Freies Wort Suhl – Wie in der DDR, so heute Schmutzkampagne gegen hunderte Ärzte in Thüringen

Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld

Anfang Juli gab es in Suhl eine launige Party zum 70-jährigen Bestehen des Freien Wortes, ehemals Bezirksorgan der SED. Die Zeitung hat, anders als das „Volk“, heute Thüringer Allgemeine, ihren Namen behalten. Aber wie viele andere DDR-Journalisten hatte sie sich verpflichtet, sich in Zukunft an die Regeln eines freien, demokratischen Journalismus zu halten. Regel Nummer eins ist, dass die freie Presse ein Teil der Checks and Balances einer funktionierenden Demokratie ist. Sie hat der Regierung kritisch auf die Finger zu schauen und nicht die Rolle eines inoffiziellen Regierungssprechers zu spielen. Das ist inzwischen gründlich vergessen worden.

Jüngst startete das „Freie Wort“ eine Schmutzkampagne gegen fast vierhundert Südthüringer Ärzte, Pflegekräfte und anderes medizinisches Personal, die es gewagt hatten, in einem Offenen Brief die Corona-Politik der Thüringer Regierung zu kritisieren, besonders die Einrichtungsbezogene Impfpflicht.

Der Offene Brief war am vergangenen Montag an Ministerpräsident Ramelow und Gesundheitsministerin Werner übergeben worden, am Mittwoch darauf bekam ihn die Südthüringer Presse. Statt den Brief wenigstens auszugsweise zu veröffentlichen und ihren Lesern die Gelegenheit zu geben, sich eine eigene Meinung zu bilden, erschienen in verschiedenen Ausgaben mehrere Artikel, die, teilweise mit Namensnennung, die Unterzeichner aufs Übelste denunzierten.

Redaktionsleiter Markus Ermert griff höchstselbst in die Tastatur. Sein Meinungsartikel steht symbolisch für alle anderen Veröffentlichungen.

Ermert beginnt mit der Behauptung, in Südthüringen könne kein Patient mehr sicher sein, an medizinisches Personal zu geraten, das die Pandemie so ernst nimmt „wie es zum Schutz der Patienten und der Allgemeinheit nötig ist.“ Ein ungeheuerlicher Vorwurf, der nur damit belegt wird, dass sich hunderte Ärzte und Pflegekräfte einem Offenen Brief angeschlossen hätten, in dem „so genannte Impfungen verspottet, fragwürdige Verschwörungstheorien aufgestellt und den Machern der ungeliebten Corona-Politik strafrechtliche Konsequenzen an den Hals gewünscht werden.“

Nach Ermerts Ansicht zählt nicht die Expertise von Ärzten, die mit der Behandlung von Corona praktische Erfahrungen haben, sondern nur die Ansicht von Politikern, die mit erratischen, sich zum Teil widersprechenden Maßnahmen, die ausweislich der Feststellung der Evaluierungskommission des Deutschen Bundestages kaum auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden, im Nebel stocherten.

Das weltweite Experiment, eine Pandemie mit politischen, nicht mit medizinischen Mitteln zu bekämpfen ist vor aller Augen gescheitert. Andere Länder haben längst die Konsequenzen daraus gezogen, nur in Deutschland, speziell in Südthüringen, soll es offenbar für Politik und Medien weiter gehen wie bisher. Deshalb sollen Kritiker, die im Gegensatz zu Ministerpräsident Ramelow und Gesundheitsministerin Werner vom Fach sind, mit verbalen Keulen mundtot gemacht werden.

Sie seien Verschwörungstheoretiker.

Ist der Fakt, dass es nach über zwei Jahren keinen ordentlich zugelassenen Impfstoff gibt, eine Verschwörungstheorie? Nein, eine Tatsache.

Ist der Fakt, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Bundestag eingeräumt hat, dass die Impfungen nicht so wirkungsvoll sind, wie erhofft, eine Verschwörungstheorie? Nein, eine Tatsache.

Ist der Fakt, dass die von der Politik der Öffentlichkeit oktroyierte FFP2-Maske eine Arbeitsschutzmaske ist, die nicht länger als 45 Minuten am Stück getragen werden darf und deren Träger laut Arbeitsschutzbestimmungen ärztlich überwacht werden müssen, eine Verschwörungstheorie? Nein, eine Tatsache.

Ist der Fakt, dass in den „Hotspots“ Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern das Infektionsgeschehen sich nicht wesentlich von den Bundesländern unterschied, die ihre Corona-Maßnahmen gelockert hatten, eine Verschwörungstheorie? Nein, eine Tatsache.

Ist der Fakt, dass es zahlreiche Nebenwirkungen der Impfungen gibt, über die kaum berichtet wird, eine Verschwörungstheorie? Nein, eine Tatsache, mit der die behandelnden Ärzte täglich konfrontiert sind.

Ist der Fakt, dass viele mehrfach Geimpfte an Corona erkranken und auch andere Menschen anstecken können, eine Verschwörungstheorie? Nein, eine Tatsache, die inzwischen auch in offiziellen Verlautbarungen eingeräumt wird.

Ist der Fakt, dass internationale Studien, prominent israelische, herausgefunden haben, dass die vierte Boosterimpfung besonders für Menschen unter 60 Jahren, nutzlos ist, eine Verschwörungstheorie? Nein, eine Tatsache, die man nachlesen kann.

Besonders scheint Ermert zu empören, dass die Unterzeichner die Thüringer Regierung aufgefordert haben, auf die Medien einzuwirken, objektiv zu berichten. Das wirft ein grelles Schlaglicht auf sein demokratisches Medienverständnis.

Zum Schluss noch ein Wort zur Rolle von Gesundheitsministerin Werner. Sie hatte sich mit einigen Unterzeichnern des Offenen Briefes getroffen und u.a. versprochen, ihnen die Studien zu schicken, auf die sich die Landesregierung stützt. Trotz Nachfrage haben diese Studien die Unterzeichner bis jetzt nicht erreicht. Vor diesem Hintergrund ist die Einlassung Werners im „Freien Wort“, es zeige sich nun, dass die Unterzeichner nicht bereit wären, „sich von wissenschaftlichen Fakten überzeugen zu lassen“, entlarvend. Von Fakten, die man nicht zur Kenntnis bekommt, kann man sich schwerlich überzeugen lassen. Ich überlasse es meinen Lesern, sich eine Meinung darüber zu bilden.

Den „Offenen Brief“ kann man hier nachlesen.

Hier das neue Video von Boris Reitschuster:

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Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle. Der Beitrag erschien zuerst auf Vera Lengsfelds Blog.

Bild: Shutterstock
Text: Gast

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