Von Kai Rebmann
Die Wissenschaft ist sich einig, dass …! Diese sechs einleitenden Worte kommen in aller Regel dann zum Zug, wenn im zweiten Halbsatz eine bestimmte Ideologie im Gewand eben dieser – tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen – Wissenschaft als feststehender Fakt verkauft werden soll. Bekannte Beispiele für diese in bestimmten Kreisen inzwischen sehr weit verbreitete Methodik sind der „menschengemachte Klimawandel“ oder die „Übersterblichkeit während der Corona-Pandemie“.
Die Wahrheit ist indes eine andere: Wissenschaft lebt gerade vom Diskurs, nicht selten auch von sich gegenseitig ausschließenden Thesen, und entwickelt sich ständig weiter. Was gestern noch als gesichert galt, kann schon morgen vollständig widerlegt sein. Jedenfalls galt das in den letzten Jahrhunderten und machte zahlreiche Errungenschaften der modernen Forschung überhaupt erst möglich.
Heute jedoch sind diese Gesetzmäßigkeiten außer Kraft gesetzt. Man scheint zwischen „guter“ und „schlechter“ Wissenschaft unterscheiden zu müssen. „Gut“ ist, was politisch und/oder ideologisch gewollt ist, „schlecht“ hingegen ist alles, was diesem Mainstream zuwiderläuft. Verstärkt wird dieses Phänomen seit einigen Jahren noch durch das Wirken selbsternannter „Faktenchecker“, die für sich nicht weniger in Anspruch nehmen, als die Wahrheit gepachtet zu haben.
ARD und ‚Rheinische Post‘ üben den Schulterschluss
Anschauungsunterricht, wie das Diffamieren missliebiger Meinungen heutzutage funktioniert, lieferten dieser Tage einmal mehr die Faktenchecker der „Tagesschau“ und die Kollegen der „Rheinischen Post“. Im Mai 2023 veröffentlichten Christof Kuhbandner und Matthias Reitzner eine Studie zur Übersterblichkeit in Deutschland in den Jahren 2020 bis 2022. Die Arbeit sorgte jedoch bereits im August 2022 für Aufsehen (reitschuster.de berichtete) und legt nahe, dass die Übersterblichkeit eben nicht mit den Corona-Infektionen zu erklären ist, sondern stattdessen ein Zusammenhang mit der Impfkampagne deutlich plausibler erscheint.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen August 2022 und Mai 2023 bestehen darin, dass die Studie vor einem Jahr als Preprint publiziert worden war. Inzwischen sind die von Kuhbandner und Reitzner gewonnenen Erkenntnisse von sieben Fachexperten begutachtet und nicht beanstandet worden. Die Studie darf sich also mit dem „Peer Review“-Siegel schmücken, das in der Wissenschaft als Gold-Standard gilt und auch die Voraussetzung für eine Veröffentlichung in seriösen Fachzeitschriften ist.
Dessen ungeachtet scheinen die Ergebnisse der „Übersterblichkeitsstudie“ einigen Kollegen schwer im Magen zu liegen. So versuchte etwa Martin Kessler, Ressortchef für Politik bei der „Rheinischen Post“, die Reputation der beiden Autoren in Misskredit zu bringen. Auch diese Methodik ist wohlbekannt: Wem auf der Sachebene die Argumente ausgehen, der muss es zwangsläufig auf der persönlichen Ebene versuchen.
Die Diffamierung beginnt im Fall der „RP“ bereits in der Überschrift: „Corona-Leugner geben keine Ruhe – die neue Offensive der Impfgegner!“ Im weiteren Verlauf äußert Kessler die Ansicht, dass man die Studie „angesichts der zweifelhaften Statistik und der umstrittenen Reputation der beiden Autoren“ am besten ignorieren sollte. Schließlich komme es auf die Meinung dieser beiden „Außenseiter“ jetzt „nach dem Ende der Pandemie nicht mehr an.“
Davon, dass die Studie einem aufwändigen Peer-Review-Verfahren unterzogen wurde, erfahren die RP-Leser ebenso wenig wie von der Tatsache, dass auch zwei Statistiker von der LMU München keine handwerklichen Fehler festgestellt haben. Göran Kauermann und Giacomo De Nicola lassen sich von der „BZ“ wie folgt zitieren: „Der methodische Teil der Arbeit einschließlich der Ergebnisse ist sorgfältig durchdacht und erläutert. Die Autoren berücksichtigen und diskutieren wirklich jede Wahl, jeden Aspekt, jede Entscheidung, mit der sie konfrontiert wurden, und erläutern ihre Entscheidungen transparent.“
Selbstentlarvung am laufenden Band
Weshalb Kessler dann aber trotzdem über diese Studie berichtet hat – wo er sie doch angeblich ignorieren wollte –, wird sein Geheimnis bleiben. Mehr als entlarvend ist auch die Meinung, dass es „nach dem Ende der Pandemie“ nicht mehr darauf ankomme, worauf die Übersterblichkeit in Deutschland zurückzuführen war bzw. ist. Ahnt da jemand, dass Kuhbandner und Reitzner mit ihren Annahmen vielleicht doch nicht so falsch liegen?
