Hier geht es direkt zu dem Gespräch
„Ich bin ein Freund der Menschenrechte, die sollten überall verwirklicht werden, ich glaube aber nicht, dass es unsere Aufgabe ist, in einem Land mit 80 Millionen Menschen die Menschenrechte für 8,5 Milliarden Menschen zu verwirklichen. Das ist nicht machbar“, mahnt der frühere Berliner SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin im zweiten Teil seines Gesprächs mit mir. Das Thema: Wie Ideologie die Vernunft besiegt. Und wie es zu dem Irrsinn kommt, der um uns herum täglich zu beobachten ist. „Wenn ich eine bestimmte Ideologie habe, führt die immer zu einem verzerrten Weltbild“, mahnt der Bestseller-Autor.
Ich will hier nicht den gesamten Inhalt des Gesprächs wiedergeben – ich empfehle Ihnen eindringlich, es anzusehen. Mir selbst hatten schon Sarrazins verpönte Bücher ganz entscheidend geholfen, den Irrsinn der aktuellen Politik zu begreifen. Auch dieses Gespräch hat mir wieder sehr wertvolle Erkenntnisse und eine Erweiterung meines Horizonts gebracht. Neigte ich doch bisher dazu, in der aktuellen Situation vor allem die massive rotgrüne Ideologisierung des Denkens und der Politik für die Ursache unserer Übel zu halten.
Verheerende Folgen
Sarrazin mahnt in dem Gespräch eindringlich davor, sich bei seiner Kritik nur auf eine bestimmte, aktuell vorherrschende Form ideologischen Denkens zu konzentrieren: „Historisches Denken als solches ist gefährlich. Es ist eine Frage der Mode und der historischen Zufälligkeit, welche Richtung ideologischen Denkens gerade irgendwo die Herrschaft hat. Auch der Antisemitismus war ja ideologisches Denken, und hatte verheerende Folgen“.
Das erklärt auch, warum vieles, was wir heute erleben, so sehr an die 1930er Jahre in Deutschland oder auch die frühe Sowjetunion erinnert: Es ist die ideologische Herangehensweise, die so ähnlich ist, ganz egal, in welchem Gewand, ob in rot, in braun oder in grün. Ob die Weltrettung unter dem Deckmantel des internationalen Sozialismus, des nationalen Sozialismus oder einer grünen Klimapolitik versprochen wird: Sobald ein Anspruch auf Besitz der Wahrheit besteht, Zweifler als Unmenschen (Ketzer) diffamiert werden und sich eine Gruppe den anderen überlegen fühlt, müssten alle Alarmglocken klingen. Die so viel gelobte „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland hat leider versagt, was das Erkennen dieser entscheidenden und extrem gefährlichen Mechanismen angeht.
Aber das sind jetzt schon meine Schlussfolgerungen – und ich will ja auch nicht zu viel verraten. Nur noch ein kurzer Punkt. Eine Erzählung über ein einschneidendes Erlebnis von mir, das mein altes Bild von Deutschland ins Wanken brachte – ich wurde massiv beschimpft, nachdem ich die Ängste einer Frau um ihre Sicherheit nach 2015 beschrieb – kommentierte Sarrazin wie folgt: „Man hat sich nicht dafür interessiert, ob das, was Sie sagen, wahr ist oder nicht. Sondern man hat sich nur dafür interessiert, ob das, was Sie sagen, ein als falsch angesehenes politisches Narrativ bedienen könnte. Man schaut nur, welches Narrativ wird bedient, und wenn es das falsche ist, werden die damit verbundenen Tatsachen gerne unterdrückt.“
Das Fazit von Sarrazin: „Die aktuellen Gefährdungen in Deutschland und in Europa kommen mehr aus der linken als aus der rechten Ecke“. Seine Warnung: „Man darf sich den Mund und das Denken nicht verbieten lassen.“
Sehen Sie sich mein Gespräch mit Sarrazin hier an.
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Bild: reitschuster.de