GAU am Bau: Wohnungsbau im Ausnahmezustand „Eiszeit am Immobilienmarkt“ ante portas

Von Daniel Weinmann

Es ist ein Cocktail, der kaum toxischer sein könnte: Hohe Zinsen, rekordhohe Kauf- und Mietpreise, unzählige Gesetze, Verordnungen und Normen garniert mit Kaufkraft- und Einkommensverlusten der Hausbewohner sowie einer ebenso hilflosen wie inkompetenten Politik.

Hinzu kommt der ungebremste Anstieg der Material- und Energiekosten, der den Wohnungsbau für viele Bauträger unrentabel macht. Immer mehr Vorhaben werden auf Eis gelegt oder gleich ganz storniert. Nach Daten des Analysehauses Bulwiengesa haben sich die gestarteten Bauvorhaben zwischen Januar und Juni dieses Jahres im Vergleich zu den jeweils ersten sechs Monaten der Jahre 2021 und 2022 halbiert.

Die Rentabilitätsschwelle hat zwischenzeitlich eine vor wenigen Jahren kaum vorstellbare Höhe erreicht. Um die Kosten zu amortisieren, müsste die Miete für eine neue Wohnung auf 17,50 Euro je Quadratmeter steigen, rechnet die Kieler Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen vor. Für die große Mehrheit der Wohnungssuchenden ist eine solche Miete nicht leistbar.

Mein Lesetipp

Im Mai lagen die Baupreise für konventionellen Wohnungsneubau laut Ludwig Dorffmeister, Bau- und Immobilienfachmann beim Münchner ifo Institut, um 36 Prozent höher als im Frühsommer 2020. Da die dafür eigentlich notwendige Miete die späteren Bewohner finanziell überfordern würde, stellten Wohnungsunternehmen vielfach Vorhaben zurück, so der Experte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Statt einer Trendwende rechnet er mit „weiteren herben Markteinbußen“.

Kipppunkt am Wohnungsmarkt zeichnet sich ab

Die Ampelkoalition versprach kurz nach der Bundestagswahl Ende 2021, in jedem Regierungsjahr für 400.000 neue Wohnungen sorgen zu wollen. Worte ohne Wert, denn tatsächlich wurden hierzulande im vergangenen Jahr nach Zahlen des Statistischen Bundesamts lediglich 295.300 Wohnungen neu gebaut. Für 2024 erwartet der Bundesverband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen sogar nur noch 214.000 neue Wohnungen.

Die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen forderte angesichts der Misere im Frühjahr ein Gegensteuern. Ohne einen Masterplan würde der Wohnungsbau den ‚Kipppunkt‘ bei nächster Gelegenheit überschreiten, mahnten die Experten. „Die angemessene Deckung des Wohnraumbedarfs in Deutschland, insbesondere im Segment des bezahlbaren Wohnungsbaus, wird dann langfristig nicht mehr möglich sein.“

Christof Schürmann, Senior-Analyst am Flossbach von Storch Research Institute, sieht schon jetzt eine „Eiszeit am Immobilienmarkt“ kommen. Seit der Wiedervereinigung habe es keine so komplexe Lage am Immobilienmarkt gegeben wie derzeit. „Als ausgeschlossen darf gelten, dass die wegen der zahlreichen Flüchtlinge eigentlich 500.000 bis 600.000 jährlich benötigten Neubau-Wohnungen absehbar auch gebaut werden“, lautet sein ernüchterndes Fazit.

„Für die Mieter wird es immer enger“

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, sieht die Bundesregierung in der Pflicht: „Ohne auskömmliche Förderbudgets und bessere Baubedingungen wie eine höhere Zinsstütze, einen geringeren Mehrwertsteuersatz oder eine niedrige Grunderwerbssteuer werden wir einen gravierenden Einbruch im Wohnungsbausektor sehen. Mit unabsehbaren Folgen für die Beschäftigten in der Branche, die uns morgen fehlen würden für die anstehenden Bauaufgaben.“

Nach oben getrieben werden die Mieten zusätzlich vom starken Rückgang beim Bau von Eigentumswohnungen. „Für die Mieter wird es immer enger“, mahnt Hans Maier, Direktor des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen gegenüber der dpa. Haushalte, die sich bis vor zwei Jahren noch eine Wohnung gekauft hätten, suchten inzwischen ebenfalls nach Mietwohnungen.

Die Aufgabe der Regierung gleicht der Quadratur des Kreises: Die Schaffung leistbarer Wohnungen trotz rekordhoher Baukosten. Kaum anzunehmen, dass Scholz, Habeck & Co. eine tragbare Lösung finden. Im Gegenteil: Die Ampel verschärft die Misere mit strengeren Neubaustandards und gekürzten Fördermitteln. Es geht schließlich um klimagerechtes Bauen.

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

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