Friedensnobelpreis 2025: Regelbruch mit Ansage Moral steht über dem Willen von Alfred Nobel

Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger

Von Karl Valentin stammt der Ausspruch: „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.“ Getreu diesem bahnbrechenden Prinzip werde ich den vielen Meinungen zur Verleihung des Friedensnobelpreises noch eine weitere hinzufügen.

Bekanntlich hat Donald Trump den Preis trotz seines kaum anzweifelbaren Erfolges im Nahen Osten nicht erhalten, stattdessen ging er an die venezolanische Oppositionspolitikerin María Corina Machado. Sie erhielt ihn „für ihren unermüdlichen Einsatz für die demokratischen Rechte des venezolanischen Volkes und für ihren Kampf für einen gerechten und friedlichen Übergang von Diktatur zur Demokratie“. Im Weißen Haus war man einigermaßen verärgert, dürfte aber durch Machados Geste, den Preis, wie sie auf X schrieb, „dem leidenden Volk Venezuelas und Präsident Trump für seine entschlossene Unterstützung unserer Angelegenheit“ zu widmen, wieder etwas besänftigt worden sein.

Nun ist Machados Kampf gegen den venezolanischen Diktator und Wahlfälscher Maduro, der sich in der SED, die sich heute als Die Linke bezeichnet, einer gewissen Beliebtheit erfreut, ohne Frage alle Ehren wert. Ob diese Ehrung aber zu den Regeln des Nobelpreises passt, ist eine andere Frage, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde.

Zunächst aber sollte ich Jorgen Watne Frydnes, den Vorsitzenden des Norwegischen Nobel-Komitees zu Wort kommen lassen, der am 10. Oktober erklärte: „We base our decision only on the work and the will of Alfred Nobel“: Wir stützen unsere Entscheidung ausschließlich auf das Werk und den Willen von Alfred Nobel. Genauer gesagt, ist mit dem „Willen“ der letzte Wille Nobels gemeint, sein Testament, denn in §1 der Statuten der „Nobel Foundation“ findet sich der Satz: „The Nobel Foundation is established under the terms of the will of the engineer Dr. Alfred Bernhard Nobel, drawn up on 27 November 1895“, und dieser „will“ ist eben Nobels Testament vom 27. November 1895, nach dem sich also die Verleihung der Nobelpreise zu richten hat.

Im gleichen Paragraphen wird der Text des Testaments zitiert. Es heißt dort, man solle die Zinsen des Erbes in fünf gleiche Teile aufteilen, die dann an verschiedene Preisträger zu vergeben sind. Einer der fünf Teile soll an die Person gehen, die „die meiste oder die beste Arbeit für die Brüderlichkeit zwischen den Nationen, für die Abschaffung oder Reduzierung stehender Heere und für die Abhaltung und Förderung von Friedenskongressen geleistet hat“. So lautet die Regelung, und Frydnes ließ vernehmen, dass die Entscheidung über die Vergabe „auf den Willen von Alfred Nobel“, also auf dieses Testament gestützt sei.

Das ist sie aber nicht. Ich bestreite nicht im Geringsten die Wichtigkeit von Machados Kampf und Arbeit – aber unter die Nobelschen Regeln des Friedensnobelpreises fällt sie nicht. Mit der Brüderlichkeit der Nationen hat sie nichts zu tun, es geht hier nur um Venezuela und nicht um die Beziehungen zwischen verschiedenen Nationen. Ebenso geht es Machado nicht um die Abschaffung oder Reduzierung stehender Heere, sondern um die Freiheit Venezuelas von einer sozialistischen Diktatur. Und für Friedenskongresse hat sie sich nicht eingesetzt, weil das nicht ihr Thema ist. Sie kämpft für Freiheit und für Menschenrechte, dieser Kampf ist ohne Frage gerechtfertigt und förderungswürdig – aber es ist keine Aktivität im Sinne von Nobels Testament. Das ist kein Vorwurf an die Preisträgerin. Doch das Nobel-Komitee soll nicht so tun, als handle es nach dem Testament Nobels. Es trifft seine Entscheidungen nach sehr freihändigen Interpretationen eines doch recht klaren Textes, der eben nicht die Grundlage der Entscheidungen ist, sondern schon seit Langem als eher unverbindliche Richtlinie betrachtet wird.

