Flugverkehr innerhalb Deutschlands um über 50 Prozent eingebrochen Steuern und Gebühren: Airlines flüchten ins Ausland

Von Kai Rebmann

Abgeordnete des Deutschen Bundestags dürfen nach einem zunächst geheim gehaltenen Beschluss von Präsidium, Ältestenrat und der Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen seit September auch auf Flügen ab zwei Stunden wieder Business Class buchen. Das einfache Fußvolk hingegen soll am besten ganz aufs Fliegen verzichten oder, wenn doch geflogen wird, dafür umso tiefer in die Tasche greifen müssen. Jetzt trägt der vom politischen Establishment seit Jahren geführte Kampf gegen Airlines und deren Kunden immer größere Früchte – und die schmecken weder der Wirtschaft und noch viel weniger den Bürgern.

Seit dem Jahr 2019 ist die Zahl der innerdeutschen Flugverbindungen um mindestens 51 Prozent eingebrochen. Ohne die Lufthansa-Drehkreuze Frankfurt und München fiele dieser auch so schon dramatische Rückgang noch viel verheerender aus, dann wären sogar mehr als 80 Prozent der Verbindungen aus den Flugplänen gestrichen worden. Damit „krönt“ sich Deutschland – wieder einmal – zum unangefochtenen Europameister.

Zum Vergleich: In ganz Europa ist der nationale Verkehr innerhalb desselben Zeitraums nur um 6 Prozent zurückgegangen, in nicht wenigen Ländern ist er sogar gestiegen. So lagen die Zuwächse etwa in Griechenland, Italien, Polen, Portugal oder Spanien zwischen 5 und 21 Prozent.

Steuern, Gebühren und Ablasshandel jagen Standortkosten in die Höhe

Die Ursachen für diese sehr unterschiedlichen Entwicklungen liegen also auf der Hand. Nirgends in Europa sind die nationalen Steuern und Gebühren so hoch angesetzt wie in Deutschland. Zu diesen individuellen Standortkosten gehören unter anderem die Luftverkehrssteuer, Gebühren für Flugsicherheit und Sicherheitskontrollen am Flughafen sowie – und nicht zuletzt – die Kosten für den Kampf gegen den CO2-Ablasshandel, der nirgendwo so leidenschaftlich geführt wird wie in Deutschland.

Ehe die selbsternannten grünen Retter des Weltklimas jetzt aber in voreilige Jubelarien ausbrechen, kommt die schlechte Nachricht: Nein, es wird in Europa nicht weniger geflogen, bloß nicht mehr in Deutschland, oder jedenfalls deutlich weniger als zuvor. Wie die oben genannten Zahlen schon andeuten, wurden die allermeisten Flugzeugen eben nicht stillgelegt, sondern nur ins Ausland verlegt. Dort wird munter weiter geflogen, teilweise sogar mehr als je zuvor.

Und so erinnert das Ganze auch an die bundesdeutsche Energiepolitik. Atomkraftwerke wurden abgeschaltet, gebraucht wird der dadurch fehlende Strom aber natürlich trotzdem. Die „logische“ Konsequenz lautet, dass der Strom für erheblich teureres Geld aus dem Ausland importiert werden muss, der dort nicht selten ebenfalls aus Atomkraftwerken stammt. Humor ist dann wohl, wenn man trotzdem lacht!

Airlines fliegen großen Bogen um Deutschland

Schwarz-Rot gab zuletzt zwar vor, die Zeichen erkannt zu haben und will etwa durch die Rücknahme der noch zu Ampel-Zeiten vor gut einem Jahr in Kraft gesetzten Erhöhung der Luftverkehrssteuer ein vermeintliches Zeichen setzen. Viel mehr als Symbolpolitik sehen Insider in diesem Schritt aber nicht.

Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), spricht gegenüber der NZZ zwar von einem „wichtigen Signal“, verweist gleichzeitig aber auf die nach wie vor exorbitant hohen Standortkosten an deutschen Flughäfen. Diese lägen etwa in Frankfurt bei 35 Euro pro einfachem Flug und Passagier, in anderen Ländern wie Spanien oder Tschechien aber bei 5 bis 7 Euro und damit nur einem Bruchteil. Bei einem mit 150 Passagieren besetzten Airbus A320 summiert sich diese Differenz schnell auf mehrere tausend Euro je einfacher Strecke.

Auch Alexander Eisenkopf, Professor für Wirtschafts- und Verkehrspolitik an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, glaubt nicht an einen nachhaltigen Effekt durch die von der Bundesregierung zurückgenommene Erhöhung der Luftverkehrssteuer: „Ich glaube nicht, dass deswegen eingestellte Flugverbindungen wiederbelebt oder ausländische Airlines nun auf den deutschen Markt zurückkommen.“

Aus Sicht der Fluggesellschaften ist das wohl nur verständlich. Denn wer will sich schon auf unwägbare Risiken in einem Land einlassen, in dem ideologischer Aktivismus nur allzu oft vor wirtschaftliche Vernunft geht. Zumal in Deutschland seit Jahren nichts unversucht gelassen wurde und wird, alles zu verbieten, was nur im Ansatz klimaschädlich – oder auch nur nicht nützlich fürs Klima – sein könnte.

Zu den weiteren Folgen der eingedampften Flugpläne in Deutschland gehört, dass viele außerhalb großer Metropolregionen gelegene Gebiete inzwischen sehr viel schwieriger, sprich zeitaufwändiger zu erreichen sind. Als Beispiele mit einem besonders großen Aderlass an nationalen Flugverbindungen sind Friedrichshafen am Bodensee, Karlsruhe/Baden-Baden und Rostock zu nennen.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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