Von Kai Rebmann
Der Journalist und Schriftsteller Behzad Karim Khani wurde 1977 in Teheran geboren und lebt seit 1986 in Deutschland. So richtig angekommen scheint der Iraner in seiner neuen Heimat aber bis heute nicht zu sein. Anders ist es wohl kaum zu erklären, wenn der in Berlin wohnhafte Publizist in einem Kommentar über die Ausschreitungen in der Silvester-Schlacht Sätze wie diese schreibt: „Nicht unsere Rohheit, die den stumpfen Gewaltexzessen unserer Kinder ein Nährboden geworden ist. Nicht die Obszönität unserer Ablehnung. Nicht unsere Ideenlosigkeit, unsere Perspektivlosigkeit, Lustlosigkeit, unsere Teilnahmslosigkeit. Nicht unser geducktes Knurren und nicht die geballten Fäuste in unseren Hosentaschen. Aber vielleicht hilft es, unser gesundes Misstrauen und unseren fehlenden Respekt vor dem Staat und seinen Repräsentanten zu begreifen.“
Nein, liebe Leser, Sie haben sich nicht verlesen, und diese Zeilen stammen auch nicht aus irgendeinem linksextremen Kanal bei Telegram. Sie wurden genau so in der „Berliner Zeitung“ veröffentlicht. Und dabei handelt es sich nur um den Schlusspunkt, den Khani unter einen Hetzartikel setzt, in dem insbesondere zum Hass gegen Israel und „Biodeutsche“ aufgerufen wird. Dabei führt der Publizist seine Leser nicht nur ganz bewusst in die Irre und verdreht Tatsachen, sondern wendet sich in bemerkenswerter Offenheit gegen jede Bemühung um die Integration von Ausländern. Bereits die Überschrift „Integriert euch doch selber!“ spricht hier eine sehr deutliche Sprache.
Das Narrativ vom deutschen Antisemitismus
Behzad Karim Khani beginnt seine Ausführungen mit dem Wühlen in der deutschen Geschichte. Besonders die beiden Weltkriege und der seiner Einschätzung zufolge in seiner Wahlheimat nach wie vor allgegenwärtige Rassismus haben es dem Publizisten angetan. Natürlich dürfen in diesem Zusammenhang die reichlich klischeehaften Hinweise auf „faschistische Chats der Polizei“, die „verschwundene Munition bei der Bundeswehr“ oder die „Abgründe des Staates und seines Geheimdienstes, der die NSU-Taten erst vertuscht und anschließend deren Akten verschließt“ auf keinen Fall fehlen. Wer könne es Migranten da noch verdenken, „dass sie nicht so erpicht darauf sind, sich mit dieser Gesellschaft zu identifizieren?“, fragt Khani, der seit mehr als drei Jahrzehnten in und vor allem von eben dieser Gesellschaft lebt.
Richtig problematisch wird es dann allerdings, als der Schriftsteller auf den Antisemitismus in Deutschland zu sprechen kommt. Den „Biodeutschen“, wie er seine Gastgeber gerne nennt, bescheinigt der Iraner insbesondere mit Blick auf das Dritte Reich eine mangelhafte Vergangenheitsbewältigung. Dieses vermeintliche Versagen lasse sich daran ablesen, dass „keine einzige Synagoge, keine jüdische Schule und auch kein jüdisches Altersheim ohne Polizeischutz auskommt.“ Es stimmt schon, Juden können auch im Jahr 2023 immer noch nicht oder – besser gesagt – nicht mehr sicher in Deutschland leben. Antisemitische Straftaten werden hierzulande aber in den seltensten Fällen von „Biodeutschen“ begangen, sondern sehr viel öfter von arabischen Migranten.
Schon im zweiten Absatz seines sogenannten „Kommentars“ macht Khani also deutlich, um was es gehen soll und vor allem, um was nicht. Nicht die Abbildung irgendwelcher vermeintlicher Realitäten steht im Vordergrund, sondern die Verbreitung von Ideologie und Hetze. Das Narrativ vom „antisemitischen Biodeutschen“ wird dabei natürlich nicht zuletzt dadurch gestützt, dass Straftaten gegen Juden im Zweifel als „rechts motiviert“ in die Kriminalität einfließen.
