Frankreichs Kampf gegen die „Linken“ „Critical Race Theory“ und “Wokeism“ – Jetzt reicht es den Franzosen!

Von Sönke Paulsen

Das ist gut! Während die deutsche Bundesregierung immer noch den „Kampf gegen rechts“ im Auge hat, ist die französische Regierung unter Emanuel Macron schon weiter. Macron und seine Regierung haben den Kampf gegen die „Linken“ aufgenommen.

Die „Linken“, insbesondere die universitären Linken, sind nach Meinung seines Kulturministers Jean-Michel Blanquer und auch des Präsidenten selbst vom amerikanischen Virus des „Wokeism“ infiziert. Diese Infektion hat das Potential, die französische Gesellschaft tief zu spalten, ihre Traditionen und Werte zu untergraben, auch das Prinzip der „Egalité“, der Gleichheit aller Franzosen, und schließlich des Liberalismus schlechthin.

Was bewegt Macron zu so drastischen Alarmierungen der Öffentlichkeit?

Tatsächlich ist auch in Frankreich die Critical Race Theory“ en vogue, insbesondere unter vielen Intellektuellen. Sie ist von den amerikanischen Universitäten, an denen die „Leftists out of Control“ seien, wenn man der englischen „Daily Mail“ glaubt, nach Frankreich übergeschwappt und wird dort heftig weitergesponnen. Viele NGOs sind Anhänger dieser Theorie, die man schlecht ins Deutsche übersetzen kann, weil man sich dann sofort einen Rassismus-Vorwurf einhandeln würde. Oder wie klingt „Kritische Rassentheorie“? Jedenfalls haben es die Leute bei Wikipedia vorgezogen, den Begriff nicht zu übersetzen. Ganz vernünftig sogar, denn die „Critical Race Theory“ ist tatsächlich zutiefst rassistisch und wäre völlig inakzeptabel, wenn die diskriminierte Bevölkerungsgruppe nicht die „weißen Männer“ wären, die dort kategorisch und strukturell als Unterdrücker gehandelt werden. „White Supremacy“ ist das Stichwort.

Hier liegt auch das Problem für Macron und sein männlich dominiertes, weißes Kabinett.

Ab einem gewissen Grad von „Wokeness“ (fanatische Fokussierung auf allgegenwärtige Diskriminierung) wird das nicht nur in Frankreich, sondern auch bei uns zum Problem. Denn auch in Deutschland mit vergleichsweise wenigen farbigen Migranten reicht schon die Aussage, dass man eigentlich keine „Farbigen“ kennt und sie deshalb auch nicht diskriminieren könne, völlig aus. Das ist nämlich eine „Mikro-Aggression“ gegen Menschen dunkler Hautfarbe und weist auf den strukturellen Rassismus auch in Deutschland hin.

„Woke“ (dt. erwacht, erwache!) bedeutet bei den amerikanischen „Progressiven“ so viel wie „pass auf, denn die Weißen wollen dich unterdrücken“, „wähle keine weißen Unterdrücker“ – „vote woke“, wie es auf amerikanischen T-Shirts und Plakaten der „Anti-Rassismus-Demos“ zu lesen ist. „Black Lives Matter“ ist dabei die Organisation, die man als aktivistischen Arm dieser universitären Denkrichtung betrachten kann. Ziemlich erfolgreich, übrigens.

Erfolgreich heißt jedoch nicht immer intelligent. Es kann auch einfach manipulativ bedeuten.

Vielleicht ist das ein Grund dafür, warum sich Macron so sehr vor dieser Bewegung fürchtet, dass er sogar mit Marine Le Pen in einem Boot sitzen bleibt, die ebenfalls eine schwere Bedrohung durch die neuen Linken aus Amerika sieht.

Nicht besonders intelligent ist diese Bewegung aber dennoch. Denn es gibt in der einschlägigen Literatur seitenweise Kritik an deren Rassentheorie und auch der Begriff „kritisch“ führt in eine falsche Richtung.

Die „kritische Theorie“ kommt aus Deutschland, ist neomarxistisch und klärt über Macht und Abhängigkeitsverhältnisse im Spätkapitalismus auf. Bekannt sind hier die Frankfurter Schule und später Jürgen Habermas. Ein vortrefflicher Artikel über Habermas findet sich auch auf Reitschuster.de.

