Corona macht krank, Corona kann töten.
Corona ist schlimm, verändert die Gesellschaft und das Leben. Darüber berichten wir. Geschichten, die Corona schreibt. Geschichten, die es nicht in die Medien schaffen. Wir geben Zahlen einen Namen und eine Seele. Die Serie „Kollateralschaden“ basiert auf Berichten Betroffener der Coronapolitik, damit keiner sagen kann: „Das haben wir nicht gewusst!“
Wir schreiben auf: Johanna Wahlig (Politologin, Journalistin, Unternehmerin) und Frank Wahlig (Historiker und 30 Jahre ARD-Hauptstadtkorrespondent) recherchieren für reitschuster.de. Wer aus seinem beruflichen oder privaten Leben einen „Kollateralschaden“ melden möchte: Vertraulich und persönlich, per E-Mail an [email protected].
Lars
Von Johanna und Frank Wahlig
Lars ist 1989 geboren. Ein sportlicher Typ. Beliebt bei Frauen und Freunden gleichermaßen. Er ist von Herzen hilfsbereit und positiv. „Er taucht sein Umfeld in ein helles und freundliches Licht“, schwärmen seine Freunde. Lars wird ein Opfer Coronas. Opfer des Virus ohne Virus.
Den Abschiedsbrief geben Lars‘ Eltern Annette zu lesen. Annette ist „Trauerrednerin“. Sie sieht nicht aus, wie man sich eine „Trauerrednerin“ vorstellt. Annette ist Pianistin, Kampfsportlerin, Trainerin und … Trauerrednerin. Seit achtzehn Jahren begleitet sie Kinder, Eltern, Angehörige auf dem letzten Weg. „Nicht jedes Begräbnis kann man sich merken“, sagt sie. Die Geschichte von Lars aber würde sie nicht vergessen.
Den Abschiedsbrief geben die Eltern Annette zu lesen. „Eine Anklageschrift gegen diesen Wahnsinn, der diesem Land und seinen Menschen zugemutet wird“, sagen die Eltern.
Lars ist Anfang 20 als er Leukämie bekommt. Er begegnet der Krankheit mit viel Mut und Zuversicht. Lars kämpft sich ins Leben zurück. Der Krebs scheint besiegt. Lars schaut optimistisch in die Zukunft. Familie und Freunde unterstützten ihn auf diesem Weg. Doch die Angst, wieder zu erkranken, begleitet ihn jeden Tag. Die Angst sollte nicht zum Lebensinhalt werden, nimmt er sich vor. Lars wird immer optimistischer. Krankheit und Angst scheinen besiegt.
Dann kommt Corona.
In Lars‘ Familien- und Freundeskreis heißt es Kurzarbeit, einige verlieren ihren Job.
Lars erfährt aus den Medien, dass das alleinige Maskentragen nicht ausreicht und dass sich alle noch mehr anstrengen müssten, um eine Katastrophe zu verhindern.
„Corona-Dauerfeuer“ in den Medien. Horrormeldungen der Politik. Wettbewerb an Schutzmaßnahmen der Regierungen. Meldungen über neue Infektionszahlen. Krankheitsverläufe und Todeszahlen auf allen Kanälen. Jeden Tag, jede Stunde. Keine Perspektive, kein Ende in Sicht. Lars informiert sich im Fernsehen rund um die Uhr. Lars fehlt die Kraft für Hoffnung. Er sieht keine Perspektive.
Kontakte vermeiden, heißt die Anweisung aus der Politik. Lars bleibt allein mit seiner Angst. Lars trifft sich nicht mehr. Lars hat Angst vor Anderen. „Jeder kann ein potenzieller Infizierter sein.“ Jeder könnte ihn anstecken. Die Regierung warnt. Die Virologen im Fernsehen warnen. Die Politiker warnen.
Lars malt sich aus, wie diese „neue Normalität“ wohl so weitergehen würde. Was, wenn ein neues Virus käme? Die Virologen hätten dies schon prognostiziert. Lars‘ Angst vor Siechtum und Sterben kommt zurück. Jeden Tag mehr und mehr.
Er beginnt, sich vor dem Leben zu fürchten. Mehr als vor dem Tod. Lars geht zu den Gleisen und stellt sich vor den Zug.
Zu Lars‘ Beerdigung sind vierzehn Menschen zugelassen in der Kapelle. Sie tragen Masken. Sie trösten sich nicht. Sie nehmen sich nicht in den Arm. Sie halten Abstand. Auch sie haben Angst vor dem Leben.
Flatterbänder, Absperrungen, Hinweistafeln weisen Mindestabstände aus. Die Kapelle, Bild einer „Baustelle“ im Kerzenmeer.
PS: Die Berliner Feuerwehr hat im aktuellen Jahr einen massiven Anstieg bei Einsätzen unter dem Einsatzpunkt „Beinahe Strangulierung/ Erhängen, jetzt wach mit Atembeschwerden“ zu verzeichnen. Während es 2018 sieben solcher Einsätze und 2019 drei gab, waren es 2020 allein bis Oktober 294 Einsätze. Auf Nachfrage in der Bundespressekonferenz von reitschuster.de nach aktuellen Suizid-Zahlen in Deutschland teilte das Gesundheitsministerium mit, solche lägen derzeit nicht vor.
PS: Wir haben uns in diesem Fall entschieden, über das Thema Suizid zu berichten – insbesondere, weil eine große gesellschaftliche und politische Relevanz vorhanden ist. Leider kann es passieren, dass depressiv veranlagte Menschen sich nach Berichten dieser Art in der Ansicht bestärkt sehen, dass das Leben wenig Sinn habe. Sollte es Ihnen so ergehen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge. Hilfe finden Sie bei kostenlosen Hotlines wie 0800-1110111oder 0800 1110222.
Text: Johanna und Frank Wahlig
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