Von Ekaterina Quehl
In einem altsowjetischen Witz stürmt ein Mann in eine Poliklinik und fordert an der Anmeldung:
– Ich brauche einen Ohren-Augen-Arzt.
– So einen gibt es nicht. Es gibt HNO und einen Augenarzt.
– Nein, nein, nein, mir geht es um einen Ohren-Augen-Arzt!
– Genosse, was haben Sie denn? Schmerzen an den Augen?
– Nein, mein Sehvermögen ist völlig in Ordnung.
– Probleme mit den Ohren?
– Nein, das nicht.
– Also wen brauchen Sie dann?
– Einen Ohren-Augen-Arzt!
– Aber wozu denn?
– Na, wozu wohl? Im Radio höre ich eines, aber im echten Leben sehe ich etwas völlig anderes!
So wie dem Genossen mit seiner sonderbaren Krankheit geht es auch manchmal mir. Der Umgang mit der Realität in unserem Lande macht mir zunehmend Sorgen: Corona-Impfung sei nebenwirkungsfrei, Politiker können sich nicht an ihre Worte erinnern, besonders wenn sie vor einem Untersuchungsausschuss stehen, kalt sei heiß und Messerverbotszonen helfen gegen Messergewalt.
Und wenn jemand merkt, dass es nicht so ist, kann er einfach so tun, als ob es so wäre. Und manche tun es so eifrig, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob wir tatsächlich in einem Land leben, in dem es keine importierte Gewalt und keine Wohlstandsvernichtung gibt, stattdessen aber Hitze und mehrere Dutzend Geschlechter. Kein Wunder, dass diese leidenschaftliche Disziplin des „Als-ob-Lebens“ auf Freizeitbeschäftigungen übergreift.
Hobby-Horsing und Hobby-Dogging sind zwei Hobbys, die perfekt in unsere Ersatz-Realität passen.
Zwar besteigen „Hobby-Reiter“ ihre Pferde schon lange, aber diese Beschäftigung irritiert mich jedes Mal, wenn ich über sie lesen oder hören muss. Und das – obwohl ich davon überzeugt bin, dass jeder Mensch sich „sein Pläsierchen“ gönnen darf, wenn es sonst niemanden stört.
Das Hobby-Horsing erlaubt einem, im vollen Ernst mit einer Pferdekopf-Puppe zu galoppieren und so zu tun, als ob man ein Pferd reitet.
„Beim Hobby Horsing reiten die Teilnehmer nicht auf echten Pferden, sondern auf sogenannten Hobby Horses – liebevoll gestalteten Steckenpferden. Ursprünglich als Kinderspiel entstanden, hat sich diese Sportart in den letzten Jahren zu einer weltweiten Bewegung entwickelt.
Erwachsene schätzen daran vor allem den Ausgleich zum stressigen Alltag. Die Kombination aus körperlicher Bewegung, kreativem Ausdruck und geselligem Miteinander sorgt für Spaß und steigert gleichzeitig Ausdauer, Koordination und Fitness. Auch ohne echtes Pferd beansprucht Hobby Horsing den ganzen Körper. Beim Springen über Hindernisse wird die Muskulatur gekräftigt, beim Dressur-Training die Beweglichkeit verbessert. Ausdauer und Kondition wachsen mit jedem Training“, steht auf hobbyhorse24.de
Inzwischen gibt es Hobby-Horsing-Verbände, -Gemeinschaften, Wetten und natürlich zahlreiche Geschäfte, in denen man das wertvolle Zubehör kaufen kann: Von Steckenpferden, Ställen, Seilsets, Halfter, Ohrenkappen bis hin zu Pferdeäpfeln (aus Filz, 10,95 Euro für 5 Stück). Nun ja, realitätsnahes Ausmisten gehört nun mal zum realitätsnahen Pferdebesitz dazu.
Doch so sehr mich „Hobby-Reiter“ wundern, wundern mich „Hobby-Gassigeher“ noch mehr. Denn beim Hobby-Dogging muss man nicht mal im Besitz eines „Stecken-Hundes“ sein, um so tun, als ob man einen Hund hätte. Es reicht einfach Luft mit einer Leine dran. Doch selbst das muss gelernt sein. Wenn „die Luft“ mal etwas schneller läuft, dann läuft man eben auch etwas schneller „mit“ oder man versucht, sie im Zaun zu halten. Und sollte sie ihr Geschäft machen wollen – ob groß oder klein – sei es ihr natürlich in der Gänze der Vorstellungskraft ihres Herrchens gegönnt.
Um in vollen Genuss des realitätsnahen Eskapismus zu kommen, bietet es sich an, einen entsprechenden Hobby-Dogging-Kurs zu absolvieren. Zum Beispiel bei einer Hundetrainerin in Heilbronn, bei der man „Haltung, Gassi-Routine oder Leinen-Kontrolle“ lernen kann.
Die Deutschen sind verloren. Das ist die natürliche Selektion.
Die jungen machen Hobbyhorsing oder rennen mit einem Lenker durch den Wald oder mit Stöcken den Berg im Slalom runter und die, die zu alt zum Hüpfen sind, machen Hobbydogging.Kein Migrant ever käme auf die Idee… pic.twitter.com/ZEZXiPh8iA
— ₿itcoin Minimalist ⚡️ ∞/21M (@BTC_Minimalist_) October 21, 2025
Bei genauerer Betrachtung können solche Hobby-Beschäftigungen sehr vorteilhaft sein. Man tut so, als ob man etwas tut, obwohl man es nicht tut. Und man fühlt sich dabei gut. Sie könnten sogar eine Art Training für eine viel größere gesellschaftliche Meisterschaft sein: das konsequente Leben ohne etwas, das man trotzdem so behandelt, als wäre es da. Wäre es nicht eine perfekte Vorlage für ein glückliches Leben in einer „Sharing-Economy“-Welt, in der wir laut WEF nichts besitzen, aber trotzdem glücklich sein werden?
Wie wäre es mit Hobby-Wohning? Eine Wohnung gibt es nicht, dafür aber einen Schlüssel und eine robuste Vorstellung einer Wohnung. Man könnte sogar Kurse anbieten, bei denen sich „Wohnende“ vorstellen lernen können, wie man eine Wohnung einrichtet, sie korrekt heizt und lüftet und dort Ordnung macht.
Oder Hobby-Arbeiting? Bürgergeld-Empfänger können beispielsweise so tun, als ob sie jeden Tag zur Arbeit gehen und Geld verdienen. Und wie das genau geht, können sie in realitätsnahen Simulationen lernen – gefördert vom Jobcenter, versteht sich.
Hobby-Autoing könnte gerade in Erwartung all der klimafreundlichen Veränderungen in unseren Städten ein gutes Training für realitätsnahes Autofahren sein. Schlüssel rein und Gas geben! – Natürlich simuliert. Doch auch in diesem Bereich will klimafreundlicher Eskapismus gelernt werden. Theorie für Verkehrsregeln und Fahrstunden sollen natürlich dazu gehören. Für besonders ambitionierte „Hobby-Fahrende“ würden Luft und Liebe völlig ausreichen, um sich selbst als Verkehrsteilnehmer zu empfinden. Für Menschen, deren Vorstellungskraft etwas begrenzt ist, könnte man Stecken-Autos aus recycelten Wahlplakaten basteln.
Der Genosse aus dem sowjetischen Witz dachte, er sei krank, weil das, was er hörte, nicht zu dem passte, was er sah. Heute halten viele Menschen genau diesen Zustand für vollkommen normal. Mehr noch – sie streben sogar danach – nach einer perfekten Simulation des eigentlichen Lebens – realitätsnah, eskapistisch und natürlich klimafreundlich. Wäre der Genosse nicht aus einem Witz, würde er sich wahrscheinlich im Grab umdrehen.
❆ WEIHNACHTSGABE ❆
FÜR KRITISCHEN JOURNALISMUS
Im Dezember 2019 ging meine Seite an den Start – damals mit einem alten Laptop am Küchentisch. Heute erreicht sie regelmäßig mehr Leser als manch großer Medienkonzern. Und trotzdem: Der Küchentisch ist geblieben. Denn eines hat sich nicht geändert – meine Unabhängigkeit. Kein Verlag, keine Zwangsgebühren, keine Steuermittel. Nur Herzblut – und Sie.
Umso dankbarer bin ich, wenn Sie bei Ihren Weihnachtsgaben auch an mich denken. Jede Geste, ob groß oder klein, trägt mich weiter. Sie zeigt: Mein Engagement – mit all seinen Risiken, Angriffen und schlaflosen Nächten – ist nicht vergeblich.
1000 Dank dafür! Und eine frohe, besinnliche Advents- und Weihnachtszeit!
Der direkteste Weg (ohne Abzüge) ist die Banküberweisung:
IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71.
Alternativ sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – allerdings werden dabei Gebühren fällig. Über diesen Link
Auch PayPal ist wieder möglich.
Nicht direkt – aber über Ko-fi:
Über diesen Link
(BITCOIN-Empfängerschlüssel: bc1qmdlseela8w4d7uykg0lsgm3pjpqk78fc4w0vlx)
Wenn Ihr Geld aktuell knapp ist – behalten Sie es bitte. Mir ist wichtig, dass niemand zahlen muss, um kritisch informiert zu bleiben. Ohne Ausnahme. Gleichzeitig bin ich umso dankbarer für jede Unterstützung, die keinen Verzicht abverlangt. Egal ob groß oder klein – jede Weihnachtsgabe ist ein wertvolles Geschenk für mich und gibt mir das, was in diesen Zeiten am kostbarsten ist: Motivation und Kraft.
Dafür: Ein großes Dankeschön– von ganzem Herzen!
Meine neuesten Videos und Livestreams
CDU-Außenminister gibt jetzt die Baerbock – Moral-Wahn statt Vernunft, und wir alle zahlen den Preis
Heute Bolz – morgen Sie? Warum diese Hausdurchsuchung ein gezieltes Warnsignal an uns alle ist
Real-Satire pur: Von der Leyen lobt Freiheit – und vor ihren Augen nimmt Polizei Kritiker fest
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin und lebt seit über 20 Jahren in Deutschland. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Sie arbeitet für reitschuster.de.
Bitte beachten Sie die aktualisierten Kommentar-Regeln – nachzulesen hier. Insbesondere bitte ich darum, sachlich und zum jeweiligen Thema zu schreiben, und die Kommentarfunktion nicht für Pöbeleien gegen die Kommentar-Regeln zu missbrauchen. Solche Kommentare müssen wir leider löschen – um die Kommentarfunktion für die 99,9 Prozent konstruktiven Kommentatoren offen zu halten.
Mehr von Ekaterina Quehl auf reitschuster.de




