Eine Gastbeitrag von Dr. med. Gunter Frank
Wenn Ärzte versuchen, aus Operettentiteln Kapital zu schlagen, ist dies normalerweise keine Meldung wert. Sogar dann nicht, wenn sie dabei verdeckt für Therapien ihrer Geldgeber werben. Interessenskonflikte, besonders die verschwiegenen, sind in der Medizin business as usual und Bücher, die sich mit diesem Problem befassen, füllen ganze Regale. Doch wenn Ärzte ihre öffentliche Bekanntheit nutzen, um Therapien zu promoten, die wahrscheinlich das Leben von Zehntausenden kosten und Hunderttausende schädigen, sieht die Sache anders aus. Besonders dann, wenn sie dies in einer Art und Weise tun, die Menschen ausgrenzt, Kritiker herabsetzt und Opfer ignoriert. Dann werden Interessenskonflikte zu einem Tatbestand, über den die Öffentlichkeit informiert werden sollte.
Prof. Dr. med. Eckart von Hirschhausen ist von der Covid-Impfung überzeugt. So überzeugt, dass er Nichtgeimpfte öffentlich als asoziale Trittbrettfahrer beschimpft. Das bleibt nicht ohne Wirkung, denn Hirschhausen gilt bei ARD und ZDF als Medizin-Obererklärer und erreicht mit seinen Sendungen ein Millionenpublikum. Das motivierte die Philipps-Universität Marburg im Januar 2022, ihn zum Honorarprofessor am Fachbereich Medizin zu ernennen – humoris causa? Doch inwieweit er dabei wirklich unabhängig agiert, darf nach einer Millionenspende der Gates-Stiftung durchaus hinterfragt werden. Doch Hirschhausen ist noch mehr, z. B. Wissenschaftlicher Beirat der Firma Apo Asset Management GmbH. Und die handelt mit Covid-Impfaktien. Doch worin besteht die wissenschaftliche Qualifikation eines Kollegen, der genau zwei Jahre als Arzt gearbeitet hat, um sich dann erfolgreich einer Karriere als Comedian zu widmen? Sind das die Voraussetzungen, die eine Impfaktienfirma benötigt, um beispielsweise risikoreiche Neuentwicklungen zu bewerten?
Aggressiv, übergriffig und unwissenschaftlich
Worin der Beratungsnutzen bestehen soll, darf man auch bezüglich eines weiteren Mitglieds des wissenschaftlichen Beirates von Apo Asset fragen. Prof. Frank Ulrich Montgomery arbeitete lange als radiologischer Oberarzt, aber noch länger an seiner Funktionärskarriere in verschiedenen Positionen. Zuletzt als Chairperson of Council bei der World Medical Association (Weltärztebund). In diesen Funktionen erlangte er größere Bekanntheit, weil er sich öffentlichkeitswirksam zu vielen gesundheitspolitischen Themen äußerte. Damit wird für mich auch plausibel, worin der eigentliche Nutzen dieser zwei bekannten Mediziner für Apo Asset besteht, und der dürfte wohl eher im PR-Bereich zu suchen sein. Übrigens sind im Rahmen wissenschaftlicher Behandlungsleitlinien Autoren im Vorfeld einer Diskussion verpflichtet, solche Interessenskonflikte offenzulegen und auch die gezahlten Honorare anzugeben.
Wie gesagt, das alles ist nicht sonderlich interessant, würden beide Herren nicht in einer aggressiven, übergriffigen und zutiefst unwissenschaftlichen Weise sehr öffentlichkeitswirksam für eine medizinische Behandlung werben, deren unfassbar hohe Schäden nur noch hartgesottene Wirklichkeitsverweigerer ignorieren können. Deshalb gilt es, Fragen zu stellen. Zum Beispiel an die World Medical Association (WMA). Die WMA schmückt sich mit einem extrem hohen ethischen Anspruch. Deshalb habe ich eine Anfrage an deren Präsidentin (die eigentliche Weltärztepräsidentin) gestellt, wie die WMA das Auftreten und den Interessenkonflikt ihres Vorstandmitgliedes Montgomery bewertet. 182 Kollegen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (sowie ein Kollege aus Australien) haben diese Anfrage mitgezeichnet. Gestern habe ich sie versendet. Unten finden Sie die deutsche Übersetzung. Ich werde über den Fortgang berichten.
