Social-Scoring-Programm an Schulen: Chinesischer Weg auch in Deutschland? Nur politisch-korrekte Schulen werden gefördert

Von Kai Rebmann

Erst vor wenigen Tagen gab Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) in einem Schreiben an die Schulen in Rheinland-Pfalz bekannt, dass sie auf das Neutralitätsgebot pfeift. Nun wird man richtigerweise einwenden wollen, dass dieses vielerorts ohnehin längst nur noch auf dem Papier bestehe, bemerkenswert ist die neuerdings zur Schau gestellte Offenheit aber allemal.

Da fällt es auch schwer, an einen kuriosen Zufall zu glauben, wenn praktisch zeitgleich – mit Datum vom 12. März 2024 – ein in vielen Passagen sehr ähnlich klingendes Schreiben aus Hannover auftaucht. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) wendet sich darin an die Schulen in ihrem Bundesland und informiert einerseits über künftige Förderungsmöglichkeiten auf Basis eines sogenannten „Sozialindexes“, andererseits – natürlich und vor allem – über den „Kampf gegen rechts“.

Wie zuvor schon ihre Amtskollegin in Mainz lässt auch Willie Hamburg keinen Zweifel daran, dass die Schule „kein neutraler Ort“ sei. Gemessen am Inhalt und den darin verwendeten Formulierungen hätte dieses Schreiben ohne weiteres auch vor gut 35 Jahren in einem Politbüro in Ost-Berlin aufgesetzt worden sein können – es hätte dort keinerlei Argwohn hervorgerufen.

‚Social Scoring‘ an Niedersachsens Schulen?

Zunächst kommt die Ministerin auf die in ihren Augen fehlende Bildungsgerechtigkeit und ein damit in Verbindung stehendes „Startchancenprogramm“ zu sprechen, welches zum Schuljahr 2024/25 anlaufen soll. Hierfür stellen der Bund und das Land Niedersachsen je zu hälftigen Anteilen insgesamt rund 200 Millionen Euro für die knapp 100.000 Schüler an rund 390 Schulen zur Verfügung.

Zu den Voraussetzungen für den Zugang zu diesem Fördertopf schreibt Willie Hamburg: „Die teilnehmenden Schulen werden anhand eines Sozialindexes ermittelt und benachrichtigt. […] Das Programm soll sowohl auf der individuellen Ebene der Schülerinnen und Schüler als auch auf der institutionellen und der systemischen Ebene wirken.“

Als eine von drei Säulen des Programms wird neben Investitionen in eine „zeitgemäße und förderliche Lernumgebung“ und „Chancenbudgets für bedarfsgerechte Lösungen in der Schul- und Unterrichtsentwicklung“ als dritter Punkt auch „Personal zur Stärkung multiprofessioneller Teams“ genannt. Was darunter genau zu verstehen ist, bleibt zwar offen, lässt aber natürlich einen sehr breiten Interpretationsspielraum zu.

Denn im zweiten Teil ihres Schreibens macht die Ministerin überdeutlich, worum es an den Schulen in Niedersachsen in den nächsten Jahren vor allem gehen muss. Über die Demonstrationen „für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ schreibt die Grünen-Politikerin: „Das ist ein beeindruckendes, aber auch erforderliches Signal aus der Mitte der Gesellschaft, darunter auch von vielen Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften. Demokratie- und Menschenfeindlichkeit ebenso wie Geschichtsrevisionismus entgegenzutreten ist eine demokratische Pflicht.“

Damit trifft Willie Hamburg den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. Für nicht wenige Schüler war es tatsächlich eine „Pflicht“, sich an den Demonstrationen zu beteiligen – sei es, weil „Demonstrieren gegen rechts“ kurzerhand auf den Stundenplan gesetzt worden war oder aber mehr oder weniger unverhohlener Druck ausgeübt wurde. Da sind die Schulen in diesem Land ja bekanntlich keine Ausnahme (siehe hier).

Ein „wichtiges Anliegen“ ist der Ministerin eigenem Bekunden zufolge auch, all jene zu bestärken, die sich für die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ einsetzen bzw. für das, was Willie Hamburg dafür hält. Daher gelte: „Die Schule ist in dieser Hinsicht kein neutraler Ort: Grundlegende demokratische Werte wie die Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit und Solidarität, Pluralismus und Gleichberechtigung sind verbindlich für die Demokratisierung an Schulen.“

‚Faktenfinder‘ als Hüter der Wahrheit

Diesen Punkten wird man kaum widersprechen wollen, jedenfalls nicht grundsätzlich. Bei der Frage, wie diese jeweils auszulegen bzw. zu definieren sind, da gehen die Ansichten bisweilen jedoch auseinander. So schließt etwa der Pluralismus nicht nur das Vorhandensein einer Vielfalt von Meinungen ein, sondern ausdrücklich deren Akzeptanz. Und da scheinen die Grenzen bei der für die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ streitenden Ministerin aus Hannover sehr eng gesetzt zu sein:

„Gerade in diesem Zusammenhang wird auch der richtige Umgang mit Desinformation an den Schulen immer entscheidender. Fake News tragen nicht nur zu Verunsicherungen und Polarisierungen bei, sie verunmöglichen zugleich Debatten und demokratische Aushandlungsprozesse. Damit stellen sie einen gefährlichen Angriff auf unsere Demokratie und auch den Schulalltag dar.“

Diese Sätze überraschen, denn „Debatten und demokratische Aushandlungsprozesse“ mit Andersdenkenden sind in der rot-grünen Blase ja gerade nicht erwünscht – und worüber will man dann debattieren? Unfreiwillig komisch ist dann auch die Empfehlung aus Hannover, wie und vor allem wo sich Schüler idealerweise über den Wahrheitsgehalt missliebiger Inhalte informieren sollen:

„Es gibt dazu verschiedene Portale, die Fake News benennen und dabei unterstützen, eine kritische Auseinandersetzung mit diesen zu ermöglichen. Hierzu gehört beispielsweise die Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung sowie der Faktenfinder der Tagesschau, aber auch die App ‚konterbunt‘ der Landeszentrale für politische Bildung, die dabei unterstützt, Stammtischparolen zu kontern.“

Was nach betreuter Demokratie klingt, ist genau das: Zweimal Bundes- bzw. Landeszentrale für politische Bildung Niedersachsen, die unter der Aufsicht des Bundesinnenministeriums bzw. des Landesministeriums für Wissenschaft und Kultur (beide SPD-geführt) stehen, und einmal Tagesschau – viel enger kann der „zulässige“ Meinungskorridor wohl kaum gesetzt werden.

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