Gewerbemiete ade? Gericht kürzt Miete um die Hälfte wegen Lockdown Neue, durch die Hintertür eingeführte Regelung

Von Elias Huber

Bereits vor wenigen Wochen berichtete reitschuster.de über einen brisanten Fachaufsatz. Danach können Gewerbe-Vermieter bis zur Hälfte ihrer Mieteinnahmen verlieren, die seit März 2020 angefallen sind, wenn ihre Mieter das Geschäft wegen des Lockdowns schließen mussten. Gewerbemietverhältnisse würden aufgrund einer neuen Vorschrift unter den Paragrafen 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches fallen, der eine sogenannte “Störung der Geschäftsgrundlage” regelt. Die Gesetzesänderung ist laut dem Aufsatz zum 31. Dezember in Kraft getreten.

Das Pikante: Laut Autor des Aufsatzes peitschte die Bundesregierung die Regelung im Schnelldurchlauf durch, ohne dass nach seiner Ansicht die Mehrheit der zustimmenden Bundestagsabgeordneten dies überhaupt bemerkte. Der Anwalt und Professor an der Berliner Humboldt-Universität erklärte in einem Youtube-Interview, er sei sich nahezu sicher, “dass nicht einmal zehn Prozent der Abgeordneten in einer Umfrage gewusst hätten, über was sie genau abstimmen” (siehe hier bei 17:49).

Am Mittwoch haben nun zwei Oberlandesgerichte Urteile gefällt, bei denen sie offenbar die neue Regelung berücksichtigt haben. Das Oberlandesgericht in Karlsruhe entschied zugunsten eines Vermieters und kürzte die Gewerbemiete nicht, wie aus einem Artikel auf der Fachseite Legal Tribune Online hervorgeht. Hingegen reduzierte das Dresdner Oberlandesgericht die Miete um die Hälfte. Ein Anwalt teilte reitschuster.de mit, er sei sich sicher, dass beide Gerichte die neue Vorschrift einbezogen hätten.

In Dresden klagte ein sächsischer Vermieter, der von der Textilhandelskette “KiK” die Miete einforderte. Laut einer Mitteilung des Oberlandesgerichtes wollte der Discounter eine Monatsmiete vom April 2020 auf Null reduzieren und berief sich dabei auch auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Auf Nachfrage präzisierte eine Sprecherin des Oberlandesgerichts, das Urteil stütze sich auch auf Artikel 240 § 7 EGBGB. Dabei handelt es sich um eine neue Vorschrift. In dem Paragrafen steht, dass Mietverhältnisse unter den § 313 BGB fallen, die “infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar” sind.

Sollten die Gerichte weiterhin die Gewerbemieten bis zur Hälfte kürzen, dürfte das massive Folgen haben. Der ehemaligen Hedgefondsmanager Florian Homm meinte etwa im Interview mit dem Autor des eingangs erwähnten Aufsatzes, die neue Vorschrift sei fast schon “eine indirekte Enteignung”. Denn viele Gewerbe-Vermieter hätten die Immobilie auf Kredit finanziert und knapp mit den Zinsen kalkuliert. Reduziere sich die Gewerbemiete um die Hälfte während des Lockdowns, könnten viele Gewerbeimmobilien an die Banken gehen, sagte er (siehe hier ab 18:57).

Zudem würde das Gesetz zu einem Investitionsstau bei Gewerbeimmobilien führen – ähnlich wie bei einer Mietobergrenze. Sollte die Regierung länger die Geschäfte schließen lassen, dürfte das einen schleichenden Verfall von vermieteten und gewerblich genutzten Gebäuden bewirken.

Der sächsische Vermieter kündigte indes gegenüber der Bild an, vor den Bundesgerichtshof zu ziehen. Dort dürfte eine Richtungsentscheidung anstehen, schreibt Legal Tribune Online.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
[themoneytizer id=“57085-3″]
Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main.
Bild: On the road again/Shutterstock
Text: eli

[themoneytizer id=“57085-2″]

mehr von Elias Huber auf reitschuster.de

[themoneytizer id=“57085-1″]

Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd, besagt ein chinesisches Sprichwort. Meine Seite, erst im Dezember 2019 gestartet, hat inzwischen bis zu 53,7 Millionen Aufrufe – im Monat. Und sie hat mächtige Feinde. Ihre Hilfe ist deshalb besonders wertvoll! Mit jedem Euro setzen Sie ein Zeichen, ärgern gebühren-gepolsterte “Haltungs-Journalisten” und leisten einen wichtigen Beitrag, Journalismus ohne Belehrung und ohne Ideologie zu fördern – und millionenfach zu verbreiten. Ganz herzlichen Dank!


Meine Bankverbindung: Empfänger Boris Reitschuster, Verwendungszweck: Zuwendung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71 oder BE43 9672 1582 8501
(alternativ: LT18 3190 0201 0000 1014, BIC: TEUALT22XXX).


Mit Kreditkarte, Apple Pay etc. – über diesen Link.


Paypal ist nach der Sperrung meiner Konten dort nicht mehr möglich (Details hier).


Bitcoin: Empfängerschlüssel auf Anfrage.


Möglichkeiten für eine Patenschaft: Via Dauerauftrag auf die obige Bankverbindung.

Unterstützen Sie meine Arbeit

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert