Der US-Politikwissenschaftler Francis Fukuyama sprach angesichts des Zusammenbruchs des real existierenden Sozialismus vom „Ende der Geschichte“. Die westlichen Demokratien, so seine Diagnose, stark vereinfacht, hätten gewonnen. Punkt.
Selten hat sich ein Wissenschaftler so geirrt wie Fukuyama (Lauterbach betrachte ich nicht als Wissenschaftler und deshalb lasse ich ihn bei diesem Negativ-Vergleich außen vor). Nicht nur, dass die westlichen Demokratien von innen heraus verfallen und einen beispiellosen Verrat an den eigenen Grundsätzen wie Freiheit und Pluralität erleben. Parallel und untrennbar damit verwoben werden wir Zeuge eines beispiellosen Wiederauferstehens von Untugenden, die man früher dem Sozialismus zusprach.
„Die DDR hat gewonnen“ – unter diesem Titel hat der Journalist Alexander Fritsch Ende 2020 eine fünfteilige Artikelserie auf meiner Seite veröffentlicht, die es in sich hat. Den ersten Beitrag, der auf alle weiteren verweist, finden Sie hier: Die DDR hat gewonnen – Sozialismus statt Freiheit. Fritsch arbeitete lange für die Deutsche Welle und ihm fehlten 2015 nur wenige Stimmen, um zum Vorsitzenden des Deutschen Journalistenverbands (DJV) gewählt zu werden. Bevor der Verband völlig nach Linksaußen driftete und zu einer rotgrünen Aktivisten-Organisation verkam.
Nein, die Bundesrepublik ist nicht die DDR. Beide Staaten gleichzusetzen wäre dumm und sträflich – egal, ob man die frühe, stalinistische DDR nimmt, mit ihrem kriminellen Terror gegen Andersdenkende, oder die späte, Honecker´sche, die statt auf Terror mehr auf Schikanen setzte. Wenigstens genauso dumm und sträflich wie eine Gleichsetzung wäre es aber, zu übersehen, wie viele Elemente aus der DDR in der neuen Bundesrepublik wieder allgegenwärtig sind.
‘Die Lüge wird wiederkommen‘
Leider hat sich die Vorhersage der DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley von 1991 in vollem Umfang bewahrheitet (unten in voller Länge). „Die Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen, das wird wiederkommen“, sagte sie in geradezu unheimlich anmutender Genauigkeit voraus: „Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.“
Besser könnte man den Zustand der Bundesrepublik 32 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht beschreiben. Die freiheitliche, tolerante, pluralistische Gesellschaft der alten Bundesrepublik ist Geschichte. Der Wandel war so schleichend, so langsam, dass ihn die meisten kaum mitbekommen haben – wie die Frösche, denen man das Wasser so langsam erhitzt, dass sie nicht merken, wie sie gekocht werden. Ich war insgesamt 16 Jahre im Ausland. Und erlebte die Veränderungen deshalb schlagartig. Es war ein anderes Land, in das ich 2012 zurückkehrte. Nicht mehr die alte Bundesrepublik. Eine Mischung aus ihr und der DDR. Die in vielem von beiden Systemen das schlechteste übernommen hat.
Wie konnte es so weit kommen? Viele im Westen sind sich nicht bewusst, dass etwa Angela Merkel nie eine Dissidentin war, sondern, im Gegenteil, stramm auf Linie. Ihr Vater war eng mit einer KGB-Tarnorganisation verbunden – der von Moskau gesteuerten „Christlichen Friedenskonferenz“. Merkels eigene Rolle ist maximal undurchsichtig, alle Akten sind merkwürdigerweise verschwunden. In Moskau wird ihr eine Nähe zum KGB – nicht zur Stasi – nachgesagt. Unter Merkel kamen ehemalige DDR-Kader in einflussreiche Positionen. Eine ehemalige Schulkameradin von ihr, die zu einer linksextremen Gruppe in der „Linken“ gehört, wurde in Schwerin sogar Verfassungsrichterin. Merkel forderte die Rückgängigmachung von Wahlen, wenn ihr das Ergebnis nicht passte. Merkel aß mit den Verfassungsrichtern zu Abend, drückte einen Vertrauten als Präsident in Karlsruhe durch, steuerte mit Anrufen bei Chefredakteuren die Berichterstattung. Merkel DDR-isierte die Bundesrepublik.