Hätte ich also dafür plädiert, Trump auszuzeichnen? Nein. Denn die Regeln lassen das nicht zu, womit ich nicht die Regeln der politischen Korrektheit meine, sondern die bereits erwähnten Statuten und Nobels Testament. In Nobels letztem Willen heißt es nämlich, das zur Verfügung stehende Geld solle jährlich in Form von Preisen an diejenigen verteilt werden, die im vorangegangenen Jahr den größten Nutzen für die Menschheit erbracht haben. Im vorangegangenen Jahr. Nicht im laufenden Jahr. Und 2024 war Trump noch kein Präsident, auch wenn er Ende des Jahres bereits gewählt wurde. Er kann also im vergangenen Jahr keinen übermäßigen Nutzen für die Menschheit erbracht haben, er war noch nicht an der Macht. Sein – wie ich hoffe beständiger – Erfolg in Gaza fällt nicht in den Zeitraum, der zur Beurteilung preiswürdiger Aktivitäten herangezogen werden soll. Das wird noch verschärft durch § 7 der Statuten, wo geregelt wird: „Each year the prize adjudication shall embrace such nominations as have been submitted during the preceding twelve months up to February 1.“ Bis zum 1. Februar muss die Nominierung erfolgt sein, und am 1. Februar 2025 war die derzeitige Situation im Nahen Osten nicht vorhersehbar.

Ich will gleich auf zwei mögliche Gegenargumente eingehen. Ist denn mein Beharren auf Regeln nicht ein wenig kleinlich? Das kann man so sehen. Wir haben es aber gerade hierzulande beispielsweise während der sonderbaren PCR-Pandemie viel zu oft und viel zu intensiv erlebt, wie vermeintlich klare Regeln gebrochen wurden, wie Grundrechte einfach außer Kraft gesetzt wurden, weil es gerade politisch opportun erschien. Von einer Institution wie dem Nobel-Komitee darf ich dann erst recht erwarten, dass es sich an die eigenen Regeln hält und nicht freihändig neue erfindet. Der zweite Punkt: Ist denn das Brechen der Regeln des Komitees durch das Komitee etwas Neues? Nein, das ist es nicht. Es wurden schon früher Friedensnobelpreise vergeben, die nicht Nobels Intentionen entsprachen, und es wurden auch schon Auszeichnungen erteilt, die mit den Terminregeln der Statuten nicht im Entferntesten zu vereinbaren waren. Schlimmstes Beispiel war der Friedensnobelpreis von 2009 für Barack Obama. Nicht nur, dass er ihn weder damals noch später je verdient hätte, es war einfach terminlich nicht möglich. Am 20. Januar 2009 begann seine Amtszeit, bis zum Ende der Nominierungsfrist hatte er gerade noch die verbleibenden 11 Tage des Januar Zeit, um Bedeutendes zu leisten, und davon konnte keine Rede sein. Mir ist nur nicht klar, warum frühere eklatante Regelbrüche ein Argument dafür sein sollen, das Spiel munter weiter zu treiben. Wäre das ein Argument, könnte die deutsche Regierung das Land bedenkenlos wieder in den Lockdown schicken.

Meine These lautet daher: Weder entspricht die Vergabe des Friedensnobelpreises 2025 den Regeln noch hätte die Vergabe an Donald Trump den Regeln entsprochen. Damit sage ich nicht, dass Machado keine Unterstützung und keine Anerkennung verdient hat, ganz im Gegenteil. Und damit sage ich auch nicht, dass Trump im nächsten Jahr kein guter Anwärter für den Friedensnobelpreis wäre.

Für den Moment plädiere ich nur dafür, dass sich das Preiskomitee an seine eigenen Regeln hält.

Vielleicht wäre es dann ein gutes Vorbild für deutsche Richter und deutsche Politiker.

Sie hätten es nötig.

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Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

Bild: Ryan Rodrick Beiler / Shutterstock.com

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