Von Sönke Paulsen
Google News ist das meistgelesene Nachrichtenportal weltweit. Auf Grund des hohen Marktanteils, den Google bei den Suchmaschinen hat, verwundert das nicht. Es gibt vor allem Kritik der Medien, die auf der Newsseite von Google mit ihren neuesten Nachrichten abgebildet werden und dafür kein Geld von Google bekommen. Der Konzern ist der Meinung, dass der gigantische Traffic, den die Newsseite den Publishern beschert, ausreichen müsste.
Leser vertrauen Google News
Es gibt aber noch einen ganz anderen Aspekt von Google News, das seine Nachrichten auch auf den einzelnen User personalisieren kann, wenn dieser bei Google angemeldet ist und es wünscht. Dieser Aspekt ist, dass die Leser auf die Behauptung von Google News vertrauen, eine wirklich repräsentative Seite für die aktuelle Nachrichtenlage vor sich zu haben, deren Inhalte infolge eines objektiven Rankings aufleuchten und nicht auf Grund einer subjektiven Auswahl. Eine wie auch immer geartete Redaktion soll es bei Google News nicht geben, die Nachrichtenauswahl erfolgt, laut Konzern, durch einen Algorithmus.
„Was in Google News angezeigt wird, wird mithilfe von Computeralgorithmen ermittelt. Die Algorithmen bestimmen, welche Meldungen, Bilder und Videos angezeigt werden und in welcher Reihenfolge. In manchen Fällen wählen aber auch Verlage und Webpublisher sowie Google News-Teams die Meldungen aus.“
In wie vielen Fällen und in welchen Fällen das der Fall ist, schreibt der Konzern in seinem Weblog nicht. Es wird auf besondere Großereignisse verwiesen wie Weltmeisterschaften oder internationale Kulturereignisse wie die Oskar-Verleihung. Ob das wirklich alles ist, bleibt unklar.
Das Publisher-Modell Google News wird selbst zum Medium
Inhalte von Publishern, seien es kleinere Websites oder große Medien, müssen Transparenzkriterien erfüllen und dürfen nicht gegen die Google-Regeln verstoßen. Ob sie auch politisch angepasst sein müssen, verrät Google nicht.
Es liegt allerdings angesichts der Auswahl auch kleinerer Medien, die gelegentlich auf der Seite erscheinen, nahe, dass die aktuelle Meinungshegemonie beachtet wird und abweichende Positionen nicht zum Zuge kommen. Relativ kleine Regionalzeitungen finden sich mit ihren Aufmachern immer wieder bei den Topmeldungen, obwohl sie eigentlich nur Pressemitteilungen, beispielsweise der Bundesregierung, abgedruckt haben und andere kleinere Medien, wie die „Nachdenkseiten“ findet man nicht, obwohl diese respektable Zugriffszahlen haben, die mit einer regionalen Tageszeitung konkurrieren können. Umstrittene Medien, wie Compact, sucht man bei Google News vergeblich. Warum Medien, vor allem im politisch rechten Bereich, ausgeschlossen werden, ist aus den Zugangskriterien von Google News nicht logisch abzuleiten. Es muss wohl etwas mit der politischen Hegemonie zu tun haben. Denn die „taz“ ist, als linkes Medium, mit ihrer Hetze regelmäßig vertreten.
Auch in neueren Projekten von Google News, in denen Publisher selbst ihre Inhalte einstellen können und dann bei Google News Showcase gelistet werden, findet sich nur der politische Mainstream, der im Wesentlichen auf Regierungslinie liegt, oder aber „linkes Gedankengut“.
“In the case of Google News and YouTube, publishers may also add content directly to our systems.” Diese Auskunft bezieht sich übrigens nicht exklusiv auf Showcase. Wo Publisher, die sich mit Google in Partnerschaften begeben haben, noch ihre Inhalte unterbringen, wird nicht explizit gekennzeichnet. Aber die Widgets am Rand der Seite, in denen, seit der Pandemie, Faktenchecker auftauchen, die, wie „Correctiv“, durchaus Fakten tendenziös darstellen, könnten solche Publisher-Sektionen sein.