‘Muttis‘ unzählige Komplizen
Dabei hatte sie unzählige Komplizen. Man könnte sie, frei nach Lenin, auch „nützliche Idioten“ nennen. Ich erinnere mich gut an meine Zeit als Jungsozialist. Hinter geschlossenen Türen wurde dort die DDR als das bessere Deutschland gepriesen, als Vorbild für den Umbau der Bundesrepublik. Der radikale SPD-Nachwuchs von damals hat inzwischen die Partei feindlich übernommen. Olaf Scholz hatte ebenso enge Verbindungen in die DDR wie Gerhard Schröder. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde vom Verfassungsschutz beobachtet und arbeitete für die Zeitung eines Verlags, der von der DDR finanziert wurde.
Ihren feuchten DDR-Traum aus den Hinterzimmern der Jusos haben sie inzwischen zur Realität gemacht. Sie haben die Bundesrepublik so weit umgestaltet, dass sie für Rückkehrer wie mich nicht mehr wiederzukennen ist. Und dass die Alteingesessenen, die keine DDR-Erfahrung und damit keine „Impfung“ gegen autoritäre Systeme haben, es zu einem großen Teil gar nicht merken. Denn wie einst in der DDR müssen diejenigen, die sich brav anpassen und mit dem Zeitgeist heulen, nichts befürchten. Zumindest nicht kurzfristig – denn vom unausweichlichen Zusammenbruch dieses Systems werden sie genauso heftig betroffen sein wie alle anderen. Noch mehr – weil er sie völlig unerwartet ereilen wird.
Die Quintessenz aus der Geschichte ist, dass Systeme, die auf Lüge, Verdrängung und Realitätsflucht basieren, nicht Bestand haben. Dass der Zusammenbruch unerwartet kommt und heftig. Die jüdisch-russische Schriftstellerin Sonja Margolina, die seit Jahrzehnten in Berlin lebt und eine der großen Denkerinnen unserer Zeit ist, sagt, dass wir heute in Deutschland einen Sozialismus im neuen Gewand haben, der aktuell noch von der Substanz der alten Bundesrepublik zehrt.
Verheerende Folgen
Genauer kann man es nicht ausdrücken – wobei es sich wohlgemerkt nicht um den alten Sozialismus handelt, sondern um ein System, das wesensverwandt ist. Nicht mehr und nicht weniger. Ein System, in dem eine kleine Elite sich im Besitz der Wahrheit wähnt und den „Pöbel“, also die große Mehrheit der Menschen, umerziehen und auf den „rechten Weg“ bringen will. In der sie deshalb in das freie Spiel der Kräfte in der Meinungsbildung und in der Wirtschaft eingreift. Mit verheerenden Folgen. Genau das sind eben Grundelemente aus dem Sozialismus. Man kann neudeutsch auch von einem „Great Reset“ sprechen. Schlüsselelemente sind dabei die „Klima-Politik“, mit der wir faktisch deindustrialisiert werden, das Aufbrechen traditioneller Werte wie Familie und Geschlechteridentität, eine Fragmentisierung der Gesellschaft, ein neuer Rassismus unter dem Deckmantel der Rassismus-Bekämpfung und eine staatlich geförderte Massenmigration statt einer klugen, gerechten Zuwanderungspolitik.
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass beim Aufbau einer neuen unfreien Gesellschaft in Deutschland ausgerechnet eine fehlgeleitete Vergangenheitsbewältigung eine sehr hilfreiche Rolle spielt. Statt allgemeine Lehren aus den unvorstellbaren Verbrechen des Dritten Reichs zu ziehen, wurde die Erinnerung zu einem Ritual verengt und unter dem Deckmantel eines „Kampfs gegen Rechts“ instrumentalisiert, ja missbraucht, um jede Art von nicht linker Regierungskritik zu diffamieren. Statt wachsam zu sein gegenüber den Anfängen, Kadavergehorsam und Obrigkeitsdenken kritisch zu hinterfragen, geschieht das Gegenteil. Schlimmer noch: Viele Deutschen scheinen die fatale Lehre aus der Geschichte gezogen zu haben, es sei alles gut mit der Demokratie, solange keine Konzentrationslager gebaut werden. Die Instrumentalisierung der Justiz gegen Andersdenkende, die Terrorisierung von Nicht-Angepassten sind unter der Wahrnehmungsschwelle der Mehrheit.
„Wir haben ein Korn in die Erde gelegt, der Samen wird noch aufgehen“, sagte Margot Honecker nach dem Ende der linken DDR-Diktatur trotzig.
So erschreckend es ist: Sie hatte recht.
Und alle, denen an Demokratie und Freiheit liegt, müssen aufhören, sich in die Tasche zu lügen.
Mein Video zu diesem Text: