Wenn es darum geht, Kritiker der Regierung zu diskreditieren, ist vielen großen Medien kein Vorgang zu privat und kein „Framing“ zu peinlich. Der jüngste Auswuchs ist beim „Spiegel“ zu finden. Dem einstigen „Sturmgeschütz der Demokratie“, das längst zum Sturmgeschütz der Regierung geworden ist und dabei allzu oft die Demokratie schädigt. Aktuell beschäftigt sich das Magazin ausführlich mit einem Vorfall, der in meinen Augen Privatsache ist. Und – in diesem Fall besonders pikant – eher zur „Bild“-Zeitung passen würde als zu einem Medium, das sich zumindest selbst als Nachrichtenmagazin versteht.
Besonders pikant ist der „Bild“-Stil, weil es um den früheren Chefredakteur der „Bild“-Zeitung geht: Julian Reichelt. Als der allzu laut die damalige Kanzlerin Angela Merkel kritisierte, stürzte er über eine „Sex“-Affäre. Das Perfide daran: Alle Vorwürfe waren unterhalb der Grenze der Strafbarkeit. Merkel-Kritiker sahen sich an Methoden der „Zersetzung“ erinnert, wie sie die Stasi perfektioniert hatte. Reichelt wurde öffentlich an den Pranger gestellt und als Person „zersetzt“. Federführend war dabei der „Spiegel“. Er agierte gegen Reichelt wie ein medialer Auftragskiller.
Und der schießt jetzt nach. Schon der Titel eines langen Beitrags über Reichelt ist so gewählt, dass er die Assoziation eines Vorgangs aus dem Bereich Kriminelles weckt: „Julian Reichelt und der Vorfall im ICE 553“. Sodann ist im Vorspann die Rede davon, Reichelt sei „mit dem Gesetz in Konflikt“ geraten. Was bei eiligen Lesern – und das ist heute die Mehrheit – hängen bleibt, ist klar. Und irreführend. Denn hier wird ein – mutmaßliches – privates Fehlverhalten geradezu kriminalisiert. Und andere große Medien, die sich auf die Bekämpfung von Regierungskritikern spezialisiert haben, wie „T-Online“ und der „Tagesspiegel“ zogen sofort nach.
Kollegiale Schadenfreude
Die Häme gegen den Ex-Chefredakteur, der mittlerweile einen milliardenschweren Sponsor gefunden hat und mit großer Finanzkraft ein eigenes Medienprojekt betreibt, tropft aus allen Zeilen. Schon der Einstiegssatz des Artikels macht das deutlich: „Julian Reichelt ist ein Freund von Recht und Ordnung.“ Und weiter: „Das ändert sich offenbar dann, wenn es einmal um Reichelts eigene Verfehlungen geht.“
Was Reichelt angestellt hat? Weswegen er erneut an den „Spiegel“-Pranger geriet? Weil er am vergangenen Freitag im ICE 553 von Koblenz nach Berlin laut dem Blatt „zwar ein Onlineticket für die Fahrt“ hatte, „sich aber gegenüber dem Zugpersonal nicht mit einem Lichtbildausweis ausweisen“ konnte. Was für ein Vergehen! Wie schrecklich! Natürlich ist das einen Bericht wert! Der „Spiegel“ beruft sich denn auch gleich auf mehrere „Augenzeugen“. Merkwürdig, dass es davon gleich mehrere gab und sich diese allesamt beim Spiegel meldeten. Reichelt bestreitet die Darstellung und wirft dem „Spiegel“ vor, zu lügen (siehe PS).
Weiter heißt es in dem Bericht: „Ob er irgendeinen Nachweis bei sich trage, soll eine Beamtin den früheren ‘Bild‘-Chef gefragt haben. Einen Führerschein vielleicht? Einen abfotografierten Ausweis auf dem Handy? Nein und nein? Auch rund eine Viertelstunde später, als die zuständige Schaffnerin noch einmal nachfragte, konnte oder wollte Reichelt kein Dokument vorzeigen, beschwerte sich Augenzeugen zufolge stattdessen lautstark über die Deutsche Bahn.“ Weiter heißt es in dem Bericht: „Mehrfach habe Reichelt laut Augenzeugen lamentiert, dass ihn das Personal doch kennen müsse, er sei einer der bekanntesten Journalisten Deutschlands. Der Zugchef soll ihm schließlich gesagt haben, er kenne ihn leider nicht, zudem sei das auch unerheblich – die Regeln seien für alle gleich.“
Aufgeheizte Stimmung
Die Situation habe sich hochgeschaukelt, so der „Spiegel“. Das Zugpersonal habe schließlich die Bundespolizei hinzugezogen, „die den Journalisten am Berliner Hauptbahnhof abholte und auf die Wache begleitete, um seine Identität festzustellen.“ Reichelt habe sich „dabei unkooperativ gezeigt und die Polizisten durchgehend mit seinem Handy gefilmt“, so der „Spiegel“, erneut unter Berufung auf einen Augenzeugen: „Die Stimmung sei aufgeheizt gewesen, der renitente Journalist habe die Wache schließlich nach rund einer Viertelstunde wieder verlassen dürfen.
