Hat Christian Drosten einen Meineid geleistet? „Sind wir nicht zusammengekommen, um eine bestimmte Theorie anzugreifen?“

Von Kai Rebmann

Erst vor wenigen Tagen meldete sich Christian Drosten mit einem ausführlichen Interview in der Öffentlichkeit zurück. Im Mittelpunkt stand dabei die – seiner Meinung nach – künftige Entwicklung des Coronavirus. Dabei kamen sowohl der Zeitpunkt als auch einige inhaltliche Standpunkte durchaus überraschend (reitschuster.de berichtete). Wusste der umstrittene Charité-Professor da schon, welche Bombe in den USA platzen würde? Das wäre zumindest ein Teil der Erklärung für die teilweise unerwarteten Einsichten des Christian Drosten.

Am Freitag informierte uns Prof. Dr. Roland Wiesendanger über die neuesten Enthüllungen im Zuge des „Freedom of Information Act“ (FOIA) in den USA. Dieses „Informationsfreiheitsgesetz“ sorgt dafür, dass nach und nach die ganze Wahrheit über die anfänglichen Vertuschungsversuche in Bezug auf einen Laborunfall in Wuhan als Ursprung für SARS-CoV-2 ans Licht kommt. Inzwischen gilt diese Theorie nicht nur als möglich, sondern muss vielmehr als die wohl wahrscheinlichste These angesehen werden. Die jetzt veröffentlichten FOIA-Dokumente belegen zweifelsfrei, dass sich weltweit führende Virologen mit Christian Drosten an der Spitze schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt auf die Wildtier-Theorie als einzig zulässige Erklärung für den Ausgangspunkt der „Pandemie“ festgelegt hatten. Aber nicht nur das: Der Charité-Professor wird dabei in mehreren Punkten der offensichtlichen Falschaussage überführt.

Die Eidesstattliche Versicherung des Christian Drosten

Roland Wiesendanger gehört zu den prominentesten und härtesten Kritikern von Christian Drosten. So warf der Hamburger Physiker dem Hof-Virologen der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Diskurs über den Ursprung von SARS-CoV-2 unter anderem gezielte Täuschung, Verbreitung von Unwahrheiten sowie das Führen einer Desinformationskampagne vor. Dagegen setzte sich Christian Drosten vor Gericht zur Wehr und gab am 2. März 2022 eine Eidesstattliche Versicherung ab, die uns vorliegt und deren Echtheit von Roland Wiesendanger bestätigt wurde. Deutschlands „Star-Virologe“ erklärt darin unter anderem:

1. „Ich nahm am 01.02.2020 an einer Telefonkonferenz mit mehreren Wissenschaftlern teil … In dieser Telefonkonferenz wurde die u.a. von Kristian Andersen zur Diskussion gestellte These einer möglichen gentechnischen Veränderung des Virus und damit ein vielleicht denkbarer Ursprung des SARS-CoV-2-Virus aus dem Labor erörtert.“

2. „Die Diskussion führte zu dem Ergebnis, dass die These aus mehreren wissenschaftlich-technischen Gründen unwahrscheinlich und in jedem Fall nicht belegbar sei. Die möglichen Begründungen für die These wurden in einem kollegialen Gespräch wissenschaftlich ‚zerpflückt‘. Während meiner Teilnahme wurde keine Verabredung getroffen, die Möglichkeit einer Laborherkunft in der Öffentlichkeit zu vertuschen. Mir ist auch nicht bekannt, dass eine solche Vereinbarung zu einem späteren Zeitpunkt getroffen wurde.“

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3. „An dem offenen Brief (Correspondance) ‚The proximal origin of SARS-CoV-2’, der in Nature Medicine veröffentlicht wurde, war ich nicht beteiligt. Mir war diese Veröffentlichung vor Einreichung nicht bekannt. Ich verteidigte diese Veröffentlichung zu keinem Zeitpunkt.“

4. „Ich betreibe keine ‚Gain-of-Function-Experimente‘ im Sinne der Theorien um einen Laborursprung von SARS-CoV-2, also Experimente, in denen Viren entstehen, die so in der Natur nicht existieren und absehbar eine erhöhte Gefährlichkeit für den Menschen beinhalten.“

5. „Ich habe kein Interesse, den Verdacht über den Ursprung des SARS-CoV-2-Virus in eine bestimmte Richtung zu lenken.“

6. „Insbesondere hatte und habe ich kein persönliches Interesse, die sog. Laborthese als Ursprung des Virus auszuschließen. Gäbe es Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Laborthese, würde ich dies mit Nachdruck in der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion vertreten.“

Und das sagen die FOIA-Dokumente

Unabhängig von der Frage, ob es Anfang Februar 2020 „wissenschaftlich-technisch“ gesehen überhaupt schon möglich war, eine wie auch immer geartete These – in diesem Fall jene eines Laborunfalls – völlig auszuschließen, bringen die in der vergangenen Woche veröffentlichten FOIA-Dokumente nicht nur Christian Drosten in Erklärungsnot. Besonders brisant ist dabei eine von Drosten verfasste E-Mail, die am 9. Februar 2020 um 6:52 Uhr an die Teilnehmer der besagten Telefonkonferenz vom 1. Februar 2020 verschickt wurde. Darin heißt es unter anderem:

„Kann mir jemand bei einer Frage weiterhelfen: Sind wir nicht zusammengekommen, um eine bestimmte Theorie anzugreifen und, falls wir es können, zu widerlegen? … Arbeiten wir an der Entlarvung unserer eigenen Verschwörungstheorie?“

