Bedingt einsatzfähig – Feuerwehr und Rettungsdienste schlagen Alarm Immer mehr Einsätze bei zu wenig Personal

Von Daniel Weinmann

Es sind Zustände, die man bislang vor allem mit Entwicklungsländern in Verbindung brachte. Doch sie passen zum maroden Gesundheitssystem im – von den gebührenfinanzierten Medien unwidersprochenen – „besten Deutschland aller Zeiten“: Diesem Land gehen die Medikamente aus, während erschreckend viele Kliniken am Limit sind. Als wäre dies nicht genug, klagen die Rettungsdienste in der ganzen Republik über Personalnot – bei gleichzeitiger Zunahme der Einsätze.

Exemplarisch dafür steht die Bundeshauptstadt, über die die „Neue Zürcher Zeitung“ erst an diesem Freitag ätzte: „Berlin bleibt dysfunktional – Deutschlands Hauptstadt kann noch nicht einmal ihre Weihnachtsbäume schützen.“ Die bissige Polemik bezog sich auf Klimaextremisten, die – unbehelligt von den Ordnungshütern – vor dem Brandenburger Tor einen Weihnachtsbaum absägten. Als Gipfel des Berliner Versagens küren die Kollegen derweil die vergeigte Wahl im vergangenen Jahr.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Nun zeigt sich in der Hauptstadt, welche Konsequenzen es hat, wenn Rettungsdienste und Feuerwehren hoffnungslos überlastet sind. Immer mehr Unfallopfer bekommen kaum noch Hilfe, bisweilen droht der Zusammenbruch. „Mich würde nicht wundern, wenn bereits Menschen gestorben sind, weil kein Rettungswagen verfügbar war“, sagte Manuel Barth von der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft Berlin-Brandenburg der „Welt“. Der Ausnahmezustand sei zum Normalzustand geworden.

Bundesweit fehlen bis zu 10.000 Einsatzkräfte

Als Ausnahmezustand gilt, wenn die Rettungswagen zu mindestens 80 Prozent ausgelastet sind und nicht mehr binnen zehn Minuten zum Einsatz kommen. In der rot-rot-grün regierten Hauptstadt war dies im zu Ende gehenden Jahr mehr als 300 Mal der Fall – was nicht einmal ein trauriges Novum darstellt: Schon 2019 bemängelte der Rechnungshof eine „bedingte Einsatzfähigkeit“.

Die Folgen sind dramatisch: Möglicherweise hätte ein 15 Jahre altes Berliner Mädchen noch gerettet werden können, wenn der Rettungswagen nicht erst nach 20 Minuten die Unfallstelle erreicht hätte. Es war bei einem schweren Unfall unter einem Bus eingeklemmt worden. Statt der geplanten 140 waren aber nur 104 Rettungswagen im Dienst. „Die Berliner Feuerwehr befand sich am 10.12.2022 seit 10.55 Uhr im Ausnahmezustand Rettungsdienst“, teilte die Feuerwehr später mit, „zum Zeitpunkt der Alarmierung zu dieser Einsatzstelle standen keine Rettungswagen mehr im Stadtgebiet zur Verfügung“. „Berlin braucht 1000 Einsatzkräfte mehr“, rechnet derweil Feuerwehr-Gewerkschafter Manuel Barth vor. Bundesweit fehlen bis zu 10.000 Einsatzkräfte.

Verschärft wird die prekäre Situation durch die seit vielen Jahren stetig steigende Zahl von Notrufeinsätzen. Nicht wenige sind Bagatellfälle, die die Rettungsdienste zusätzlich belasten. Häufig aus purer Hilflosigkeit wählen immer mehr Menschen die Notrufnummer 112, selbst wenn gar kein Notfall vorliegt.

„Es gibt leider auch Bürger, die eine falsche Vorstellung vom Rettungsdienst haben und ihn bewusst rufen, um mal etwas abklären zu lassen, weil eine fachliche Meinung eingeholt werden soll oder um schneller ins Krankenhaus zu kommen“, bringt es Kevin Grigorian von der Johanniter-Unfall-Hilfe auf den Punkt.

»Noch nie zuvor habe ich mich so wenig respektiert gefühlt«

Für Marco König liegen die „wirklichen Ursachen dieses kranken Systems“ an anderer Stelle. Der Vorsitzende des Berufsverbands Rettungsdienst fordert in der „Welt am Sonntag“, den Rettungsdienst bei Gesetzesvorhaben innerhalb der Notfallversorgung stärker zu berücksichtigen. Er finde zu wenig Beachtung. Vor diesem Hintergrund sei es kein Wunder, dass jeder zweite Auszubildende im Rettungsdienst nur noch fünf bis zehn Jahre im Beruf bleibe. Dafür sind laut einer Umfrage des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst vor allem die zu geringen Aufstiegsmöglichkeiten und zu wenig Gehalt verantwortlich.

„Nach jetzt 30 Dienstjahren als Notfallsanitäter/Praxisanleiter/Fachwirt Gesundheitswesen/Wachleiter bereite ich meinen Ausstieg vor“, spricht ein Betroffener im Leserforum der „Welt“ Klartext. „Noch nie zuvor habe ich mich so wenig respektiert gefühlt, allen voran von einer Politik, die ihre eigenen Interessen über das stellt, wofür sie die Bürger eigentlich gewählt haben.“

Der altgediente Sanitäter wünscht sich, „dass jeder, der im Gesundheitsbereich arbeitet, den Respekt bekomme, den sich die Patienten von ihren Helfern so sehr wünschen und fordern. Es wäre schön zu sehen, dass man eine Anrechnung seiner Dienstjahre auf den Renteneintritt bekommt. Hier muss die Politik mit an Lösungen arbeiten und so auch Respekt zurückgeben, den wir in jedem Dienst den Menschen entgegenbringen.“

Besser könnte man die derzeitige politische Lage – nicht nur in diesem Bereich – kaum auf den Punkt bringen.

Mein Video-Tipp:

Zur Fahndung ausgeschrieben: Hinter Polizei-Aktionen gegen mich steckte der WDR. Mit Ihren Gebühren. Hier mein Video mit neuen Details:

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Boris Reitschuster

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