Heuchelei in Österreich: politisch korrekte Corona-Aufarbeitung Scheuklappen in Wien

Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger

„Der Standard“ ist eine österreichische Tageszeitung, die manche als liberal oder auch linksliberal bezeichnen – bei dem heutigen erbärmlichen Zustand des politischen Liberalismus vielleicht sogar eine zutreffende Charakterisierung, da Liberale in unseren Tagen nichts lieber tun, als sich als Erfüllungsgehilfen für verheerende linke Politik zur Verfügung zu stellen. Für diesen Standard schreibt seit mehr als 25 Jahren der Journalist – man sollte nicht ganz vergessen, dass sich jeder so nennen darf – Hans Rauscher seine Kolumnen, woraus man die Vermutung ableiten darf, dass er mit seinen Überzeugungen nicht allzu weit von der Blattlinie entfernt ist.

Am 25. Juli 2023 hat er unter dem Titel „Was wurde aus der „Aufarbeitung“ der Corona-Maßnahmen?“ seine Ideen zu einer sinnvollen Aufarbeitung eben dieser Maßnahmen zum Besten gegeben. Nach einigen Absätzen über einen „in Oberösterreich sehr bekannten Aktivisten gegen die Covid-Maßnahmen …, der mit zahlreichen Auftritten und Aufrufen gegen Impfen, Maskentragen und Lockdowns einigen Erfolg hatte“, kommt der Kolumnist zur Sache und erklärt uns, wie er sich die Aufarbeitung vorstellt.

„Wenn wir an einer ernsthaften Aufarbeitung dieses einschneidenden Ereignisses namens Covid-Pandemie interessiert sind (die uns ja der Kanzler versprochen hat – wo ist die?), dann sollten wir uns darauf einigen, ein paar Grundfakten anzuerkennen:

Dass es sich um eine Pandemie handelt, die laut WHO weltweit mindestens 20 Millionen Tote und in Österreich rund 22.000 Tote gefordert hat; dass viele Menschen noch an den Langzeitfolgen leiden; die Maßnahmen – Impfen, Maskentragen, auch Lockdowns – grundsätzlich richtig waren und wir nicht irgendwelchen Verschwörungstheorien („Impfdiktatur“) nachhängen sollten; dass es bei der Planung und Umsetzung zu Fehlern gekommen ist – teils aus Überforderung durch eine neue Situation, teils aus politischen Überlegungen; dass es einige „falsche Propheten“ gab und gibt, die längst diskreditiert sind (Sönnichsen, Haditsch, Bhakdi, Arvay etc.); und schließlich dass die seriösen Medien gewissenhaft gearbeitet, Fachleute interviewt, die Politik hinterfragt und im Wesentlichen ihren Job getan haben.

Wenn wir uns auf das einigen können, steht einer ordentlichen Aufarbeitung nichts im Wege.“

Ich habe Rauscher hier wörtlich und ungekürzt zitiert, damit sich jeder ein Bild von seinen originellen Vorstellungen machen kann. Sind sie nicht ganz besonders wegweisend und zukunftsorientiert? Nach einer kleinen Kritik am österreichischen Bundeskanzler, wo denn wohl die Aufarbeitung bleibe, stellt er die „Grundfakten“ zusammen, auf deren Basis nach seiner Ansicht eine echte und „ordentliche“ Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen gelingen kann. Und diese Fakten stimmen erstaunlicherweise mit all dem überein, was man uns drei Jahre lang immer und immer wieder wahrheitswidrig und gegen jede Vernunft einzubläuen versucht hat, als ob nicht inzwischen die Haltlosigkeit all dieser Voraussetzungen, all dieser vermeintlichen „Grundfakten“ klar zu Tage getreten wäre. Aber die Methode ist beachtlich, warum hat man das nicht schon früher gemacht? Zum Beispiel nach dem Fall der Berliner Mauer, nach dem Untergang der DDR, an die bedauerlicherweise in der heutigen rot-grünen Bundesrepublik nur allzu viel erinnert. Alle Maßnahmen zum Aufbau des Sozialismus waren doch „grundsätzlich richtig“, natürlich gab es bei der „Planung und Umsetzung“ Fehler, die Gegner des Sozialismus waren „falsche Propheten“, die „längst diskreditiert sind“, und selbstverständlich haben seriöse Medien wie „Neues Deutschland“ oder „Der Schwarze Kanal“ genauso gewissenhaft gearbeitet wie „Der Standard“, indem sie Fachleute wie Erich Mielke befragt und „im Wesentlichen ihren Job getan haben“.

Alibi-Veranstaltung

Man steht voller Bewunderung vor der Weisheit des Kolumnisten, der hier eine allgemeine Methode zur Aufarbeitung unangenehmer Teile der Vergangenheit entwickelt hat, die insbesondere am Ende jeder Diktatur und in jedem Teil der Welt einsetzbar ist. Nur dass man „Grundfakten“ – wie nennt man eigentlich die anderen Fakten, die keine Grundfakten sind? – nur dann vertreten kann, wenn man in den letzten drei Jahren nichts anderes als den „Standard“ gelesen hat, vielleicht gelegentlich aufgelockert durch „Zeit“ und „Spiegel“, und sie jede Form von Aufarbeitung zwangsläufig zu einer reinen Alibi-Veranstaltung werden lassen. Anderen Leuten stellt sich die Lage anders dar, und sie haben auch ohne Zweifel ein anderes Bild von den „Grundfakten“. Beispielsweise das folgende, das man durch eine leichte Variation der kolumnistischen Äußerungen erhält.

Dass es sich um eine PCR-Pandemie handelte, die zweifellos weltweit und auch in Österreich Tote gefordert hat, die aber niemand beziffern kann, weil nie auf brauchbare Weise zwischen „verstorben an Covid“ und „verstorben mit Covid“ unterschieden wurde und Verstorbene mit positivem PCR-Test freihändig zu Covid-Toten erklärt wurden; dass viele Menschen noch an den Langzeitfolgen der Maßnahmen leiden, aber bis heute keine brauchbare Definition der Covid-Langzeitfolgen in Form von „Long Covid“ vorliegt; dass die Maßnahmen – Impfen, Maskentragen, auch Lockdowns – grundsätzlich falsch und schädlich und unverhältnismäßig waren und wir nicht irgendwelchen Entschuldigungstheorien („Wir konnten es ja nicht besser wissen“) nachhängen sollten, weil man es selbstverständlich schon seit langer Zeit besser hätte wissen können; dass es bei der Planung und Umsetzung der übergriffigen Maßnahmen zu Fehlern gekommen ist – teils aus völliger Unfähigkeit des sogenannten Führungspersonals, teils aus politischen Überlegungen, weil man so eine schöne Gelegenheit zum Testen und am besten auch gleich zum Einführen totalitärer Strukturen nicht ungenutzt vorbeiziehen lassen durfte; dass es einige „falsche Propheten“ gab und gibt, die längst diskreditiert sind (Drosten, Wieler, Brinkmann, Lauterbach etc.); und schließlich dass die sogenannten seriösen Medien nicht im Mindesten gewissenhaft gearbeitet und stattdessen Scharlatane interviewt, die Politik niemals hinterfragt und ihren Job keineswegs getan haben.

Und um noch einmal Hans Rauscher zu zitieren: „Wenn wir uns auf das einigen können, steht einer ordentlichen Aufarbeitung nichts im Wege.“

Missgeschick mit Folgen! 

Nicht nur journalistisch ist man nicht vor Fehlern gefeit – auch im Alltag. Und da leider noch keine wasserdichten Computer erfunden sind, hat ein aufs Notebook gekipptes Wasserglas schwerwiegende Folgen. Aktuell laufe ich deswegen technisch quasi auf „Reserve“. Beim Artikel-Tippen ist das halbwegs okay, aber nicht beim Video-Schnitt. Deshalb muss ich leider um etwas Geduld bitten – und möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken, die mir mit ihrer Unterstützung meine Arbeit (und Arbeitsgeräte) erst ermöglichen!
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

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Bild: Shuttesrtock
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

 

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