Pflichtschuldig hat Angela Merkel den Mob verurteilt, der in Gelsenkirchen vor eine Synagoge zog und dort im Sprechchor „Scheiß Juden“ skandierte. Tunlichst vermied die Kanzlerin dabei aber jeden Hinweis auf den arabischen oder türkischen Migrationshintergrund der Täter. Dies ist umso erstaunlicher, als die Regierungschefin und ihre Entourage bei Gewalttaten, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden, keine Möglichkeit auslassen, diese Herkunft so breit wie möglich in den Vordergrund zu stellen. Schlimmer noch: Selbst wenn ganz offensichtlich psychisch kranke Täter wie in Hanau am Werk sind, werden die Tragödien schnell für den so genannten „Kampf gegen Rechts“ instrumentalisiert. Was in zweifacher Hinsicht bemerkenswert ist. Zum einen, weil „rechts“ eine legitime politische Meinung ist und selbst Bundesinnenminister Horst Seehofer kürzlich auf der Bundespressekonferenz offenbarte, dass er ein rechter Politiker sei. Hier wird, absichtlich, „rechts“ und „rechtsextrem“ vermischt, um somit auch Menschen mit bürgerlichen, liberalen und konservativen Ansichten zu diffamieren. Zum anderen steht der Regierungsversion vom politischen Hintergrund der Bluttat von Hanau schon der Fakt entgegen, dass der psychisch kranke Täter auch die eigene Mutter ermordete.
Auch Merkels Sprecher Steffen Seibert vermied bei seiner Verurteilung des antisemitischen Mobs jeden Hinweis auf dessen Herkunft. Auch Seibert ist bei politisch ins Muster passenden Tätern immer sehr schnell bei der Hand, deren Hintergrund klar zu benennen. Nicht aber in diesem Fall, bei Hass, der ganz offensichtlich aus einer bestimmten Ecke kommt. Diesmal wich Seibert aus. „Jüngst hatte das Bundesinnenministerium an diesem Ort gesagt, antisemitisch motivierte Straftaten seien, Zitat, ‘nahezu ausschließlich rechtsextrem motiviert‘ und würden, Zitat, ‘mitunter immer wieder bestritten, aber es ist eindeutig‘. Wird Ihrer Ansicht nach diese Aussage des Ministers mit Blick auf die Tatverdächtigen der jüngsten Übergriffe auf Synagogen sowie die Teilnehmer der Demonstrationen, auf denen judenfeindliche Parolen skandiert werden, bestätigt oder widerlegt?“, so die Frage an ihn auf der Bundespressekonferenz.
Der Sprecher des Innenministers Lawrenz wich aus: „Dazu muss man sagen, dass die Ermittlungsbehörden gerade ihrer Arbeit nachgehen, dass die Situationen noch nicht vollends aufgeklärt worden sind und es wahrscheinlich zu früh ist, jetzt über etwaige Tatverdächtige zu spekulieren.“ Eine bemerkenswerte Aussage, wenn man sich ansieht, dass die Demonstranten für jeden offensichtlich palästinensische, tunesische, türkische und algerische Fahnen bei sich hatten.
Seibert antwortete: „Ich glaube, es muss ganz klar sein, dass wir uns dem Antisemitismus als demokratischer Rechtsstaat entgegenstellen, unabhängig davon, ob er aus islamistischen Kreisen, aus rechtsextremistischen Kreisen oder aus linksextremen Kreisen kommt.“
Kein Wort dazu, dass antisemitische Straftaten wie etwa Beleidigungen in Aufschriften von der Polizei, wenn sie nicht aufgeklärt werden können – was sehr oft der Fall ist – automatisch als rechtsextrem eingestuft werden. Kritiker sagen, dies gehe an der Realität vorbei und verzerre die Statistik.
Dass Antisemitismus nach Deutschland auch durch Zuwanderung quasi mit „einwandert“, ist eines der großen Tabuthemen im politmedialen Komplex. Wehe dem, der das Tabu beim Namen nennt. Ihm droht der mediale Scheiterhaufen. Karl Lagerfeld hatte das erlebt. Und auch der junge CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor (CDU). „Antisemitismus, das darf man nicht vergessen, ist vor allem in muslimisch geprägten Kulturkreisen besonders stark vertreten“, sagte er 2020 in einem Interview mit n-tv. Und weiter: „Vor dem Hintergrund der Migration der vergangenen Jahre“ seien „an dieser Stelle natürlich viele Sorgen für die jüdische Bevölkerung da.“ Eine Tatsache, die kaum jemand bestreiten kann. „Wenn ich mich in meinem jüdischen Bekanntenkreis umhöre, dann sagen alle das Gleiche: Gewalt gegen Juden geht ausschließlich von Muslimen aus“, sagte etwa der Historiker Michael Wolffsohn vor knapp zwei Jahren der Neuen Zürcher Zeitung.
Amthor erntete dafür, dass er Fakten aussprach, die vielen politisch nicht ins Konzept passen, massiven Hass und Spott. Selbst Zeitungen, die einmal als konservativ galten, wie die Welt, übernehmen in ihrer Überschrift die heute in Politik und Medien vorherrschende linke Sichtweise: „Amthor irritiert mit Äußerung über Antisemitismus.“ Fast ebenso erschütternd wie die Reaktionen auf Amthors Aussage war sein schnelles Einknicken. Ausgerechnet auf Kritik der Linkspartei hin sagte Amthor, er sei falsch interpretiert worden: „Nun spricht Amthor von einem ,Missverständnis‘: Die größte Gefahr gehe von Rechtsextremisten aus.“
PS: In Hagen wurde heute die israelische Flagge wieder abgenommen. Weil es Beschwerden gegeben habe, so die Stadtverwaltung. Einige Bürger hätten die Fahne als einseitige Parteinahme für Israels betrachtet.
Bild: Boris Reitschuster (Archiv, 12.5.)
Text: br
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