Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Kaum ein Gesetzesvorhaben hat in der Bundesrepublik Deutschland so viel Widerstand erfahren, wie das Gebäudeenergiegesetz von Wirtschaftsminister Habeck. Nun wurde verkündet, es gäbe in der Ampelkoalition eine Einigung, der Entwurf solle noch in dieser Woche in den Bundestag eingebracht und noch vor der Sommerpause als Gesetz beschlossen werden. Das wird in den staatsaffinen Medien als Durchbruch gefeiert.
Was keinem dabei auffällt ist, dass der Bundestag als der eigentliche Gesetzgeber längst entmachtet ist. Die Parteivertreter der Koalitionäre haben verhandelt und das Parlament soll und wird, wie einst die Volkskammer der DDR, die Vorlage nun abstimmen. Von einem parlamentarischen Verfahren, in dem das Machwerk kritisch unter die Lupe genommen wird, kann nicht die Rede sein. Bis zur Sommerpause ist gar nicht mehr die Zeit, sich das Gesetz in den Ausschüssen näher anzuschauen, geschweige denn auf Herz und Nieren zu prüfen.
Fassen wir noch einmal zusammen, was da beschlossen werden wird: Ab 2024 sollen, zunächst in Neubauten, später im Altbestand nur Heizungen eingebaut werden, die mit 65 % Erneuerbaren Energien betrieben werden. Die gibt es schlicht nicht, selbst wenn die Wärmepumpe, die vor allem gemeint ist, mit Strom betrieben werden könnte, der zu 45 % aus Erneuerbaren Energien stammt, was aber nur theoretisch möglich ist, weil der Strom aus Windkraft und Solar nicht zuverlässig zur Verfügung steht und entweder für Geld in die Netze der Nachbarländer gedrückt werden muss, weil der Überschuss an sonnen- und windreichen Tagen unser Netz gefährdet, oder durch aus Gas oder Kohle erzeugten Strom ersetzt werden muss, wenn im Winter Dunkelflaute herrscht.
Übrigens versuchen die Grünen seit Jahren vergeblich, eine Wärmepumpe für ihre Parteizentrale zu installieren, was schon um die drei Millionen Euro gekostet haben soll.
Was an Kosten für die Bürger entsteht, die gezwungen werden, ihre Heizungen auszutauschen, ist unklar. Es wird aber erheblich mehr als die berühmte Kugel Eis sein, die wir für unsere „Energiewende“ angeblich nur berappen sollten.
Auf die Opposition war wieder einmal nicht zu hoffen. Im Gegenteil. Ex-Gesundheitsminister Spahn, der maßgeblich Corona-Maßnahmen verantwortet hat, von denen er wusste, dass sie ihm eines Tages verziehen werden müssten, versagt wieder.
Das betrifft vor allem die Chuzpe, die erzwungenen Änderungen am Gesetzentwurf der Union zuzuschreiben: „Opposition wirkt, unsere Kritik wirkt: Robert Habecks Wärmepumpen-Zwang hat keine Mehrheit im Deutschen Bundestag […] Das ist erst mal eine gute Nachricht angesichts des Protests, den es im Land gibt“. Dann beeilt er sich zu versichern: „Mit dem, was heute behauptet wurde, was kommen soll“ wäre die von der Union geforderte Technologieoffenheit „scheinbar gewährleistet“. Ob dem Ex-Minister klar ist, was er da gesagt hat, oder ist es die grassierende Scheinbar-anscheinend-Schwäche, die ihm einen Streich gespielt hat? Scheinbare Technologieoffenheit ist keine, sondern ein Versuch, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Dafür lobt Spahn die Förderungsmaßnahmen: „Diese Ziele kann man unterstützen.“
Dann kommt noch etwas Theaterdonner für die Öffentlichkeit:
Der bisherige Gesetzentwurf gehöre „in die Tonne“. Die Ampelkoalition müsse ein komplett neues Gesetz erarbeiten. Schon in Erster Lesung müsse klar formuliert sein, inwieweit das Gesetz wirklich Technologieoffenheit gewährleiste und welche Förderungen es geben werde. Wie soll das gehen, wenn der Gesetzentwurf diese Woche in den Bundestag eingebracht wird, was Spahn nicht problematisiert?
Auch die FDP führt die Öffentlichkeit hinter die Fichte. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sprach von einem angeblichen „großen Schritt nach vorne beim Heizungsgesetz“. Er behauptet, man habe in der Koalition fundamentale Änderungen vereinbaren können. Nun könne es im Bundestag in die Beratungen gehen. Wann sollen die stattfinden, wenn es nur noch zwei Sitzungswochen gibt und das Gesetz vor der Sommerpause verabschiedet werden soll? Es werde keine Eingriffe in Eigentumsrechte geben, behauptet Dürr. Die finden dann erst in vier Jahren statt, wenn das Gesetz auch für Bestandsbauten gilt. Dürr nannte Technologieoffenheit als einen für die FDP wichtigen Punkt. „Die Heizung muss zum Gebäude passen und nicht umgekehrt.“ Ach ja, meint er die Gasheizungen, die eingebaut werden dürfen, wenn sie auf grünen Wasserstoff umrüstbar sind, den es nicht gibt und absehbar zu erschwinglichen Preisen nicht geben wird?
Die Koalition hofft, mit Scheinzugeständnissen die Öffentlichkeit zu beruhigen und macht unbeirrt weiter wie bisher.
Die „konstruktive Opposition“ von Oppositionsführer Friedrich Merz hilft ihr dabei. Das Gesetz, das im Schnelldurchlauf im Bundestag beschlossen werden soll, ist nach wie vor eine Mogelpackung, hinter der sich ein Enteignungsprogramm verbirgt. Der Widerstand muss weitergehen.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle. Der Beitrag erschien zuerst auf Vera Lengsfelds Blog.
Bild: Shutterstock