Es klingt fast rührend: Menschenverachtendes, Populistisches, ja sogar „Kommentar-Lawinen von Rechts“ wollen sie bekämpfen. „Nicht unkommentiert stehen lassen“ – das ist das vermeintlich so noble Ziel einer „Grünen Netzfeuerwehr“, einer Art virtueller Bürgerwehr, die angeblich im Dienste von Demokratie, Vielfalt und Zivilisation steht. Sie ist schon seit geraumer Zeit im Netz – hat bisher aber nicht die verdiente mediale Aufmerksamkeit erhalten. Mein Kollege Henning Rosenbusch machte in einem Post auf Instagram darauf aufmerksam. Über diesen Link können Sie die Seite ansehen. Je länger man diese Initiative betrachtet, desto unheimlicher werden die Parallelen zu historischen Vorbildern, die uns erschaudern lassen sollten.
„Melden, kommentieren, liken!“ lautet der Appell. Es sind einfache Worte, die an einfache Geister gerichtet scheinen. Jeder kann mitmachen, flexibel, freiwillig – ob Parteimitglied oder nicht. Die Botschaft ist klar: Hier wird ein Narrativ verteidigt. Und es soll kein Raum für abweichende Meinungen gelassen werden. All das wirkt wie ein Relikt vergangener Zeiten, als Nachbarn in der DDR zur Staatssicherheit eilten, um den Verrat eines missliebigen Mitbürgers zu melden. Der Unterschied? Heute braucht es keinen Überwachungsstaat mehr, um die Ideologie zu verbreiten. Die sozialen Netzwerke genügen, und das Denunziantentum findet in einem moralischen Gewand statt. Wobei letzteres keinesfalls neu ist – nur das Gewand selbst ist ein neues.
Doch gerade in dieser vermeintlich freiwilligen Dynamik liegt die größte Gefahr. Die Grenzen zwischen legitimer Moderation und gezielter Zensur sind erschreckend durchlässig. Wo „Hassbekämpfung“ aufhört und ideologische Kontrolle beginnt, ist oft nicht mehr klar zu erkennen. Solche Initiativen öffnen Tür und Tor für die Einschränkung, ja das völlige Ersticken von Meinungsfreiheit – oft unbemerkt und subtil. Am Ende reicht es schon, abweichende Meinungen als „Hass“ oder „Hetze“ zu deklarieren, um sie aus dem Diskurs zu verbannen.
Kritische Geister können in der Netzfeuerwehr sogar eine digitale Neuauflage des Blockwarts sehen, jener Figur aus der Nazi-Zeit, die darauf achtete, dass in der Nachbarschaft alles „in Ordnung“ blieb. Damals ging es um Hakenkreuzfahnen an den richtigen Plätzen, heute geht es um die richtige Gesinnung in den Kommentarspalten. Was damals Pflicht war, ist heute zwar angeblich „freiwillig“ – aber wehe, jemand äußert sich falsch oder wagt es gar, Kritik zu üben. Die selbsternannten Hüter des Guten rufen zur Ordnung.
Und bevor jetzt die rot-grünen „Gegnerbeobachter“, die hier in der gleichen Manier und im gleichen Geiste mitlesen, hyperventilieren: Nein, das war keine Gleichsetzung mit der Nazi-Zeit. Die wäre unverantwortlich und dumm. Aber genauso unverantwortlich und dumm wäre es, keine historischen Vergleiche anzustellen – die dann eben Unterschiede, aber halt auch gemeinsame Wurzeln zutage fördern kann. Doch diesen Unterschied zwischen Vergleich und Gleichsetzung haben in Deutschland allzu viele bis heute nicht kapiert. Vor allem aus dem Lager der rot-grünen Gesinnungswärter.
Geschichte wiederholt sich – als Farce?
Es gibt einen alten, klugen Lehrsatz: Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Natürlich will niemand Lügen, Hass und Hetze verteidigen – kein normaler Mensch findet das gut. Das Problem ist nur, wenn Regierungskritik mit genau diesen Begriffen belegt und diskreditiert wird. Ja sogar kriminalisiert. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass gerade jene, die sich als Kämpfer für das „Gute“ inszenieren, oft am schnellsten dazu neigen, autoritäre Strukturen zu etablieren. Weil sie eben alles für gerechtfertigt halten – als vermeintliche Kämpfer für das „Gute“ und gegen das „Böse“. Hitlers SA marschierte im Namen der Ordnung, die Stasi hörte im Namen der Gerechtigkeit mit – und die Grüne Netzfeuerwehr kommentiert im Namen der Demokratie.