Das eigene Transparenzkriterium wird permanent gerissen
Wie gesagt, Google kennzeichnet nicht, welche Meldungen nach Ranking durch einen Algorithmus auftauchen und welche von „befreundeten“ Publishern stammen, mit denen zusammen Google News auch Medienworkshops und diverse Projekte ausrichtet, die ebenfalls im Mainstream liegen.
Das ist aber noch nicht alles. Denn die Frage, ob die Top-Meldungen redaktionell bearbeitet und zusammengestellt werden, beantwortet Google nicht und das sehr konsequent.
Der Verdacht besteht gleichwohl!
Die Tatsache, dass phasenweise relativ viele Schreibfehler in den verlinkten Schlagzeilen auftauchen, spricht für eine „händische“ Eingabe, weil diese Fehler in den Überschriften der Artikel dann nicht mehr auftauchen. Ein Systemfehler wirkt hier unwahrscheinlich, eher eine Rechtschreibschwäche bei Angestellten im Team von Google News.
Die Gruppierung von Artikeln zu einem bestimmten Thema wirkt außerdem oft editiert: Wenn zu den umstrittenen Corona-Maßnahmen, wie zur Rechtfertigung, gleich Schlagzeilen von ansteigenden Inzidenzen im selben Feld mitgeliefert werden, wenn angesichts einer neuen Migrationswelle über Belarus und Polen nach Deutschland im selben Feld verhältnismäßig wenig gelesene Artikel über Neonazis auftauchen, die Jagd auf diese Migranten machen wollen, oder wenn die Tötung eines Deutschen durch einen Asylanten, vor einigen Jahren, direkt darüber mit Neonaziaufmärschen in der betreffenden Stadt kontrastiert wurden.
Es hat den Anschein, als würde der Google-Algorithmus immer das richtige, regierungsfreundliche und mainstreamorientierte „Framing“ liefern
Sehr schwer vorzustellen, dass dies einem Computer-Algorithmus gelingen kann. Das wäre dann wohl ein PC-Algorithmus, wobei PC für „Political Correctness“ stünde.
Die „Krux“ dieser hartnäckig abgestrittenen redaktionellen Gestaltung von Google News ist wohl die, dass in einem solchen Fall eine Klagewelle von großen Medienhäusern gegen Google droht, weil eine redaktionelle Gestaltung in direkter Konkurrenz zu deren medialen Newsportalen stünde, und zwar mit den Inhalten, die Google dann von diesen Medien gestohlen hätte, um eine eigene Zeitung daraus zu machen.
Google streitet alles ab – Ist das noch seriös?
Man braucht also keine naiven Anfragen an Google zu schicken, die nach redaktioneller Gestaltung und editorialer Absicht bei Google News fragen. Google muss geradezu alles abstreiten.
Google muss aber auch zensieren. Denn die frisch geschaffenen Netzwerkdurchsetzungsgesetze der EU und Deutschlands erzwingen das und können jederzeit den Vorwurf einbringen, schädliche und gefährliche Desinformation durchgelassen zu haben.
Eine Zwickmühle also.
Der Punkt ist nur der: Google News reißt ganz offensichtlich permanent das eigene Transparenzkriterium, um sein Geschäftsmodell aufrechterhalten zu können und dennoch nicht politisch und rechtlich angreifbar zu werden. Dazu benötigt es sehr wahrscheinlich eine Redaktion, deren Spuren auf der Seite erkennbar sind, deren Existenz aber, aus verständlichen Gründen, vor der Öffentlichkeit bestritten wird.
Wer also Google News vor sich hat, sollte darauf achten, ob die Inhalte, die ihm präsentiert werden, aber auch in welchem Zusammenhang sie ihm präsentiert werden, tatsächlich von einem Algorithmus ausgewählt worden sein können. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass dieses weltgrößte News-Portal tatsächlich seriös und objektiv ist.
Wer Auffälligkeiten auf Google News in diesem Sinne findet, möge es zur Sprache bringen. Gern auch hier, als Kommentar, unter diesem Artikel. Denn das wird nicht der letzte Beitrag zu diesem Thema bleiben.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt“. Hier finden Sie seine Fortsetzungsgeschichte „Angriff auf die Welt“ – der „wahre“ Bond.
Bild: rafapress/ShutterstockText: Gast