Ein kleiner Coup mit großen Folgen Claudia Roth zieht ins Kanzleramt. Ist der Kulturkampf damit entschieden?

Von Sönke Paulsen

Welche Macht hat eigentlich ein Staatsminister? Das ist umstritten. Einerseits ist er ein Behördenleiter wie ein Staatssekretär, andererseits ist die Ernennung zum Staatsminister eindeutiger Hinweis auf eine herausgehobene Position seines Ressorts. Beim „Beauftragten“ für Kultur und Medien der Bundesregierung handelt es sich sogar um eine Art von Schattenministerium. Denn ein Kulturministerium gibt es auf Bundesebene nicht. Die Kulturhoheit haben die Länder.

Soweit die wertfreie Betrachtung.

Wenn es um Personalien geht, kommt man ohne Wertungen nicht aus. Der erste Kulturstaatsminister wurde von Gerhard Schröder 1999 ernannt und hieß Michael Naumann. Naumann ist als Chefredakteur der ZEIT, des Cicero, durch seine vorangegangene Karriere beim Rowohlt-Verlag (Chefredakteur) und einen Werdegang beim Spiegel, dem Merkur und zwischendrin als Staatsminister bekannt. Den Job hatte er nur zwei Jahre. Es gab ein Spannungsverhältnis zur damals schon sehr linken Kultur- und Medienlandschaft. Insbesondere wurde ihm eine kritische Stellungnahme zum Holocaust-Denkmal in Berlin übelgenommen, dem er „Albert-Speer-hafte Monumentalität“ vorwarf. Dennoch hatte er als Kulturstaatsminister so viel Macht, dass er den Entwurf des Mahnmals durch das bekannte „unterirdische“ Museum ergänzen lassen konnte, um wenigstens eine gewisse faktische Information mit dem Monument zu verbinden.

Ohne parteipolitische Bindungen kommt man wohl in diesem Amt nicht weit. Denn die beiden Nachfolger, ein Philosoph und eine Journalistin, blieben nicht lange. Der nächste Kulturstaatsminister war ein Unionspolitiker und langjähriger Bundestagsabgeordneter. Bernd Neumann galt als erfolgreicher Kulturstaatsminister, der sich acht Jahre im Amt hielt. Auch er hatte deutlichen Gegenwind von links und wurde 2009 wegen des Vorwurfes, eine Ausstellung über Migration des Deutschen Historischen Museums manipuliert zu haben, stark kritisiert. Die Streichung zweier Sätze auf einer Schautafel der Ausstellung soll auf seine Veranlassung geschehen sein. Dort hieß es ursprünglich:
„Während innerhalb Europas die Grenzen verschwinden, schottet sich die Gemeinschaft der EU zunehmend nach außen ab. Die Festung Europa soll Flüchtlingen verschlossen bleiben“. Stattdessen wurde die formelhafte Formulierung „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fördert seitdem staatlicherseits die Integration von Zuwanderern in Deutschland“ eingefügt.

Das trug Neumann eine Reihe von bösen Kommentaren in den Medien ein, die bis zum Propaganda-Vorwurf in der »ZEIT« reichte.

Es zeigt aber auch, wie hypersensibel der deutsche Kulturbereich auf alles reagiert, was vermeintlich von rechts kommt.

Die derzeitige, langjährige Kulturstaatsministerin Monika Grütters, als ehemalige Landesvorsitzende in Berlin ebenfalls recht stark in der Union verankert, mag das erkannt haben. Ihr wird von den Medien vor allem vorgeworfen, sich in eine Position der Unangreifbarkeit gehoben zu haben, indem sie das Amt durch ein regelrechtes Machtnetzwerk gestärkt habe.

Tatsächlich ist Grütters mit über dreihundert Beamten und einem Budget von zuletzt 2,8 Milliarden Euro das Schwergewicht unter den Kulturstaatsministern. In der Süddeutschen Zeitung wurde ihr „Macht und maximale Verflechtung“ vorgeworfen.

„Und was, wenn die jetzige Schönwetterperiode endet? Wenn die Etats sinken? Oder wenn Grütters‘ Job nach der nächsten Wahl an die AfD geht? Dann fände ihr Nachfolger beim Amtsantritt perfekte Strukturen vor, um den deutschen, vor allem den Berliner Kulturbetrieb ideologisch auf seine Linie zu bringen“. (SZ vom 26.10.2018)

Nun bekommt diesen Posten nicht die AfD, sondern Claudia Roth von den Grünen. Eine eher radikale Grüne, welche auch auf Demonstrationen mitmarschiert, auf denen „Deutschland verrecke“ gerufen wird und auf denen unsere Bundesflagge unerwünscht ist. Das „Schattenministerium der Kultur“ wird sich auf einen Kulturschock einstellen müssen. Die linke Medienwelt dürfte allerdings hochzufrieden sein. Ein Coup für die Linken!

Die TAZ titelt schon mal „Keine Macht für niemand“ und spielt damit auf die linke Band »Ton Steine Scherben« an, die Claudia Roth in den Achtzigern gemanagt hat. Echte Kritik an dieser Personalie findet man in den Medien, obwohl es sich bei Roth um eine grüne „Kulturextremistin“ handelt, nicht. Die »Augsburger Allgemeine« findet tatsächlich nur einen anonymen Leserkommentar, welcher die Benennung Roths kritisiert. Unter eigenem Namen traut sich wohl niemand aus der Deckung.

„Ich fürchte, dass das dann mit der Kultur hierzulande ein Ende hat. Schriften, Theaterstücke und Filme werden auf kulturelle Aneignung, versteckten/offenen Rassismus und Diskriminierung hin untersucht, landen im Feuer, und Gendern wird zum Prinzip.“

Der unbekannte Leser hat wahrscheinlich Recht. Nach Bernd Neumann (CDU) und Monika Grütters (CDU) haben die Grünen mit der ideologischen „Parteisoldatin“ Claudia Roth eine Disruption durchgesetzt, gegen die in Berlin schon jetzt nicht mehr offen rebelliert werden darf.

Claudia Roth, die offen und kopftuchtragend mit dem Mullah-Regime im Iran anbändelte und ein gestörtes Verhältnis zum Existenzrecht Israels zu haben scheint, wäre durchaus in der Lage, „deutsche Fatwas“ gegen unliebsame Künstler und Publizisten auszusprechen. Die ständen dann endgültig am Rande des Kulturbetriebes. Islamkritische Künstler dürften in Schwierigkeiten geraten.

Die große Frage ist, inwieweit Claudia Roth die ideologische Hegemonie der Linken in ihrem Amt noch verschärfen kann. Die kulturelle Diktatur von links dürfte noch rigider und noch absoluter werden als bisher.

Keine guten Aussichten für die kulturelle Vielfalt in unserem Land.

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Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt“. Hier finden Sie seine Fortsetzungsgeschichte „Angriff auf die Welt“ – der „wahre“ Bond.

Bild: Juergen Nowak/Shutterstock
Text: Gast

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