Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Stephan Luckhaus, Universität Leipzig, Mathematisches Institut
Angesichts der gegenwärtigen Diskussion kann man zwei Punkte nicht oft genug wiederholen, und das möchte ich hier nochmal tun: Die Corona-Infektion führt mitnichten zwangsläufig zur Covid-Krankheit. Von der Krankheit sind nur extrem wenige Infizierte unter 65 betroffen. Die Infektion führt aber in der Mehrzahl der Fälle zur natürlichen Immunisierung, das heißt, zu einem Schutz vor der erneuten Infektion für eine Vielzahl von Coronavirus-Varianten.
Mein Gastbeitrag vom 30.01.2021 auf dieser Webseite ist, wie viele Leser wissen, von RT aufgenommen worden. Dabei bin ich allerdings in zwei Punkten fehlinterpretiert worden.
– Die Corona-Politik der Regierungen heute habe ich nicht „schmunzelnd“ mit dem Kriegseintritt 1914 verglichen. Die Parallelen haben Grenzen. Aber die Kriegserklärung wurde damals und die Anti-Corona-Maßnahmen werden der Bevölkerung heute als alternativlos verkauft, was sie definitiv nicht sind. Und die bürgerlichen Freiheiten bleiben auf der Strecke. Die Freizügigkeit, die vor 1914 – in der „Welt von gestern“ – in Europa herrschte, haben wir nicht wieder erlangt.
Das andere, was ich korrigieren muss – das Sterblichkeitsrisiko für unter 70-Jährige, die sich mit Corona infizieren, ist im Promille-Bereich. Dies passt nicht in das Konzept der Lockdown-Befürworter. Die Autoren der Genfer SEROCoV_POP-Studie haben dieses Risiko auf 1,4 Promille für die Altersgruppe 50–64 beziffert – veröffentlicht im Lancet for Infectious Diseases am 24.7.2020. Und das heißt konkret: die Wahrscheinlichkeit für einen Infizierten, in den 4 Wochen, die auf die Infektion folgen, zu sterben, ist maximal 3- bis 4-mal höher, als die Wahrscheinlichkeit eines Nichtinfizierten, im selben Zeitraum zu sterben. Hinzu kommt, dass die Schätzung der Studie zu hoch ist, was mit der Systematik der Antikörpertests zusammenhängt. Dazu mehr unten. Die Zahl, die ich hier diskutiere, bezieht sich auf den Covid-19-Ausbruch im April 2020 in Genf. Sie ist übertragbar auf London, wo Mitte Mai 2020 17 Prozent der Bevölkerung Antikörper-positiv war, und mit Sicherheit auch auf Deutschland. Das Sterblichkeitsrisiko in Norditalien, wo der Covid-19-Ausbruch einen Monat früher begann, war höher. Ich habe im Preprint 105, 2020 des MPI MIS nachweisen können, dass der Grund dafür in den anderen Umständen der Ansteckung lag, also nicht in der Genetik der Bevölkerung oder des Virus.
Zurück zu den Antikörpertests: Ursprünglich hatte Minister Spahn 3 Millionen solcher Tests bei Roche für Mai 2020 bestellt, sowie je 5 Millionen für die Folgemonate. Am 5. Mai fand dann ein plötzlicher Sinneswandel statt, ob bei Herrn Spahn selbst oder bei seiner Chefin, bleibt dahingestellt. Zuerst musste der Ethikrat befragt werden. Dieser gab seine Stellungnahme dann am 22. September 2020 ab. An dieser Stellungnahme sind zwei Dinge zu bemängeln. Erstens wurde die Frage, mit der sich der Ethikrat beschäftigen sollte, falsch gestellt. Eine flächendeckende Anwendung von Antikörpertests nach epidemischen Wellen wie der von April 2020, aber auch der jetzigen, schafft Sicherheit und muss keineswegs mit einer Immunitätsbescheinigung verknüpft werden. Zweitens ist, was unter Punkt 2.2. in der Stellungnahme des Ethikrates zu Antikörpertests, deren Sensitivität und Spezifizität steht, vollkommen irreführend. Die führenden Hersteller, wie Euroimmun, Roche, Abbott, können eine Spezifizität von 99 Prozent garantieren. Diese Tests, wenn sie von kompetenten Labors nach den Vorgaben der Hersteller durchgeführt werden, geben also fast keine falsch positiven Antworten. Wer positiv getestet wird, hat auch SARS-CoV2-spezifische Antikörper. Das eigentliche Ergebnis ist für diese Tests natürlich nicht JA oder NEIN, sondern ein Messwert (OD = optische Dichte) und die 99 Prozent sind an einen empfohlenen Schwellwert gekoppelt.
