Ein Gastbeitrag von Manfred Schwarz
Ob Paris, London, Riga oder München und Hamburg: In zahlreichen Städten in ganz Europa haben wieder viele Zehntausend Menschen gegen die russische Invasion in der Ukraine protestiert. Die machtvollste Demonstration im europäischen Raum gab es in Rom. Die größte deutsche Kundgebung fand in Hamburg statt.
Jüngere Menschen dominieren
Bis zu 30.000 Menschen kamen in der Innenstadt der Hansestadt am Jungfernstieg zusammen. An dem anschließenden Zug durch die City zum ukrainischen Generalkonsulat an der Außenalster beteiligten sich rund 20.000 Menschen.
Auffällig: Menschen ganz unterschiedlicher Generationen waren beteiligt, jüngere Menschen dominierten.
Unterstützt von zahlreichen Jugendorganisationen, Parteien, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen – unter ihnen auch die „Fridays for Future“-Bewegung – hatte die ukrainische Diaspora zu der Demo aufgerufen. Motto: „Frieden in der Ukraine und Sicherheit in Europa!“
Etliche Demonstranten präsentierten Ukraine-Flaggen. Auch wurden viele selbst gefertigte Plakaten mitgeführt, darauf waren Sprüche wie „Stop Putin, stop war“ oder „Frieden schaffen“ zu lesen. Vereinzelt gab es auch Plakate mit der Aufschrift: „Tötet Putin!“ oder „Zur Hölle mit Putin!“
„FFF“-Aktivistin nutzt Demo für ihre Ziele
Eine besondere Rolle spielte dabei die „FFF“-Aktivistin Elisa Bas. Sie nutzte die Gelegenheit, energiepolitisch gleich auch zu einer Abkehr von fossilen Brennstoffen aufzurufen. Sie ist offenbar der Meinung, mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien könne man sich zukünftig unabhängig machen von Gas- und Öllieferungen aus Russland.
Bas forderte gleichzeitig eine grenzenlose Flüchtlingspolitik; es sei falsch, Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern gegeneinander auszuspielen.
Kritische Passanten meinten, hier versuche die „FFF“, die Ukraine-Flüchtlingspolitik zu instrumentalisieren für eine weitere unkontrollierte Zuwanderung von Ausländern aus aller Welt nach Deutschland.
Ein paar wenige Bürger fragten sich auch am Rande der Demo, warum die Flüchtlinge aus der Ukraine nicht vorrangig in Polen oder im Baltikum untergebracht würden, in den dortigen Regionen dominiere eine eher slawisch geprägte Kultur und eine Sprache, die sich von der in der Ukraine nicht stark unterscheide.
Natalia Klitschko hält eine Rede
Zu Beginn der Protestkundgebungen bat die Frau des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko in einer Rede vor der Europapassage – zwischen Jungfernstieg und Mönckebergstraße – eindringlich um Unterstützung für ihr Land.
Natalia Klitschko bezeichnete die Ukrainer als „Friedensvolk“. Niemand habe angenommen, dass die russische Armee so massiv angreifen würde. Die Rednerin bat die Hamburger, „ihre Herzen zu öffnen“ und Geflüchtete aufzunehmen.
Die ukrainische Hymne wird gespielt – nicht aber die deutsche
Auch die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka hielt eine Ansprache. Nach einer Schweigeminute wurde die ukrainische Nationalhymne abgespielt und gesungen. Viele Demonstranten zeigten sich ob der Hymne sehr ergriffen. Vereinzelt wurde unter den anwesenden Bürgern allerdings auch kritisch angemerkt, warum denn nicht auch die deutsche Nationalhymne gespielt worden ist.
Bei diesen Kundgebungen waren ebenfalls mehrere Hamburger Politiker anwesend – so Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und die sozialdemokratische Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit.
Auch Bischöfin Kirsten Fehrs war unter den Demonstranten, sie griff bei der Auftaktkundgebung ebenfalls zum Mikrofon: „Die Ukraine ist eine blutende Wunde am Körper Europas.“
Apostelkirche: Andacht und Musik
Schon vor der großen Demo in der Innenstadt fand außerdem in der Apostelkirche im Stadtteil Eimsbüttel ab 12 Uhr ein Friedensgebet und eine musikalische Andacht mit Musikern aus der Ukraine statt. Spenden wurden gesammelt, sie gehen offenbar an die Diakonie-Katastrophenhilfe.
Musikalisch ging es um 19 Uhr ebenfalls auf der Bühne des Goldbekhauses in Hamburg-Winterhude zu. Dort fand ein Benefizkonzert mit Musikern aus der Ukraine statt. Der Erlös soll, so heißt es, ukrainischen Geflüchteten in Hamburg und der Bevölkerung in der Ukraine zugutekommen.
Viele hundert ukrainische Flüchtlinge in Hamburg
Unterdessen treffen immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine in Hamburg ein. Auch noch spät am Sonnabend reisten ukrainische Menschen mit dem Zug am Hauptbahnhof an. Schon zuvor hatten die städtischen Behörden auf ihrer Informationsseite zur Ukraine darauf hingewiesen, dass es am Ankunftszentrum zu langen Wartezeiten komme.
Deswegen sollten „Schutzsuchende, die privat unterkommen und nicht durch Behörden untergebracht werden müssen“ sich erst in den kommenden Tagen im Ankunftszentrum anmelden.
Inzwischen werden in mehreren Stadtteilen größere Notunterkünfte errichtet. Die Stadt rechnet offensichtlich mit riesigen neuen Flüchtlingszahlen.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Text: Gast