„Arznei-Notstand: Ärztechef will Medikamenten-Flohmärkte“ – unter dieser Überschrift habe ich vor acht Tagen hier darüber berichtet, dass in Deutschland ein bedrohlicher Mangel an Arzneimitteln herrscht. Sogar Fiebersaft für Kinder ist inzwischen schwer zu finden. Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt ging so weit, dass er deswegen Medikamenten-Flohmärkte in der Nachbarschaft forderte – und die Nutzung von Medikamenten, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Zustände, wie man sie eigentlich nur aus der dritten Welt kennt.
Fast parallel zu dieser dramatischen Entwicklung gibt es eine neue Nachricht – wobei ich lieber sagen würde: Wird eine neue Sau von unseren Medien durchs Dorf geritten. Ausgerechnet von dem selben Bundesärztekammer-Präsident. Er fordert, den Hinweis „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ in der Arzneimittelwerbung geschlechterneutral zu formulieren. „Die gesetzlich vorgegebene Formulierung passt nicht mehr in die Zeit“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland – zu dessen Eigentümern die SPD gehört. Ein Ablenkungsversuch vom Versagen des SPD-Gesundheitsministers?
Hand aufs Herz, liebe Leserinnen und Leser: Stehe ich auf dem Schlauch und ticke nicht mehr richtig, oder ist es nicht nur absurd, sondern frivol, dass jetzt das Thema „geschlechterneutrale Bezeichnungen“ in der Arzneimittelwerbung hoch gekocht wird, während wichtige Arzneimittel fehlen? Vom selben Ärztefunktionär, der gerade noch Flohmärkte für Medikamente und das Ignorieren von Mindesthaltbarkeitsdaten forderte? Ist das Absicht, um von den Missständen abzulenken? Dummheit? Instinktlosigkeit?
Es kommt noch dicker. Und hier kommen wir zum Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, dem sein früherer Pandemie-Busenfreund Christian Drosten gerade das Lieblingsspielzeug weggenommen hat mit seiner Aussage, die Pandemie sei beendet. Lauterbach sollte sich in meinen Augen jetzt Tag und Nacht darum kümmern, die Arzneimittel-Versorgung wieder sicher zu stellen und den Medikamenten-Mangel zu beseitigen. Doch was macht er? Er äußert sich in Sachen „geschlechterneutrale Arzneimittelwerbung“.
Die „Bild“, die offenbar keine wichtigeren Themen hat, schreibt: „Schluss mit ‘Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker – Lauterbach will Arzneimittel-Warnhinweise gendern.“ Der Minister wünscht sich, dass „Ärztinnen ausdrücklich genannt“ werden, sagte er zur „Bild“. Das entspreche „der Realität der Versorgung“. Weil die Hälfte der Ärzte und noch mehr Apotheker Frauen seien. Das „generische Maskulinum“ haben Lauterbach und Co. offenbar nicht begriffen.
Man weiß nicht, worüber man sich mehr ärgern soll. Über Ärztefunktionäre und Politiker, die sich um Ideologie statt um Gesundheit bzw. Medikamente sorgen. Oder um willfährige Journalisten, die bei diesem Irrsinn mitmachen und munter Nebelgranaten werfen.
Man kann den Irrsinn in einen einzigen Satz fassen: Uns fehlen lebenswichtige Medikamente, aber dafür kämpfen wir für das Gendern in der Medikamentenwerbung.