Antikörper-Titer
Theoretisch gibt es natürlich auch ein „Konfidenzintervall“ für den Antikörper-Titer zu diesem Schwellwert. Das ist meines Wissens nicht etabliert, ist aber auch nicht aussagekräftig. Zum Tragen kommt dies eigentlich nur in den Experimenten mit Makaken zum Nachweis der Wirksamkeit von Impfstoffen. Hier wird der Antikörper-Titer von geimpften Affen mit dem der Seren von rekonvaleszenten menschlichen Patienten verglichen. Eigentlich ist man bei den Antikörpertests an etwas anderem interessiert, an der „empirischen“ Sensitivität. Das heißt: Wie viel Prozent derjenigen findet man, die die Infektion durchgemacht haben, eine Frage, die mit dem Test selbst wenig zu tun hat. Denn diese Zahl hängt stark davon ab, wie lange der Zeitpunkt der Infektion zurückliegt. Was man z.B. auf Grund der RKI-Untersuchung in Bad Feilnbach sagen kann: Die (empirische) Sensitivität nach 4 Monaten ist höchstens halb so groß wie die Sensitivität nach 1 Monat.
Die systematische Fehlerquelle in der Abschätzung der Sensitivität in allen Studien, die ich gesehen habe, ist die Unterrepräsentanz der asymptomatischen Infizierten. Unter normalen Umständen sind das 60 Prozent aller Infizierten. Selbst in Altenheimen haben noch über 40 Prozent der Senioren, die sich angesteckt haben und auch ansteckend sind, kein Fieber, keinen Husten, keinen Durchfall usw.
Eine grobe Abschätzung habe ich im Preprint 105, 2020 des MPI MIS gegeben. Diese stützt sich hauptsächlich auf die Heinsberg-Studie. Demnach läge die empirische Sensitivität nach einem Monat bei unter 60 Prozent, und damit läge die Sterblichkeit in der Altersklasse der 50- bis 64-Jährigen nicht bei 1,4 Promille, sondern bei unter 0,9 Promille.
Gerne wird auf die Unsicherheit hingewiesen, wie lange die natürliche Immunität anhält, da der Antikörper-Titer relativ schnell absinkt. Diese Unsicherheit kann man anhand der Daten beseitigen, die wir jetzt nach der November-Februar-Welle haben. Zunächst ein Blick nach Schweden. Zwischen dem 1.10.2020 und dem 28.02.2021 sind in Schweden 377 Covid-Tote unter 70 Jahren gezählt worden. Das sind ca. 0,042 Promille der Bevölkerung in diesem Alter. Bei uns ist diese Zahl ca. 0,085 Promille, also etwa doppelt so hoch. Die einzige mögliche Erklärung ist die höhere Immunisierung in Schweden. Obwohl der Antikörper-Titer fällt, scheint die Immunität also über den Jahresverlauf erhalten geblieben zu sein. Noch eklatanter ist der Vergleich mit dem Bundesland Sachsen. In der April-Welle gab es kaum Todesfälle in Sachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern. Dadurch lief Sachsen mit einer epidemiologisch unerheblichen Immunisierung in die Grippe-Saison. Heute ist die kumulative Todesfallrate in Sachsen 50 Prozent über der von Schweden. Sachsen wurde besonders hart getroffen, weil sich so wenige Bewohner vor Oktober infiziert hatten.
Mathematische Modelle
Die Erklärung liefert die mathematische Epidemiologie, die vor hundert Jahren von A.G. McKendrick in Zusammenarbeit mit O.W. Kermack entwickelt wurde. McKendrick war Arzt und praktischer Epidemiologe, Kermack Biologe. Bemerkenswerterweise waren beide zudem mathematisch auf der Höhe ihrer Zeit. Sie entwickelten eine Klasse von mathematischen Modellen, die durch Volterra- oder Erneuerungsgleichungen beschrieben sind, und haben für diese Gleichungen Wohlgestelltheit bewiesen. Im Prinzip heißt das: Wenn man die Ansteckungswahrscheinlichkeit und ihren Zeitverlauf zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen (Altersklassen, Wohnorte usw.) kennt, dann kann man den Verlauf der Epidemie im statistischen Sinne vorhersagen. Die erforderlichen Daten hat man aber nicht. Um einen Abgleich mit statistischen Daten oder ihren entsprechenden Maus-Experimenten machen zu können, mussten Kermack und McKendrick ihr Modell durch einfachere Modelle approximieren.
Grob gesprochen geht das in zwei Stufen. Als erstes bemerkt man, dass die zugegebenermaßen komplizierten Erneuerungsgleichungen exakte Invarianten haben. Der Endzustand der epidemischen Welle wird durch diese Invarianten bestimmt. Als zweites reduziert man auf eine „dominierende“ Komponente, das heißt, man wichtet die Bevölkerungsgruppen unterschiedlich, oder betrachtet nur diejenigen Gruppen, mit der höchsten Ansteckungsrate. Dieser zweite Schritt ist alles andere als exakt. Er reduziert das sehr allgemeine Modell auf das, was heute als Kermack-McKendrick-Modell bezeichnet wird. Die mathematische Epidemiologie erklärt ganz eindeutig, warum ein Sommer-Lockdown die Gesamtanzahl von Covid-Erkrankungen und Toten steigert und nicht reduziert. Für diejenigen, die sich in Kurvendiskussion fit fühlen, habe ich das in einer Fußnote erklärt (siehe *).
Das heißt, am Ende haben die Maßnahmen, die im Sommer die Anzahl der Infizierten reduzierten, insgesamt mehr Infektionen (und auch Covid-Tote) verursacht. In dem allgemeinen komplexeren Modell gilt eine ganz ähnliche Aussage. Es wird allerdings – auch begrifflich – schwieriger, Optimalität von Strategien zu definieren. Dennoch ist die folgende Aussage eine zulässige Vereinfachung: Optimal ist es, die Infektion unter den jüngeren, nicht wirklich gefährdeten Personen ungehindert im Frühjahr laufen zu lassen, während man den Kontakt zu den Älteren weitgehend reduziert. Auf der Seite der älteren Menschen ist das deren eigene Entscheidung, denn sie sind die Gefährdeten. Auf der Seite der Jüngeren können die Antigen-Tests da helfen, wo der Kontakt zu den Älteren notwendig oder sehr wünschenswert ist. Diese Schlussfolgerung habe nicht nur ich gezogen. Das steht in der Genfer Studie im Wesentlichen genauso, schon vor der Great Barrington Declaration.
Viruskulturen durch die Nase
Was sind nun die Implikationen für die Impfkampagne? Die Situation ist ungewöhnlich, weil die Ergebnisse klinischer Studien nicht abgewartet wurden. Man kann sich auf der Webseite der amerikanischen FDA die Studien zu Corona-Impfstoffen ansehen, etwa 150. Für keine dieser Studien sind bisher Resultate hochgeladen. Natürlich gab es vorklinische Studien, z. B. an Makaken, aber in kleinen Gruppen. So wird, wie schon gesagt, die Antikörper-Antwort von Makaken auf die Impfung mit den Antikörper-Titern von menschlichen Patienten verglichen. Man infiziert auch geimpfte und nicht geimpfte Affen und vergleicht die beiden Gruppen. Dazu wird den sedierten Tieren die Viruskultur in die Nase und direkt in die Luftröhre appliziert. Menschlichen Probanden könnte man die Viruskulturen vermutlich nur in die Nase einführen und sie dann eine FFP2-Maske tragen lassen. Den Rest erledigt die Rückatmung.