Die Muster sind immer dieselben. Es gibt ein klares Feindbild – in diesem Fall „Rechts“ oder „Hass und Hetze“ –, und es gibt eine moralische Mission, die jeden Zweifel an der eigenen Überlegenheit erstickt. So wird aus dem edlen Ziel der demokratischen Diskussion ein missionarisches Projekt, das Andersdenkende ausgrenzt und zum Schweigen bringen will.
Demokratie oder Demagogie?
Besonders verstörend ist der quasi-religiöse Eifer, mit dem die Netzfeuerwehr agiert. Sie wirbt für „sachliche und zivilisierte Diskussionen“, doch das Narrativ ist absolut einseitig: „Wir gegen die.“ „Wir“, das sind die Guten, die Fakten und Menschlichkeit verteidigen. Also die Grünen. „Die“, das sind die Bösen, deren Kommentare gemeldet und – womöglich – rechtlich verfolgt werden sollen. Also Leute wie Sie und ich. Dass die Grenzen von „Hass“ und „Hetze“ fließend sind und oft als politische Kampfbegriffe dienen, scheint niemanden zu stören.
Wo endet die Abwehr von Hass und beginnt die Zensur? Und darf man Hass, also ein Gefühl, in einer Demokratie bekämpfen? Seit wann gehen den Staat die Gefühle seiner Bürger etwas an? Zumindest einen demokratischen Staat? Diese Fragen stellt sich die Netzfeuerwehr offenbar nicht. Wie schnell aus „Faktencheckern“ politische Akteure werden können, hat die Geschichte längst gezeigt. In der DDR hießen solche Initiativen beziehungsweise ihre Akteure „gesellschaftliche Aktivisten“, und ihr Ziel war nicht weniger nobel: die sozialistische Ordnung zu verteidigen. Doch jede Form der Denunziation vergiftet letztlich den gesellschaftlichen Diskurs. Auch die Netzfeuerwehr bewegt sich gefährlich nah an dieser Linie.
Was bleibt, ist der Zynismus
Man könnte all das als skurrilen Auswuchs grüner Weltverbesserungsrhetorik abtun, wenn die Folgen nicht so ernst wären. Die Netzfeuerwehr steht sinnbildlich für einen Zeitgeist, der sich seiner eigenen Widersprüche nicht bewusst ist. Während man im Namen der Vielfalt agiert, wird genau diese durch das Ausschalten abweichender Stimmen systematisch untergraben. Was als vermeintlicher Kampf gegen Hass beginnt, endet nicht selten als Kampf gegen Meinungsfreiheit, ja als deren Erstickung.
Vielleicht sollten sich die Aktivisten der Grünen Netzfeuerwehr einen Moment Zeit nehmen, innehalten und sich überlegen, ob sie wirklich die Demokratie verteidigen – oder ob sie gerade das tun, was sie zu bekämpfen vorgeben: Eine Atmosphäre der Angst schaffen, in der jede kritische Stimme als Bedrohung empfunden wird. Denn, um es mit George Orwell zu sagen: „Die wahrhaft Revolutionären werden von den besten Absichten der Welt angetrieben, doch ihre Mittel führen immer zu denselben Ergebnissen: Tyrannei.“
PS: Wenn man die Original-Seite der Initiative öffnet, springt einem sofort Robert Habeck entgegen – der wie kaum ein anderer gegen die Meinungsfreiheit agiert mit seiner „Anzeigeritis“:
Es wirkt wie eine Parodie auf die eigene Rhetorik, dass ausgerechnet der Grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck, der mit seiner Politik Kritik systematisch kriminalisiert, als Aushängeschild dieser sogenannten Netzfeuerwehr fungiert. Ein entlarvender Blick auf die Prioritäten dieser Partei – Ideologie über Demokratie.
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