Der Brief an den Weltärztebund
Dr. Heidi Stensmyren,
President
World Medical Association (Weltärztebund)
Fehlverhalten WMA-Chairperson of council Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery
Sehr geehrte Frau Präsidentin Dr. Stensmyren,
die WMA verschreibt sich einem hohen ethischen Anspruch: “Since it was founded in 1947, a central objective of the World Medical Association (WMA) has been to establish and promote the highest possible standards of ethical behaviour and care by physicians.”
Umso irritierter sind wir, die unterzeichnenden Kolleginnen und Kollegen, von dem öffentlichen Auftreten der Chairperson of Council des WMA, Herrn Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. In inzwischen unzähligen Medienbeiträgen in führenden Fernsehsendern und Zeitungen tritt Kollege Montgomery vehement für scharfe Corona-Schutzmaßnahmen, insbesondere für eine Impfpflicht mit den neuartigen und bisher lediglich bedingt zugelassenen Covid-Impfstoffen ein. Er tut dies in einer ausgrenzenden und beleidigenden Sprache und mit fragwürdigen fachlichen Inhalten. Er vergleicht beispielsweise Corona mit Ebola, spricht von einer „Tyrannei der Ungeimpften“ oder beleidigt Richter, was einer Missachtung des deutschen Rechtsstaates gleichkommt (siehe Anlage 1). Gegenüber Wissenschaftlern und Ärzten, die auf die zwingende Evidenz einer außergewöhnlichen Nebenwirkungsrate dieser nur bedingt zugelassenen Covid-Impfstoffe hinweisen, äußerte er sich mehrfach herablassend und ehrenrührig.
Dabei verschweigt Herr Montgomery womöglich einen schweren Interessenskonflikt. Die Firma Apo Asset Management GmbH wirbt auf ihrer Homepage mit ihrem „hochkarätigen wissenschaftlichen Beirat, unter anderem mit dem Weltärztepräsidenten Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery.“ Apo Asset handelt unter anderem mit AstraZeneca- und Valneva-Aktien. Beide Hersteller von Covid-Impfstoffen (siehe Anlage 2). Insbesondere Valneva gilt als Hochrisikoaktie, weil deren Impfstoff noch nicht auf dem Markt ist. In der deutschsprachigen Öffentlichkeit wird vergleichsweise zurückhaltend über das drängende Problem der Impfnebenwirkungen berichtet, obwohl beispielsweise allein die deutsche Kassenärztliche Vereinigung bei ca. 153 Millionen verabreichten Impfdosen 2,5 Millionen abgerechnete Impfnebenwirkungen zählt. Das bedeutet einen Anstieg der Nebenwirkungsrate im Vergleich zu den Vorjahren von 0,25 auf 1,4 Prozent.
Es gibt weitere beunruhigende Daten, die, sollten sie angemessen bekannt werden, die Bereitschaft zur Impfung senken und die bedingte Zulassung der auf dem Markt befindlichen Covid-Impfstoffe infrage stellen könnten. Dies könnte für Apo Asset einen hohen Vertrauensverlust gegenüber ihren Kunden bedeuten, werben sie doch mit einem hochkarätigen wissenschaftlichen Beirat, der diese Tätigkeit möglicherweise auch entsprechend vergütet bekommt. Das hochengagierte Auftreten pro Covidimpfung des WMA-Vorstandsmitglieds Prof. Montgomery bei gleichzeitiger Relativierung der Impfnebenwirkungen liegt deshalb im Interesse von Apo Asset. Wenngleich wir kein kollusives Zusammenwirken aus Eigeninteresse behaupten, würde ein solcher evidenter Interessenkonflikt in jeder modernen Impf-Leitlinien-Kommission zum Ausschluss von Herrn Montgomery führen. Auch gehört es zum guten Ton wissenschaftlicher Diskussionen, solche Interessenskonflikte freiwillig und proaktiv anzugeben, um den Zuhörer selbst entscheiden zu lassen, ob eine Meinung, insbesondere eine so nachhaltig vertretene, davon beeinflusst sein könnte.
Insgesamt sind wir der Meinung, dass Kollege Montgomery mit seinem Verhalten ethische Grenzen überschritten hat und insbesondere dabei durch die Verwendung des Titels Weltärztepräsident dem Ansehen der Ärzteschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz Schaden zufügt.