Im Laufe dieser ominösen Telefonkonferenz vom 1. Februar 2020 sowie in Tagen danach wurde im Namen der „seriösen Wissenschaft“ also die Grundlage für die Verdammung der Laborunfall-These geschaffen. Zur weiteren Verfestigung dieser Wahrnehmung in der Öffentlichkeit trugen zwei Publikationen in den Fachmagazinen „The Lancet“ am 19. Februar 2020 sowie „Nature Medicine“ am 17. März 2020 bei. Beim Lancet-Artikel ist Christian Drosten als einer von insgesamt 27 Co-Autoren angegeben, von der Existenz des zweiten Artikels will der Charité-Professor gemäß seiner Eidesstattlichen Versicherung erst durch dessen Veröffentlichung erfahren haben. Aber auch hier scheinen die FOIA-Dokumente eine andere Sprache zu sprechen. Das investigative Portal „U.S. Right to Know“ berichtet mit Bezug auf den Nature-Artikel wie folgt:

„Aber ein weiteres Trio von Virologen hatte einen unbekannten Einfluss auf das geschichtsträchtige Papier. Darunter ein Virologe, dessen Name ein Synonym für riskante Forschung ist, und dessen Vorgesetzte. Das geht aus E-Mails hervor, deren Veröffentlichung im Rahmen des FOIA erwirkt worden ist. Die geschätzten Autoren des Papiers haben zentrale Ideen eines umstrittenen Gain-of-Function-Forschers übernommen, ohne diesen namentlich zu erwähnen und damit dessen Rolle und Einfluss verschleiert … Für viele Virologen und Journalisten ist (hinsichtlich der Laborunfall-These) das Etikett ‚Verschwörungstheorie‘ hängengeblieben … Jetzt zeigen E-Mails und Interviews, dass der vielleicht umstrittenste Gain-of-Function-Virologe der Geschichte eine Rolle hinter den Kulissen gespielt hat, um die Welt davon zu überzeugen, dass SARS-CoV-2 nicht aus dem Labor stammt.“

Einschlägiges Trio

Zum Hintergrund: Hier ist in erster Linie von Ron Fouchier die Rede, dem stellvertretenden Leiter für Virologie am Erasmus Medical Center in den Niederlanden. Das angesprochene Trio wird durch dessen Chefin Marion Koopmans und eben Christian Drosten vervollständigt. Zur bisherigen Tätigkeit von Ron Fouchier heißt es in dem Bericht: „Im Jahr 2011 erlangte Fouchier weltweite Berühmtheit, als er einen luftgetragenen Stamm einer Vogelgrippe mit einer geschätzten Sterblichkeitsrate von 60 Prozent erzeugte. Das Experiment zeigte, dass einige Mutationen laut Fouchiers Institution eine Übertragung durch die Luft beim Menschen auslösen könnten.“ Der Epidemiologe David Fisman von der University of Toronto sieht in Fouchier deshalb ein „Synonym für unverantwortliche Laborwissenschaft“. Die FOIA-Dokumente legen nahe, dass Fouchier, Koopmans und Drosten nicht gekennzeichnete Beiträge zu dem Nature-Artikel geleistet haben, auch wenn sie offiziell nicht als Autoren aufgeführt werden.

Damit also zurück zur Chronologie der Ereignisse im Frühjahr 2020. Die beiden Virologen Kristian Andersen und Edward Holmes wiesen im Laufe der Telefonkonferenz am 1. Februar 2020 darauf hin, dass SARS-CoV-2 „Anzeichen eines künstlichen Ursprungs“ aufweise. Dieser Hinweis sei mit „Spott in der Telefonleitung“ quittiert worden, wie Jeremy Farrar in seinen Memoiren schreibt. Farrar hatte die Telefonkonferenz auf Bitten von Anthony Fauci initiiert. Weiter ist der Biografie zu entnehmen, dass Fouchier, Koopmans und Drosten „aus guten Gründen nicht ertragen konnten“, dass es sich bei SARS-CoV-2 um das Resultat eines Laborunfalls handeln könnte. Diese Darstellung wurde jüngst auch durch Edwards Holmes bestätigt. Zu den weiteren Teilnehmern dieser Telefonkonferenz gehörte unter anderem auch Francis Collins. Der damalige Direktor der National Institutes of Health äußerte in einer E-Mail, dass Fouchier und Drosten ihre Argumente gegen einen Laborursprung „mit mehr Eindringlichkeit als nötig“ vorgebracht hätten.

These verbannt

Wie dem auch sei, es scheint jedenfalls die gewünschte Wirkung nicht verfehlt zu haben. Denn nur wenige Tage bzw. Wochen nach dieser Telefonkonferenz und der Drosten-Mail vom 9. Februar 2020 erschienen die oben erwähnten Artikel. Bemerkenswert: Kristian Anderson und Edward Holmes, die bei SARS-CoV-2 anfangs noch „Anzeichen eines künstlichen Ursprungs“ gesehen hatten, waren zwei der insgesamt fünf Co-Autoren des Nature Artikels „The proximal origin of SARS-CoV-2“ (Der wahrscheinliche Ursprung von SARS-CoV-2), in dem die Laborunfall-These als „Verschwörungstheorie“ aus dem wissenschaftlichen Diskurs verbannt worden ist.

Prof. Dr. Roland Wiesendanger kommentierte die neuesten Enthüllungen so: „Die ganze Welt weiß nun, dass Herr Drosten eine zentrale Rolle bei dieser größten Vertuschungsaktion der jüngsten Menschheitsgeschichte gespielt hat.“

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Shuttserstock

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