Dass Immunisierung stattfindet, weiß man schon. Wie effektiv sie unter Normalbedingung ist, muss sich noch zeigen. Ebenso muss sich noch zeigen, wie häufig schwere Nebenwirkungen auftreten. Das Paul-Ehrlich-Institut verzeichnet bis zum 4.3.2021 330 Tote, die kurz nach der Impfung verstorben sind, auf 6 Millionen Impfungen. Diese Zahl kann man natürlich nicht mit der Covid-Sterblichkeit der unter 65-Jährigen vergleichen, sondern mit der sehr viel höheren der über 80-Jährigen, denn diese sind bei der Impfung priorisiert.
Dennoch sollte meiner Meinung nach die Aufklärung über die Impfung anders aussehen, als die momentane Werbekampagne der Bundesregierung. Patienten und auch ihren Ärzten sollte klar gesagt werden, dass die Ergebnisse klinischer Studien noch erwartet werden. Unbedingt sollte auch das Kleinreden der natürlichen Immunisierung aufhören. Die Antikörpertests, die bestellt worden sind oder bestellt werden sollten, sollten nun endlich flächendeckend angewandt werden. Dann weiß zumindest ein Teil der Bevölkerung, dass er sich nicht impfen lassen muss, um den Immunisierungsschutz zu erhalten. Es ist ganz unplausibel, dass die Impfung, die dem Immunsystem das Spike-Protein von Covid-19 in der ein oder anderen Weise präsentieren soll, einen besseren Schutz liefert als die natürliche Immunisierung. Zwischen dem 1. Oktober 2020 und dem 28. Februar 2021 sind in Deutschland ca. 1.400 Covid-Tote im Alter von 50–59 gezählt worden. Aufgrund der Genfer Zahlen erwartet man, dass mindestens 1,4 Millionen, also mehr als 10 Prozent der Gesamtbevölkerung zwischen 50 und 59 Jahren eine Antikörper-Antwort entwickelt hat. Die Mehrzahl von ihnen wurde in Antikörpertests gefunden. In diesem Kontext ist es grotesk, dass immer noch keine flächendeckenden Tests durchgeführt werden, und unsere Bundeskanzlerin beim virtuellen Davos-Treffen mit Wirtschaftsführern über positive Diskriminierung von Geimpften philosophiert.
Keine Immunisierung
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf die Datenlage eingehen und insbesondere auf die Londoner Daten. Die positive Nachricht ist, dass die natürliche Immunisierung von Mai bis November gehalten hat. Das sieht man klar im Vergleich der Daten von London mit denen der englischen Region West Midlands (um Birmingham). Leider sieht man aber auch, dass Anfang bis Mitte Dezember etwas passiert sein muss. Die Zahl der Covid-Toten in London steigt um die Weihnachtszeit dramatisch an. Für mich heißt das, dass, wie so oft schon bei Influenza geschehen, neue Mutationen des Virus aufgetreten sind, gegen die keine Immunisierung bestand. Und in der Tat ist am 18.2.2021 ein Preprint aus Boston erschienen, das den Verlust von Immunität nachweist. Die Seren von Personen, die mit den Impfstoffen von Pfizer und Moderna geimpft waren, wurden untersucht. Und für mehrere Covid-Stämme (insbesondere aus Japan und aus Südafrika) funktionierte die Immunabwehr nicht. Auf der Webseite von BioNTech liest sich das noch anders.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin kein Impfgegner. Die Leistung der verschiedenen Teams, in Mainz, in Tübingen, in Oxford, am russischen Gamaleya Institut, um nur einige zu nennen, ist enorm. Aber dies ist, wie bei der Influenza, erst einmal nur ein Teilerfolg. Er rechtfertigt auch nicht im Nachhinein den Lockdown. Meine Prognose ist, dass die Zahlen wieder steigen werden, denn nach der Grippewelle 2018 kam 2019 wieder eine Grippewelle. Und wenn diese neue Welle kommt, sollte man nicht wieder den Kapitalfehler eines Frühjahr-Sommer-Lockdowns machen. Zum Beispiel müssen – auch aus epidemiologischen Erwägungen – die Universitäten zum Sommersemester wieder geöffnet werden. Ich befürchte allerdings das Schlimmste.
Ich bin nun einmal ein bekennender Verschwörungstheoretiker und stimme dem irischen Publizisten J. Swift zu. Dieser schreibt „When a true genius appears in the world, you may know him by this sign, that the dunces are all in confederacy against him.“ („Wenn ein wahres Genie in der Welt erscheint, ist es daran erkennbar, dass alle Dummköpfe sich gegen es verbünden.“)
A.G. McKendrick war ein Genie.
