Von Daniel Weinmann
Mampe blickt auf eine bewegte Zeit zurück. 1831 gegründet, erlebte die älteste Spirituosenmarke der Hauptstadt zwischen 1890 und 1980 ihre Blütezeit. Selbst David Bowie machte schon Werbung für den „Halb & Halb“ genannten Magenbitter aus Bitterorangen, als er in David Hemmings Film „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ von 1978 als Mampe-Flasche auftrat.
In den 1980er Jahren verlor man den Anschluss an die internationalen Wettbewerber. 1992 folgte der Konkurs, Doornkaat und danach die Berentzen-Gruppe übernahmen die Produktionslizenz. 2012 holte sich der frühere Inhaber Tom Inden-Lohmar die Markenrechte zurück, acht Jahre später sicherten sich schließlich Quirin Graf Adelmann, Florian Löhlein und Thomas Hölzner das Mampe-Portfolio.
„Die erste Mission war erst einmal, das Kulturgut Mampe zu erhalten“, erinnert sich Vertriebsleiter Hölzner im Gespräch mit der „Berliner Zeitung“. Sein Partner Adelmann würde sich heute „fünfmal überlegen, etwas Neues anzufassen“. Berlin fordert seinen Tribut, die Hauptstadt ist zum Synonym für Verwahrlosung, schlechte Bildungspolitik, offenen Drogenhandel und einer dysfunktionalen Verwaltung verkommen. Selbst die Wahlen zum Abgeordnetenhaus mussten wiederholt werden.
»Da will man doch meinen, dass die Verwaltung funktioniert. Tut sie aber nicht«
Bezeichnend: Die Mampe-Manager mussten eineinhalb Jahre auf ihren Wasseranschluss warten. „Das ist doch krank“, wettert Adelmann. Zuvor mussten sie sich mehr als ein Jahr für einen Stromanschluss gedulden. Für die Baugenehmigung gingen satte zwei Jahre ins Land. Der Antrag sei monatelang von Faxgerät zu Post oder E-Mail-Postfach gewandert. Adelmann spricht von einer Kombination zwischen wachsender Bürokratie und sinkender Verwaltungsleistung trotz immer mehr Beschäftigten im Öffentlichen Dienst.
Dies trifft auch auf die ganze Republik zu – ein Grund für Traditionsunternehmen wie der Motorsägenspezialist Stihl oder der Hausgerätehersteller Miele, Teile ihres Geschäfts ins Ausland zu verlagern oder gleich ganz abzuwandern. „Viele glauben nicht mehr daran, dass wir die strukturellen Probleme zeitnah in den Griff bekommen“, konstatiert Jürgen Sandau, Partner beim Wirtschaftsprüfer Deloitte. Die Lage sei ernst.
Mampe-Geschäftsführer Adelmann bringt die Misere gegenüber der „Berliner Zeitung“ so auf den Punkt: „Da will man doch meinen, dass die Verwaltung funktioniert, tut sie aber nicht. Deutschland ist kaputt.“ Die Baukosten stiegen wegen der langen Wartezeit um 40 Prozent erhöht. Am Ende kostete die neue Produktions- und Lagerhalle in Marzahn knapp eine halbe Million Euro mehr.
»Kein Wunder, dass die Leute in Ostdeutschland die traditionellen Parteien verlassent«
Adelmann fragt sich, ob er in Deutschland als Unternehmer überhaupt noch willkommen ist. Aus der neuen Produktionsstätte wollte das Geschäftsführer-Trio den thailändischen Markt bedienen. Doch auch hier machte ihnen die Bürokratie einen Strich durch die Rechnung: Für die Zollabwicklung brauchen sie fünf Monate.
Adelmann & Co. drehen daher den Spieß um und produzierendaher gleich in Thailand, zumal dort auf Umsätze bis zu 48.000 Euro keine Umsatzsteuer anfällt. Überhaupt hätten die Thailänder „Bock zu wachsen“, während die Menschen in Deutschland weniger Geld, „zumindest gefühlt weniger Geld“ hätten und weniger für Luxus und Spaß ausgäben. Die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen sind für Adelmann keine Überraschung: „Kein Wunder, dass die Leute in Ostdeutschland die traditionellen Parteien verlassen.“
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: Screenshot Youtube-Video Funke Digital