen in einem längeren Interview befragt. Die regierungsfinanzierten deutschen Mitarbeiter im Ausland haben sich mit zwei ausländischen abhängigen Partnern vor Ort zu Gesprächen getroffen.
So kamen dann Antworten zusammen, welche Angela Merkel in ihrer Danksagung an ihre Institute per Video so beschreibt:
„Für (Ihren) unschätzbaren Dienst bin ich Ihnen von Herzen dankbar (…) Bezeichnend für ihr verantwortungsbewusstes Wirken ist die Durchführung einer gemeinsamen Studie, um die Wahrnehmung Deutschlands in der Welt genauer zu ergründen. Das Ergebnis ist eine faszinierende Momentaufnahme mit teils erwartbaren aber auch überraschenden Antworten. Die positiven Rückmeldungen sind Bestätigung für bisheriges und Ansporn für weiteres Engagement.“
Und dann erdreistet sich diese „Studie“, die ihrem Wesen nach nichts anderes ist als ein staatlich bestellter Applaus für die Arbeit der Bundesregierung, eine La-Ola-Welle zu produzieren. Über 120 Seiten für eine scheidende Bundeskanzlerin, die sich wünscht, dass man ihr noch etwas Nettes hinterherruft, anstatt sie mit Schimpf und Schande aus einem Land zu jagen, dass heute von einem tiefen und unversöhnlichen Graben durchzogen wird.
Diese „Studie“ genannte Lobhudelei nebst der ermahnenden Aufforderung, noch mehr zu tun im Sinne der Regierungspolitik, diese peinliche Befragung unter quasi ideologisch Gleichgesinnten wird in fünf Blöcke unterteilt – fünf Blickwinkel aus dem Ausland von Freunden der Bundesregierung bzw. ihren Instituten auf fünf Deutschland betreffende Themenkomplexe:
„Wofür man uns achtet“, „Worüber man den Kopf schüttelt“, „Wovor man uns warnt“, „Was man uns zutraut“ und „Was man sich erhofft“.
Oder in der längeren Version:
1. „Das politische System Deutschlands wird als eine stabile Demokratie angesehen, die rechtsstaatlichen Prinzipien folge.“
2. „Deutsche seien häufig übervorsichtig und überkritisch, eben starr – mit höchsten Standards.“
3. „Populistische und extremistische Tendenzen nehmen in Deutschland zu – kein anderer Risikobereich wird im Ausland in so vielfältiger Weise thematisiert.“
4. „Lösungsorientierung und Handlungskompetenz wird Deutschland in ganz unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen zugeschrieben.“
5. „Migration sei heute und zukünftig eine Realität. Der Wunsch nach einem offenen Deutschland, das diese Vielfalt umarme, ist weltweit groß. Man erhoffe sich ein offenes Land und offene Herzen.“
Also erst Zuckerbrot, dann die Peitsche: Der Deutsche sei zu vorsichtig, er sei latent Nazi, er müsse also noch viel weltoffener werden, ergo noch mehr Migration zulassen, er soll „Vielfalt umarmen“ und endlich sein Herz öffnen.
„Herz öffnen“ meint hier natürlich den Geldbeutel im Sinne der Begehrlichkeiten der anderen.
Und wenn hier von einem offenen Land die Rede ist, dann von offenen Grenzen und von einer Huldigung der politischen Hinterlassenschaften einer scheidenden Angela Merkel, die danach also Recht damit getan hat, die Grenzen nicht zu schließen und den Boden dafür zu bereiten, dass heute über 250 deutsche Städte über eine linksradikale NGO („Seebrücke“ samt Antifa-Merchandising online) einen Forderungskatalog erfüllen müssen, mehr Zuwanderung noch über die Kontingente des Bundes hinweg regional für sich einzufordern.
Diese Studie ist großartig! Jedenfalls dann, wenn es darum gegangen wäre, einen ersten Preis zu gewinnen in Staatspropaganda. Oder wie sind folgende Zitate aus der Studie zu beurteilen?
„Respekt wird Deutschland im Ausland auch für die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus gezollt. Politik und Gesellschaft hätten ihre Lehren aus der Vergangenheit gezogen. Als weitere große Leistung werden die Wiedervereinigung Deutschlands und die Aufnahme Geflüchteter 2015/16 wahrgenommen.“
Dazu folgt dann quasi als Beleg ein Zitat aus einer der so genannten Befragungen: „Die deutsche Regierung hat hier [2015/2016] menschlich gehandelt und globale Verantwortung übernommen.“
Herrje, es ist alles so durchsichtig, so dreist und doof, dass einem schon schwindelig werden kann.
Ach so: Das Engagement des Auswärtigen Amtes (Heiko Maas) für eine Entschädigung der Kolonialzeit wird auch gleich im selben Abwasch mitverhandelt:
„Auch wurde festgestellt, dass sich Deutschland nicht ausreichend mit seiner Kolonialgeschichte auseinandersetze.“
Ja, der Maas macht es richtig. Jetzt muss aber noch die Bevölkerung in Jubelstimmung kommen darüber, dass wieder Milliarden Euro Steuergelder sprudeln.
Wovor uns die Bundesregierung, nein das Goethe-Institut, nein, die Freunde des Goethe-Instituts, also der Bundesregierung und also der Bundeskanzlerin warnen, folgt ebenfalls:
Die Deutschen seien „(v)erschlossen. Dominant. Selbstgefällig.“ Weiter:
„Populistische und extremistische Tendenzen nähmen in Deutschland zu – kein anderer Risikobereich wird im Ausland in so vielfältiger Weise thematisiert. Gesprächspartner*innen beschreiben, dass sie in den letzten Jahren während ihrer Aufenthalte in Deutschland weniger Toleranz und Freundlichkeit erleben. Sie haben verstärkt das Gefühl, nicht willkommen zu sein.“
Das dazugehörige Zitat aus den bis hierher nun hinreichend dechiffrierten Befragungen: „Ich habe mich nie diskriminiert gefühlt in Deutschland. In den letzten Jahren aber schon, und das macht mich total traurig.“
Ja, es ist „total traurig“. Und man weiß kaum, wo aufhören, diese eiskalte Unverschämtheit noch weiter nachzuerzählen. Nein, diese Studie wäre schwer zum Lachen, würden sich nicht immer wieder Alt-Medien finden, die diesen ganzen Mist aus Faulheit, Bequemlichkeit oder politischem Opportunismus heraus entlang des kurzen Pressetextes der Studienmacher kritiklos abbilden.
Der Abgang der Regierung Merkel steht bevor. Aber es geht nur die Kanzlerin. Auf den letzten Metern soll jetzt noch das System Merkel zementiert werden, und es sieht alles danach aus, dass es gelingt. Diese Studie will ihren bescheidenen Beitrag dazu beisteuern.
Wer in so perfider Machart die Destabilisierung Deutschland mittels einer „Studie“ genannten Werbekampagne für die Bundesregierung noch als Erfolg verkaufen will, der hat jeden Anstand verloren.
Insbesondere da, wo er suggerieren will, diese Erkenntnise würden auf einer wissenschaftlichen Studie basieren. Wer so etwas fabriziert, der muss sich seiner gefälligen Medien ganz besonders sicher sein. So betrachtet, ist diese Steuergelder verbrennende Werbekampagne für Regierungspolitik der krönende Abschluss der politischen Karriere der Angela Merkel.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger. Er schrieb schon früh und regelmäßig für Szene-Magazine Kolumnen. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Volkswagen tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“
Bild: LVVs/ShutterstockText: Gast