Thilo Sarrazin und der Bauchgefühlrassismus
Gerade als man sich darüber zu wundern beginnt, dass sich jetzt ausgerechnet ein Iraner zum Anwalt der Juden aufschwingen will, bekommt Khani die ideologische Kurve doch noch. Die Sonnenallee in Berlin, also der zentrale Schauplatz der Silvester-Schlacht, sei bei ihm und seinen in Kreuzberg und Neukölln lebenden Landsleuten nur als „Gazastreifen“ bekannt. Denn hierher würden viele Menschen aus dem Nahen Osten fliehen. Die Anzahl dieser Flüchtlinge steige proportional dazu, „je rechtsradikaler und extremistischer jener Staat wird“, behauptet Khani. Den „Biodeutschen“ bescheinigt der iranische Populist eine Begeisterung und Unterstützung für jenen Staat, „der in den von ihm besetzten Gebieten Apartheid ausübt.“ Offenbar ist Khani nicht einmal willens, Israel, also den Namen „jenes Staates“, in den Mund zu nehmen bzw. zu Papier zu bringen.
Dann stellt der BZ-Kommentator klar, dass die in Deutschland lebenden Migranten „so einfach nicht weggehen werden“, ehe er sich wieder an seine Gastgeber richtet: „Und Sie, liebe Biodeutsche, auch nicht. Wobei, demografisch gesehen, gehen Sie durchaus weg. Sie sterben weg, und Ihr Land braucht für die kommenden 15 Jahre circa 400.000 neue Arbeitskräfte, das heißt ungefähr eine Million Einwanderer pro Jahr. Wir Migranten werden dieses Land wohl erben.“
Wohl nicht ganz zufällig knöpft sich der Iraner kurz darauf noch Thilo Sarrazin vor. Der Bestseller-Autor von Büchern wie „Deutschland schafft sich ab“ und „Feindliche Übernahme“ hat genau jene Entwicklungen und Zukunftsperspektiven prognostiziert und vorgerechnet – nur eben schon vor mehr als zehn Jahren. Genau deswegen war der Ex-Sozialdemokrat auf das Schärfste kritisiert, verurteilt und schließlich aus seiner Partei geworfen worden. Und obwohl Khani die von Sarrazin getroffenen Feststellungen ganz offensichtlich teilt bzw. damit droht, unterstellt er seinem ungleich erfolgreicheren Kollegen und dessen Lesern einen „ekelhaft stumpfen Bauchgefühlrassismus.“
Auch wenn Behzad Karim Khani in seinem „Kommentar“ das Gegenteil propagiert und einen Keil zwischen Migranten und „Biodeutsche“ treiben will, so bleibt eines dennoch Fakt: Wer als Iraner (oder sonstiger Ausländer) auf Dauer in Deutschland (oder einem sonstigen Gastland) leben will, der wird sich über kurz oder lang an die jeweils geltenden Gepflogenheiten anpassen müssen. Das gilt selbstverständlich auch umgekehrt. Und genau deshalb wurden auf dieser Seite auch die teilweise scheinheiligen Belehrungen gegenüber Katar kritisiert. Man darf die Zustände in dem Emirat durchaus kritisieren – ja, man muss das wohl sogar – aber wer dort Urlaub machen oder sogar leben will oder zum Beispiel eine Fußball-WM dorthin vergibt, der muss sich bewusst machen, dass im arabischen Kulturraum eben andere Sitten herrschen.
Von derartigen Einsichten scheint der BZ-Kommentator aber noch meilenweit entfernt zu sein. Und so schreibt Khani über Deutschland und den arabischen Israeli Ahmad Mansour, einen der bekanntesten Kritiker des Antisemitismus in der islamischen Gesellschaft: „Dort, wo einem Ahmad Mansour, den wir auf der Straße – frei nach Onkel Tom – Onkel Mansur nennen und für den wir nicht viel mehr übrighaben als Spott, ein Bundesverdienstkreuz für seinen Einsatz in Sachen ‚Integration‘ verliehen wird.“ Es setzt der Selbstentlarvung wohl die Krone auf, wenn das Wort „Integration“ gerade in diesem Zusammenhang ganz bewusst in Anführungszeichen gesetzt wird.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog. Bild: Amrei-Marie, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia CommonsMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de