In einem Beitrag dieser Art ist es etwas ungewöhnlich, lassen Sie mich dennoch einige Belege anführen. Das erste ist die Anzahl der Covid-Toten in London (ca. 9 Millionen Einwohner), den Midlands (ca. 6 Mio.), Bayern (ca. 13 Mio.), Sachsen (ca. 4 Mio.) und Schweden (ca. 10 Mio.) für die Kalenderwochen 30/2020 – 7/2021. Die RKI-Kalenderwochen gehen von Mittwoch bis Dienstag. Das zweite sind drei medizinische Artikel: der zur Covid-Sterblichkeit aus Genf, der zum zeitlichen Abfall der Antikörperantwort aus London und der zu den resistenten Mutanten aus Boston.
Der Vergleich London vs. Midlands ist besonders instruktiv. Ab der 38sten Kalenderwoche (mit Beginn der Grippesaison) steigen die Zahlen für Midlands deutlich über die von London, wo die Immunisierung durch die April-2020-Welle offensichtlich gehalten hat. Ab der 51sten Kalenderwoche sieht man aber auch eine deutliche neue Welle in London. Diese bleibt weiterhin, gemessen an der Bevölkerung, unter der in den Midlands; aber fordert am Ende ungefähr genauso viele Opfer wie die April-2020-Welle. Man sieht auch, wann Bayern gegenüber Schweden aufholt (im negativen Sinne) und damit ein klares Indiz für die Bedeutung der natürlichen Immunisierung. Ganz extrem ist natürlich das Beispiel Sachsen.
*) Hier für die Interessierten die Details zum oben aufgeführten Kermack-McKendrick Modell:
In diesem Modell bleibt im Verlauf einer Epidemie die Größe log s – a (s + i) konstant. Hier ist „a“ die effektive Ansteckungsrate, „s“ der (gewichtete) Anteil der noch nicht Immunisierten in der Bevölkerung, und „i“ der Anteil der Infektiösen. Direkt messbar sind weder „a“ noch „s“ noch i. Aber die obige Formel erklärt sofort, warum es Unsinn, um nicht zu sagen Wahnsinn ist, die Ansteckungsrate „a“, die im Sommer für alle „Grippen“ niedriger ist als sonst, noch weiter zu reduzieren. Insbesondere trifft das auf die „dominierende“ Bevölkerungsgruppe der unter 50-Jährigen zu, für die das Sterblichkeitsrisiko extrem gering ist. Denn die Kurven i(s) = (log s)/a – s + c, wobei c eine beliebige Konstante ist, beschreiben den möglichen Verlauf von Epidemien. Wenn das Produkt a s_0 > 1 ist, gibt es eine Epidemie, die mit s_0 beginnt und mit einem s(final) endet. s(final) ist umso kleiner, je größer s_0 war, eine klassische negative Rückkopplung.
Falls man nun unterschiedliche Infektionsraten a(SO) im Frühjahr (Sommer) und a(WI) in der Grippesaison (Winter) hat, ist es kontraproduktiv, a(SO) gezielt so zu reduzieren, dass das zugehörige s(final) größer als 1/a(WI) wird, also s(final) a(WI) > 1.
Quellen:
1. Serology-informed estimates of SARS-CoV-2 infection fatality risk in Geneva, Switzerland. doi:10.1016/S1473- 3099(20)30584-3
2. Longitudinal evaluation and decline of antibody responses in SARS-CoV-2 infection. doi:10.1101/220.07.09.20148429
3. Circulating SARS-CoV-2 variants escape neutralization by vaccine-induced humoral immunity. doi:10.1101/2021.02.14.21251704
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Prof. Dr. Stephan Luckhaus (67) erhielt 2003 den Max-Planck-Forschungspreis. 2002 wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Am 28. März 2007 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt, 2019 zum Senator der dortigen Sektion Mathematik. Am 6. Dezember 2020 trat er aus Protest gegen die Corona-Politik der Nationalakademie aus dieser aus.
Text: Gast
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