Wirklich? Der Augenzeuge wartete eine halbe Stunde und weiß, dass Reichelt die Wache erst dann verlassen durfte, und nicht früher? Allwissende Augenzeugen – ein Schelm, wer dabei an den Spiegel-Journalisten Claas Relotius denkt, der auch regelmäßig passende Augenzeugen parat hatte. Weiter schreibt das Blatt: „Reichelt reagierte nicht auf eine Anfrage des SPIEGEL. Bundespolizei und Deutsche Bahn erklärten, man könne sich aus Persönlichkeitsgründen nicht äußern.“
Sodann betreibt das Blatt noch weiter „Framing“ gegen den Journalisten: „Dass Reichelt die Deutsche Bahn verachtet, ist nicht neu. Auf seinem YouTube-Kanal bezeichnete er die Firma als ‘Trümmerhaufen der Nation‘, das ‘dysfunktionalste, kaputteste und hoffnungsloseste Unternehmen Europas'“. Das mag polemisch sein, aber Polemik ist im Journalismus zulässig. Ich schätze sie weitaus mehr als das Regierungs-Bauchpinseln á la „Spiegel“. Der schreibt weiter, im Stile eines Strebers, der eine Denunziation über einen Mitschüler verfasst: „Während der Coronabeschränkungen stritt sich der Journalist mit Angestellten der Bahn darum, wieso Ungeimpfte einen Schokoriegel zwar im Bistro, nicht aber im Abteil essen dürften.“
Nicht jedermanns Liebling
Werte Kolleginnen und Kollegen vom Spiegel – ich bin Reichelt dankbar, dass er sich wegen solcher Sachen mit Angestellten der „Bahn“ gestritten hat. Dass er nun unter Verweis darauf, dass er einer der bekanntesten Journalisten des Landes sei, seinen Lichtbildausweis nicht vorzeigen wollte, mag nicht unbedingt ein Umstand sein, der ihm Sympathiepunkte einbringt. Aber daraus durch Faming einen „Konflikt mit dem Gesetz“ zu machen, halte ich für manipulativ.
Ein Journalist muss nicht jedermanns Liebling sein, sondern seinen Job gut machen. Und das tut Reichelt ohne Zweifel. Wenn jemand dabei bescheiden bleibt und demütig, ist das in meinen Augen überaus lobenswert und vorbildlich. Aber: Es ist in meinen Augen dennoch Privatsache. Genauso wie das Gewicht von Ricarda Lang. Obwohl die im Gegensatz zu Reichelt ein öffentliches Amt hat und damit ganz andere Maßstäbe gelten als bei einem Privatmann wie Reichelt.
Warum ich hier ausgerechnet auf die Grünen-Chefin komme? Weil sich gerade ein „Spiegel“-Journalist massiv empörte darüber, dass der Komiker Dieter Nuhr Witze über Langs Äußeres machte. Wobei diese wohlgemerkt selbst anderen Leuten vorgeben will, was sie zu essen haben – und damit ihr Äußeres selbst auf die politische Ebene hebt. Aber mit so einer Differenzierung ist das heutige „Spiegel“-Personal offenbar intellektuell überfordert. Ideologie geht vor. Und die frisst bekanntlich Hirn.
PS: Hier die Stellungnahme von Julian Reichelt
Ausschreibung zur Fahndung durch die Polizei, Kontenkündigungen, Ausschluss aus der Bundespressekonferenz: Wer in Deutschland kritisch berichtet, sieht sich Psychoterror ausgesetzt. Und braucht für den Spott der rot-grünen Kultur-Krieger nicht zu sorgen. Ich mache trotzdem weiter. Auch, weil ich glaube, dass ich Ihnen das schuldig bin. Entscheidend fürs Weitermachen ist Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, trotz der ganzen Schikanen weiterzumachen! Ganz, ganz herzlichen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung, und sei es nur eine symbolische!
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Der „Great Reset“ – was wirklich dahinter steckt und warum der „große Umbau“ so brandgefährlich ist: