Von Kai Rebmann
Am Mittwoch findet in Neuwied (Rheinland-Pfalz) einmal mehr der sogenannte „Sternmarsch“ statt. Unter dem Motto „Neuwieder Schulen für Demokratie“ werden Kinder und Jugendliche auf die Straße geschickt, um für die Regierung und gegen die Opposition zu demonstrieren. Da der Marsch zwischen 10 und 13 Uhr stattfinden soll, und damit während der Schulzeit, ist davon auszugehen, dass die Teilnahme für alle Schüler verpflichtend ist. Dieser Hintergrund ist auch wichtig, um die seitens der Organisatoren erwartete Zahl von 3.000 Teilnehmern richtig einordnen zu können.
Von den Grundschulen über Realschule und Gymnasium bis hin zur Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige wird in Neuwied an diesem Tag wirklich alles mobilisiert, was um diese Uhrzeit eigentlich die Schulbank drücken sollte. Die Kinder und Jugendlichen werden aus allen Himmelsrichtungen kommend gen Kirmeswiese im Stadtteil Heddesdorf ziehen, wo dann ab 11:30 Uhr die zentrale Abschlusskundgebung mit Musik und Redebeiträgen geplant ist.
Demo-Aufruf wird zum Eigentor
In Neuwied hat man durchaus Erfahrung mit derlei durchschaubaren Versuchen der Indoktrination von Schülern. Bereits im Januar wurde aktiv zur Teilnahme an einer Demonstration „gegen Rechtsradikalität und für unsere Demokratie“ aufgerufen, die offenbar am 3. Februar 2024 auf dem Luisenplatz stattfand. Im offiziellen Blog des Rhein-Wied-Gymnasiums, Demo-Aufruf wird zum Eigentordas auch heuer wieder zu den teilnehmenden Schulen gehört, heißt es in einem Beitrag vom 28. Januar 2024, dass man seitens der Schülervertretung „in die Klassen gegangen“ sei und „für die Teilnahme geworben“ habe. Die Demo fand damals, anders als jetzt, an einem Samstag statt, den Schülern war es – vom möglichen Gruppenzwang abgesehen – also mehr oder weniger freigestellt, daran teilzunehmen oder auch nicht.
Das eigentlich Bemerkenswerte an besagtem Blog-Eintrag ist aber, dass die Autorin selbst feststellen musste, dass die versuchte Indoktrination an Schulen immer weniger verfängt, dies aber gar nicht bemerkt. Januar 2024, wir erinnern uns: Es waren die Wochen, als die angebliche „Mitte der Gesellschaft“ auf den deutschen Straßen war, um gegen die „bösen Rechten“ der AfD und ihr vermeintliches „Geheimtreffen von Potsdam“ zu demonstrieren.
Dass aber eben ausgerechnet die Jung- und Erstwähler bei diesen Demos zu Hause geblieben sind, sprich die eigentliche Zielgruppe der selbsternannten „Retter der Demokratie“, zeigt eine vielsagende Passage aus dem Blog des Neuwieder Gymnasiums. Die Autorin war wenige Tage vor der Veröffentlichung ihres Beitrags eigenem Bekunden zufolge bei einer eben solchen „Demo gegen rechts“ in Koblenz und kam aus dem Staunen anscheinend gar nicht mehr heraus:
„Als ich in der Menge war und mir einen Moment nahm, um mich umzuschauen, ist mir klar geworden, dass ich als eine der wenigen Teilnehmerinnen unter 25 war und mir stellt sich die Frage: Wieso sind denn nicht mehr Menschen, VOR ALLEM Jugendliche, politisch aktiv und bereit, für ihre Vorstellungen von Zukunft, Leben in der Gesellschaft und für ihre Ideale auch öffentlich einzutreten, zum Beispiel durch die Teilnahme an Demos?“
Tickt die Jugend politisch nicht so, wie sie soll?
Vielleicht sind die Altersgenossen der jungen Schreiberin das alles sogar – nur eben nicht so bzw. auf die Art und Weise, wie die Schülerin sich das wünscht. Schon das Wahlverhalten bei der zurückliegenden EU-Wahl hat gezeigt, dass die jüngsten Bürger sehr wohl den Weg zur Wahlurne kennen, dort aber – anders als von vielen offenbar erwartet – ihr Kreuz nicht in großer Mehrheit im rot-grünen Lager machen, sondern eher das Gegenteil der Fall ist.
Sowohl dieser „Erfahrungsbericht“ aus Neuwied als auch das Ergebnis der EU-Wahl zeigen recht deutlich, dass sich Schüler immer weniger vorschreiben lassen, wie und was sie zu denken haben. Es ist vielmehr das klassische Publikum von „Tagesschau“ und Co, das sich mit Parolen wie „Mitte der Gesellschaft“ oder „Aufstand der Anständigen“ noch einfangen lässt. Die junge Generation hat andere Gewohnheiten der Informationsbeschaffung – und scheint davon auch regen Gebrauch zu machen.
Fast schon verzweifelt klingt da der Appell der Schülerin aus Neuwied, warum sie das Demonstrieren „gegen rechts“ für so wichtig erachtet. Die Bloggerin verrät aber auch noch, weshalb sie sich in ihrer Meinung so sicher ist:
„Laut der Tagesschau war der Auslöser der aktuellen Demo-Welle in Deutschland die Enthüllung des Recherchezentrums ‚Correctiv‘ über ein Geheimtreffen radikaler Rechter am 25. November 23, an dem einige AfD-Mitglieder sowie einzelne CDU-Mitglieder teilgenommen haben. Und mit der Teilnahme an diesen Demonstrationen wollen wir zeigen, dass viele Deutsche einfach nicht hinter diesen rechtsextremen Ansichten stehen und diese nicht vertreten können und wollen. Ich persönlich halte das sowohl für eine wichtige Rückmeldung an diese AfD- und CDU-Mitglieder, aber auch an die Weltöffentlichkeit.“
Na, wenn „Tagesschau“ und „Correctiv“ das sagen, dann kann es ja nur stimmen, oder? Sich einfach selbst aus wirklich unabhängigen und möglichst verschiedenen Quellen zu informieren, das wäre ja fast schon mit Aufwand verbunden, den offenbar nicht jeder betreiben möchte.
Aber zumindest am Mittwoch wird Neuwied die gewünschten Bilder in die Welt hinausschicken können. Tausende Schüler bei einem Sternmarsch „für Demokratie“, der während der Schulzeit stattfindet – viel schöner hätte man sich das auch in der DDR kaum ausmalen können.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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