Wir möchten Sie deshalb fragen:
- Genügt die in diesem Brief angesprochene und in den Anlagen näher dokumentierte Art des Auftretens und der Wortwahl der Chairperson of Council Herrn Prof. Dr. Montgomery dem ethischen Anspruch des WMA?
- Genügt es dem ethischen Anspruch des WMA, dass ein Vorstandsmitglied als wissenschaftlicher Beirat einer mit Medizinaktien handelnden Firma fungiert, sich öffentlich für deren Produkte einsetzt und dazu in Pressemitteilungen den Titel Weltärztepräsident verwenden lässt?
- Genügt es dem ethischen Anspruch des WMA, in einer so wichtigen wie kontroversen medizinischen Auseinandersetzung wie der aktuellen Covid-Impfkampagne einen schweren Interessenskonflikt zu verschweigen?
- Waren der WMA die hier dokumentierten Verlautbarungen des Herrn Montgomery sowie der geschilderte Interessenkonflikt bekannt und wurde Herr Montgomery seitens der WMA damit konfrontiert?
- Beabsichtigt die WMA, Herrn Montgomery wegen seiner hier geschilderten Äußerungen zur Mäßigung anzuhalten und/oder die Verwendung seines Titels in den Werbebroschüren der genannten Pharmafirmen zu unterlassen?
Über eine baldige Antwort, wie die WMA mit dieser Situation umgehen möchte, würden wir uns sehr freuen.
Hochachtungsvoll
Anlage 1: Auswahl Medien-Zitate Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery
„Wir können nicht sagen, was langfristige Auswirkungen dieser Impfungen sind, wir können nur sagen, dass nach allem, was wir heute wissen, keine versteckten Gefahren in diesen Impfstoffen lauern. Aber auch unter Ärzten und unter Krankenschwestern gibt es ängstliche Menschen. Und dann gibt es auch Menschen, die aus grundsätzlichen Überlegungen all diese staatlichen Eingriffe ablehnen, die in so einer Art Fundamentaloppositionismus gerne all so etwas von sich weisen möchten. Das ist eine verantwortungslose Position in meinen Augen, und denen muss man ein kleines bisschen vielleicht mit einer Impfpflicht dann nachhelfen.“
Deutschlandfunk, 14.7.2021, Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/weltaerztebund-vorstand-montgomery-kritisiert-merkels-nein-100.html
„Denn momentan erleben wir ja wirklich eine Tyrannei der Ungeimpften…“
Talkshow Anne Will, ARD, 8.11.2021, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=I6lHPt64OOE
„Die Ungeimpften grenzen sich selbst aus (…). Wenn wir jetzt darüber reden, wie wir die zum Impfen kriegen, haben wir doch nur die Möglichkeit: Zuckerbrot oder Peitsche. Und wir haben es jetzt ein halbes Jahr mit Zuckerbrot probiert, und es hat nicht funktioniert. Und deswegen plädiere ich… mit 2G, 3G und so weiter denen klarzumachen, dass sie auch die Folgen ihrer Unvernunft tragen müssen.“
Talkshow Maybrit Illner, ZDF, 18.11.2021, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=U2TdCps7W1c
„Meine große Sorge ist, dass es zu einer Variante kommen könnte, die so infektiös ist wie Delta und so gefährlich wie Ebola“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Zeitungen der Funke Mediengruppe, 27.11.2021, Quelle: https://www.zeit.de/news/2021-11/27/montgomery-warnt-virusvariante-so-gefaehrlich-wie-ebola
„Ich stoße mich daran, dass kleine Richterlein sich hinstellen und wie gerade in Niedersachsen 2G im Einzelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten. Da maßt sich ein Gericht an, etwas, das sich wissenschaftliche und politische Gremien mühsam abgerungen haben, mit Verweis auf die Verhältnismäßigkeit zu verwerfen.“
DIE WELT, 26.12.2021, Quelle: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/montgomery-kritisiert-kleine-richterlein-fuer-corona-urteile,SsiNuUx
