Landgericht: Ich muss aus Bundespressekonferenz draußen bleiben Entscheidung gegen mich stellt mich vor viele Rätsel

Das Landgericht Berlin hat meinen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen meinen Ausschluss aus der Bundespressekonferenz zurückgewiesen. Ich werde mich hier und in meinem Video zu der Entscheidung aus juristischen Gründen auf Anraten meines Anwalts, des brillanten Norman Gelbert, den mir glücklicherweise Henryk Broder empfohlen hat, sehr nüchtern äußern – und meine Emotionen zurückhalten, so gut es geht. Die Begründung finde ich – diplomatisch ausgedrückt – überaus bemerkenswert. Unter anderem sieht das Gericht keine Eilbedürftigkeit bei meinem Antrag – was die Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung wäre. Mit anderen Worten: Die Richter halten es für zumutbar, dass ich auf den normalen Gerichtsweg verwiesen werde, der jahrelang dauern kann. Normalerweise wird bei einer solchen Entscheidung auch abgewogen, für wen ein Abwarten die größere Zumutung wäre. Finden die Richter, es wäre für die Bundespressekonferenz schlimmer, wenn ich wieder Fragen stellen dürfte, oder wäre es für mich schwerwiegender, mundtot gemacht zu werden? Ich bin hauptberuflich Journalist, die Bundespressekonferenz war mein wichtigster Arbeitsplatz. Ich habe dort die Fragen gestellt, die viele meiner Millionen Leser interessieren. Ist es in den Augen der Richter nicht eilbedürftig, dass ich meinen Beruf als Journalist ohne Einschränkung ausüben darf? Ist es in den Augen der Richter nicht eilbedürftig, dass Millionen Leser ihre Fragen auf der Bundespressekonferenz gestellt haben wollen? Ist es in den Augen der Richter nicht eilbedürftig, dass in der Bundespressekonferenz die Regierung auch von unabhängigen Journalisten kontrolliert wird?

Der noch entscheidendere Punkt für die Richter war aber, dass ich zu selten in Berlin sei. Der Wohnsitz spiele zwar keine Rolle, so heißt es in der Entscheidung – schließlich konnte ich nachweisen, dass auch andere Mitglieder der Bundespressekonferenz wie ich in weit entfernten Städten leben, aus denen Berlin teilweise erst nach mehrstündigen Autofahren zu erreichen ist. Entscheidend war für die Richter, dass ich nicht oft genug in Berlin sei. Ein bis zweimal im Monat, wie es bei mir selbst in Corona-Zeiten der Fall war, reichte dem Landgericht nicht aus. Offenbar unabhängig davon, wie lange ich jeweils da war. Dass ich eines der Mitglieder bin, die mit am häufigsten in die Bundespressekonferenz kamen, dass ich auch bei Abwesenheit fast immer online teilnahm und meine Fragen stellte – spielt all das nach Ansicht der Richter keine Rolle? Ebenso wie die Tatsache, dass selbst von den innerhalb Berlins wohnenden Mitgliedern viele nicht einmal einen Bruchteil so oft an den Bundespressekonferenzen teilnahmen wie ich, oder gar nicht?

Ich fasse zusammen: Es ist nach Ansicht des Landgerichts nicht wichtig, wo man seinen Wohnsitz hat (sonst hätte ich Gleichbehandlung für mich in Anspruch nehmen können), es ist auch nicht wichtig, ob und wie oft man an der Bundespressekonferenz teilnimmt, wie oft man Fragen stellt – einzig und allein ist entscheidend, dass man die meiste Zeit in Berlin ist und physisch von dort aus arbeitet. Wie das bei den Mitgliedern, die so gut wie nie teilnehmen an den Bundespressekonferenzen und den Wohnsitz außerhalb Berlins haben, nachgewiesen ist, bleibt mir ein Rätsel. Oder bei den Karteileichen, die zwar in Berlin leben, aber gar nicht (mehr) oder so gut wie nicht mehr journalistisch arbeiten? Die Auslegung der Satzung durch das Gericht bleibt mir ein Rätsel. Einziger Bezug zu einem Ort ist dort, dass man „aus Berlin oder Bonn“ berichten muss. Wo im Internet-Zeitalter der Unterschied liegt, ob man das jenseits oder diesseits der Stadtgrenze tut, wird mir für immer ein Buch mit sieben Siegeln sein. An fast allen Bundespressekonferenzen teilzunehmen wiegt also weniger schwer, als sich nie auf einer sehen zu lassen, aber ständig in Berlin zu sein. Ich verstehe das nicht.

Wie die ganze Entscheidung – das muss ich ganz offen gestehen, auch wenn meinem Anwalt so viel Emotion nicht passen wird. Aber ich verkneife mir hier ohnehin schon genug.

Die letzte Hoffnung im Eilverfahren vor einem normalen Rechtsweg, der sich wohl jahrelang hinziehen würde, vor allem in Berlin, sind nun die Richter des Kammergerichts. Denn ich will gegen die Entscheidung des Landgerichts unbedingt vorgehen – vorbehaltlich der Zustimmung meines Anwalts, der noch am Prüfen ist. Wenn Sie mir dabei helfen wollen, mein Recht durchzusetzen und gegen den Maulkorb weiter vorzugehen, damit ich wieder Ihre kritischen Fragen an die Bundesregierung stellen kann, freue ich mich über Ihre Unterstützung – via Paypal, Überweisung oder Patenschaft.

Hier geht es zu meinem Video-Kommentar:

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DAVID
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
Bild: Boris Reitschuster/Ekaterina Quehl
Tex: br

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