Und auch diese Feststellung ist wichtig: Die beiden Professoren sprechen – soweit es einen möglichen Zusammenhang zwischen Übersterblichkeit und Impfung betrifft – von „empirischen Anhaltspunkten“, nicht aber von „Fakten“.
In einem Gastbeitrag, den die beiden Wissenschaftler für die „BZ“ verfasst haben, wird das so erläutert: „Ebenso ist der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Beginn der Impfungen und dem Anstieg der Übersterblichkeit ein empirischer Fakt, den man nicht wegdiskutieren kann. Wie diese Fakten aber hinsichtlich der möglichen Gründe für die Übersterblichkeit zu interpretieren sind, ist wissenschaftlich bisher nicht geklärt. Hier liefert unsere Studie empirische Anhaltspunkte, aber keine Fakten.“
Dem Kollegen Kessler werfen Kuhbandner und Reitzner vor, die beiden oben genannten Ebenen „ständig zu vermischen, um sich unliebsamen Fragen nicht stellen zu müssen.“ Zur vom „RP“-Politikchef aufgestellten Behauptung über die vermeintlich fehlende Reputation schreiben die beiden Autoren:
„Matthias Reitzner hat mehr als 50 peer-reviewed wissenschaftliche Fachartikel in hochrangigen internationalen mathematischen Zeitschriften publiziert und ist anerkannter Aktuar. Christof Kuhbandner kommt auf eine ähnliche Zahl von peer-reviewed Fachartikeln in den renommiertesten internationalen Fachzeitschriften der Psychologie, die oft mit komplexer Statistik arbeiten. Beide sind Fachgutachter für zahllose wissenschaftliche Fachzeitschriften und Institutionen wie die deutsche, israelische und amerikanische Forschungsgesellschaft.“
Faktenchecker stellen Pappkameraden auf
Wenn es darum geht, vermeintlich ketzerische Forschung zu widerlegen, dürfen auch die mit Zwangsgebühren alimentierten „Faktenchecker“ des ÖRR nicht fehlen, in diesem Fall die der „Tagesschau“. Der selbsternannte „Faktenfinder“ Pascal Siggelkow versucht dabei gar nicht erst, seine per Medienstaatsvertrag eigentlich verpflichtend einzuhaltende Neutralität zu wahren.
Gleich zu Beginn werden die Autoren mit der sogenannten „Querdenker-Bewegung“ in Verbindung gebracht und damit implizit in die Ecke der Verschwörungstheoretiker gedrängt. Sodann wird erläutert, wo die Studie überall erschienen ist, welche alternativen Medien alles darüber berichtet haben und wie sich verschiedene Kommentatoren dazu geäußert haben.
Soll wohl heißen: Alles, was nicht den Weg in die „Tagesschau“ schafft, muss als Verschwörungstheorie verworfen werden. Dabei behaupten Kuhbandner und Reitzner nicht einmal – jedenfalls nicht sie selbst –, dass ihre Studie einen kausalen Zusammenhang zwischen Impfung und Übersterblichkeit abschließend belege. Sie weisen nur darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe und es Anhaltspunkte dafür gebe, die dies durchaus wahrscheinlich erscheinen lassen.
Und so beschränkt sich ARD-„Faktenfinder“ Siggelkow auch ganz darauf, nur handverlesene Experten zu Wort kommen zu lassen, die sich kritisch zur vorliegenden Studie äußern – und teilweise auch Behauptungen widerlegen, die Kuhbandner und Reitzner selbst so nie aufgestellt haben.
Da wäre sie dann also wieder, die viel beschworene und vermeintlich gesicherte Erkenntnis: DIE Wissenschaft ist sich einig, dass die Übersterblichkeit in Deutschland – und nicht nur da – nur mit den Corona-Infektionen zu erklären ist!
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Mein Dechiffrier-Video über die Methoden von Markus Lanz hat das ZDF dreimal auf Youtube sperren lassen. Der Schuss ging nach hinten los. Ich habe es im freien Internet auf Rumble hochgeladen. Da wurde es sage und schreibe 6,5 Millionen Mal aufgerufen. Offenbar, weil die Algorithmen „kritische“ Inhalte nicht ausbremsen wie bei Youtube. Ein Leser rechnete aus, dass damit mehr Zuschauer meine kritische Analyse der Sendung gesehen haben als die Sendung selbst. Auch mein Dechiffriert-Video zu dem Hetzstück des ZDF über Hans-Georg Maaßen wurde auf Rumble 6,2 Millionen Mal geklickt. Das macht Mut! Aber es kostet auch sehr viel Zeit und Energie – im konkreten Fall eine Nachtschicht. Umso dankbarer bin ich für Ihre Unterstützung. Ohne die wäre meine Arbeit nicht möglich, weil ich weder Zwangsgebühren noch Steuermillionen bekomme, und auch keinen Milliardär als Sponsor habe. Dafür bin ich unabhängig!
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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