„Manchmal müssen Sie etwas zuspitzen, um eine Diskussion in Gang zu bringen. Damals hat sich noch kein Mensch getraut zu sagen, dass wir Ungeimpfte und Geimpfte unterschiedlich behandeln müssen. Heute ist das Standard. Ich bin sogar ein bisschen stolz, dass ich das angestoßen habe.“
Zur Impfpflicht: „Das ist das Ergebnis davon. Und es ist total richtig. Diejenigen, die sich partout nicht impfen lassen wollen, werden aus gewissen Teilen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen. Punkt.“
Blick, 1.1.2022, Quelle: https://www.blick.ch/politik/weltaerztechef-frank-montgomery-warnt-wir-laufen-gerade-in-groessere-probleme-hinein-id17112306.html
„Ungeimpfte sollen am Arbeitsplatz Einschränkungen haben, sie sollen bestimmte Dinge nicht mehr machen dürfen, sie müssen Freiheitseinschränkungen hinnehmen.“
NZZ, 7.1.2022, Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/frank-ulrich-montgomery-ich-bin-ueberhaupt-kein-streitsuechtiger-mensch-ld.1663599
„Die Erkrankung hat ohne Impfung eine Letalität zwischen ein und zwei Prozent (…). Das heißt, bei 100.000 Menschen würden 10.000 Menschen an der Erkrankung sterben.“
Servus TV, 4.5.2022, Quelle: https://www.servustv.com/aktuelles/a/klartext-corona-aufarbeitung-wer-steht-fuer-die-folgen-gerade/227681/
Anmerkung:
Die Infektionssterblichkeit (IFR) wurde frühzeitig von Prof. John Ioannidis erforscht und stets zwischen 0,1 bis 0,3 Prozent angegeben und auch von der WHO so übernommen. Wenn Herr Prof. Montgomery stattdessen von 1 bis 2 Prozent ohne Impfung spricht, dann wendet er sich als Vorstandsmitglied der WMA gegen die Einschätzung der WHO und übertreibt die ohne Zweifel vorhandene Gefährlichkeit einer Infektion mit SARS-CoV-2 in irreführender Weise.
Auf den Hinweis eines Kollegen in einer Talkshow, dass der von der Regierung gemessene Anteil der Corona-Patienten unter den Hospitalisierten im Jahresdurchschnitt bei lediglich 2 Prozent liegt, wischt Herr Montgomery ohne darauf einzugehen, diese Zahl mit der Bemerkung vom Tisch: „Bedeutungslos.“
Gegenüber einem mit offiziellen Zahlen argumentierenden Kollegen: „Das ist Quatsch“, „Unsinn“.
Zu der Anmerkung des Kollegen, dass die Zulassungsstudien der bedingt zugelassenen Covid-Impfstoffe erst 2023 abgeschlossen sein werden, was eine korrekte Information für die Zuschauer darstellt, entgegnet Montgomery mit der Falschbehauptung: „Die Zulassungsstudien sind längst abgeschlossen.“
Verharmlosung der Impfnebenwirkungen: „Es sind inzwischen 12 Milliarden Impfdosen weltweit vergeben worden, wo sind die vielen Nebenwirkungen, das möchte ich wirklich mal wissen.“
BILD TV, 11.5.2022, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=UObHX1Q5VQw
Anlage 2: Screenshots: http://www.apoasset.de
Hier die dazugehörigen Links:
https://www.apoasset.de/ueber-uns/organisation
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Achse des Guten. Wir danken ihr für die Genehmigung zum Nachdruck und die gute Zusammenarbeit.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen, und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Dr. med. Gunter Frank, geb. 1963 in Buchen im Odenwald, ist niedergelassener Allgemeinarzt in Heidelberg und Dozent an der Business School St. Gallen. Er ist Autor mehrerer erfolgreicher Bücher wie: Unternehmensressource Gesundheit, Lizenz zum Essen, Die Mañana-Kompetenz, Schlechte Medizin oder zuletzt Karotten lieben Butter. Er engagiert sich in Fachgesellschaften und publizistisch für eine Medizin, die abseits von Ideologien und Wissenschaftsmissbrauch das Wesentliche nicht aus den Augen verliert: den relevanten Nutzen für den Patienten. Franks aktuelles Buch „Der Staatsvirus – Ein Arzt erklärt, wie die Vernunft im Lockdown auf der Strecke blieb“ ist hier erhältlich.
Bild: Kasa Fue, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia CommonsText: Gast