Die kritische Rassen-Theorie kommt aus Amerika und vereinfacht die „kritische Theorie“ dahingehend, dass es eine unterdrückende Rasse und ein unterdrückendes Geschlecht gibt, also die „weißen Männer“, die global alles andere unterdrücken und in Abhängigkeit halten.
Vielleicht liegt es daran, dass es in den USA keine Frankfurter Schule gibt, in der auch ein berühmter Psychoanalytiker kräftig publiziert hat. Vielleicht konnten die Theoretiker der „Critical Race Theory“ Erich Fromm einfach nicht für sich gewinnen. Das wird wohl nie beantwortet werden, was schade ist, weil die „Critical Race Theory“ über weite Strecken so wirkt wie ein verzweifelt theoretisierter „Vaterkomplex“ einschließlich einer massiv aggressiven Reaktionsbildung gegen „Kastrationsängste“.

Eine Theorie für unsere Jugend

Das ist allerdings ein typisches „Jugendproblem“, weshalb diese geistesschwache Theorie eine beachtliche Karriere unter jungen Leuten macht. Sie ist einfach, benennt ein eindeutiges Feindbild und ruft zum Hass gegen alte weiße Männer auf, gegen die Väter also. Für diejenigen, die sich noch an die Studentenrevolte der sechziger Jahre erinnern, kann man darauf verweisen, dass der Hass auf die Väter damals viele junge Leute auf die Straße gebracht hat, vielleicht sogar das zentrale Motiv der APO-Zeit und der Entwicklung des Linksterrorismus und der RAF gewesen ist.

Wie auch immer. Oft sind es ja gerade die dummen Theorien, die eine ungeahnte manipulative Wirkung entfalten. Wir haben es derzeit mit einer Jugend zu tun, die „Jugendwörter des Jahres“ wählt, die „zusammenzucken und sich schämen“ als „Cringe“ bezeichnen oder „verdächtig oder auffällig“ mit „Sus“. Eine Jugend, die sich wohl unsicher und paranoid fühlt und ganz offensichtlich unter Autoritätsängsten leidet. Warum sich gerade diese frei aufgewachsene Jugend so fürchtet, muss noch weiter beleuchtet werden. Vielleicht liegt es am fortschreitenden Realitätsverlust dieser „Smombis“, was ein weiteres Jugendwort ist und eigentlich „Smartphone-Zombies“ meint, junge Leute also, die von der realen Umwelt nichts mehr wahrnehmen, weil sie auf ihr Smartphone fixiert sind. Andererseits werden diejenigen, die dabei nicht mitmachen, als „sozialtod“ geschmäht.

Bevor wir auf Macron und die Franzosen zurückkommen, die genau dieses Problem auch mit ihrer Jugend haben, müssen wir noch etwas über die Sonderstellung der Frauen in der „critical race theory“ wissen. Diese ist etwas angenehmer als die der weißen Männer, weil Frauen eben auch als unterdrückt gelten, und zwar strukturell. Diese Theorie ist also auch für Feministinnen recht attraktiv.

Was nun Macron und seine Minister damit bezwecken, eine große Offensive gegen die durchgeknallten Linken zu starten, die erwacht (woke) sind und nun ständig darauf achten, wo sie und andere, meist farbige Minderheiten gerade diskriminiert werden, ist ziemlich klar. Es gibt schon seit längerem keine linke Mehrheit in Frankreich und die Konservativen sind das meistumworbene Wählerlager bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Frühjahr.

Der konservative Spitzenkandidat der Konkurrenzpartei „Les Republicains“, Michel Barnier, den wir als Chefunterhändler der EU im Brexit kennen, macht gerade einen milden Anti-EU-Wahlkampf, um die patriotisch gesinnten Franzosen für seine Partei zu gewinnen. Ich habe bereits darüber berichtet.

Man kann also sagen, dass sich in Frankreich etwas tut. „Kampf gegen links“ und eine patriotische Distanzierung von Brüssel. Bei uns würde das einem veritablen Rechtsruck entsprechen! Gut möglich, dass es nach der nächsten Präsidentschaftswahl in Frankreich Sanktionen aus Brüssel gibt. „Wegen Verletzung der gemeinsamen Werte und Missachtung der Vorrangigkeit von EU-Recht vor nationalem Recht“, wie jetzt gegen Polen. Das bleibt abzuwarten! 

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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt“. Hier finden Sie seine Fortsetzungsgeschichte „Angriff auf die Welt“ – der „wahre“ Bond.

Bild: Shutterstock
Text: Gast

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