Montpellier: Selbstjustiz und bürgerkriegsähnliche Zustände Hunderte Jugendliche in Migranten-Getto nach Todesfall außer Rand und Band

Sucht man die Stadt „Montpellier“ in der Google-Nachrichtensuche (*), kommt man nur auf eine einzige Fundstelle über das, was dort passiert ist – und was eigentlich die Medienlandschaft aufrütteln sollte: die Zeitung „Welt“ (Stand: Mittwoch, 12.30 Uhr). Über die Krawalle nach dem WM-Halbfinale in der Stadt, bei der marokkanische Fans eine tragende Rolle spielten (wenn man das so formulieren darf) und den gewaltsamen Tod eines 14-Jährigen dort wurde zwar berichtet, wenn auch eher beiläufig. Nicht jedoch – bis auf die „Welt“ – auf die noch viel erschütternderen Folgen.

Dabei zeigt schon die Überschrift des Springer-Blattes, welche Tragweite die Ereignisse dort haben: „Frankreich: Selbstjustiz mit Kalaschnikow – Bürgerkriegsähnliche Szenen in Montpellier.“ Weiter heißt es im Vorspann des Artikels: „Nach dem WM-Spiel Frankreich-Marokko wird ein 14-Jähriger in Montpellier von einem Auto überfahren. Der Fahrer, ein Rom, flieht. Hunderte marokkanisch-stämmige Jugendliche suchen ihn und üben Selbstjustiz, die Stadt ist im Ausnahmezustand. Eine lokale Ausnahme?“

Genau diese Schlüsselfrage stelle auch ich mir. Ist das, was da gerade in Montpellier passiert, unsere Zukunft? Auch in Deutschland, wo die Justiz ja gerade bei Gewaltverbrechen – und wenn die Angeklagten einen Migrationshintergrund haben – zu oft zu kaum nachvollziehbarer Milde neigt. Dass Kinderschänder und Vergewaltiger auf freiem Fuß bleiben, ist alles andere als eine Seltenheit (siehe Überblick hier). Selbst ein Frauenmörder kam frei – weil die Justiz überlastet war (siehe hier). Auch wenn es ein großes Tabu ist, drängt sich hier die Frage auf: Was wird geschehen, wenn das Opfer einmal aus einem gewaltbereiten Milieu stammt und nicht zu den „länger hier Lebenden“ gehört, die sich mit allem abzufinden scheinen?

Die zweite Frage, die sich mir stellte, war, was ein „Rom“ ist. Eine Bildungslücke meinerseits. Im weiteren Text wird es klar: Ein Angehöriger der Volksgruppe der „Sinti und Roma“, von denen manche sich darüber ärgern, dass das Wort „Zigeuner“ heute auf dem Index steht (siehe hier). Wer Bildungslücken wie ich hat, kann sich also nicht auf den ersten Blick erschließen aus dem Text der „Welt“, dass es sich um einen Konflikt und Selbstjustiz zwischen Roma und Marokkanern handelt.

„Was war geschehen? Das Drama hatte sich am Mittwoch nach dem Abpfiff des Fußballspiels um 22:15 Uhr ereignet. Eine Gruppe von Jugendlichen hatte sich auf der Hauptstraße des Viertels La Paillade-Mosson in Montpellier versammelt und nach Augenzeugenberichten versucht, die Frankreichfahne eines weißen Citroen 4 wegzureißen“, wie die „Welt“ schreibt: „Die jugendlichen Marokko-Fans hatten das Fahrzeug offensichtlich eingekreist. Auf einem Video in den sozialen Netzwerken kann man sehen, wie der Fahrer eine scharfe Kurve über die Straßenbahngleise macht, Gas gibt und zwei Jugendliche brutal umreißt. Der eine steht wieder auf, der andere, in weißer Jogginghose, bleibt liegen. Es ist der vierzehnjährige Aymen.“

Nach dem Täter, also dem Fahrer des weißen Citroen 4, der zunächst selbst Opfer war, nämlich des Fan-Mobs, wird noch gefahndet. La Paillade-Mosson liegt im Nordwesten von Montpellier. „Es ist ein typisches Einwanderungsviertel, wie es viele in den Vorstädten französischer Großstädte gibt“, wie die „Welt“ schreibt: „Seit gut zehn Jahren ist dort von sozialer Mischung nicht mehr viel zu spüren. 90 Prozent der rund 20.000 Bewohner von Mosson sind marokkanische Einwanderer oder marokkanischen Ursprungs. Auch eine kleine Gemeinschaft von Sinti und Roma lebt dort.“

‘Urbane Guerilla‘

Fernand Maraval, der Sprecher dieser Gemeinschaft berichtete von Attacken auf seine Leute, rief zu Ruhe auf und warnte vor einer „urbanen Guerilla“. Maraval (Spitzname: Yaka) warnte in einer Regionalzeitung: „Wir sind von einer Gruppe von 200 bis 300 Jugendlichen angegriffen worden, von denen einige mit Kalaschnikows bewaffnet waren.“

Zustände, wie man sie aus der Dritten Welt kennt. Mitten in Frankreich.

„Die Leute haben dermaßen Angst, dass sie das Viertel verlassen haben“, sagte Maraval der Zeitung. „Er hatte sich daraufhin mit dem Imam und der Familie von Aymen getroffen“, so die „Welt“: „Gemeinsam haben sie die Jugendlichen ermahnt, Ruhe zu bewahren. Die Eltern betonten in einer Presseerklärung ihr Vertrauen in die ‘Institutionen der Republik, in Polizei und Justiz‘.“

Dieses Vertrauen haben aber offenbar die „200 bis 300 Jugendlichen“ mit Kalaschnikows nicht. Sie scheinen andere Autoritäten zu haben. Sie hörten dem Bericht zufolge „scheinbar vor allem auf Aymens großen Bruder Saïd, der sich über ein Megafon an die Jugendlichen wandte“, und sie zur Ruhe aufforderte. „Es herrscht wieder Ordnung“, versicherte Huges Moutouh, Präfekt der Region Hérault, nachdem zwei Nächte lang Sondereinheiten der Polizei im Einsatz waren, so die „Welt“. Was die Zeitung so nicht schreibt, aber zwischen den Zeilen klar wird. Die „‘Institutionen der Republik, in Polizei und Justiz“ konnten aus eigener Kraft nicht mehr für Ruhe und Ordnung sorgen – sondern nur dank eines Aufrufs eines Betroffenen aus dem Milieu, der dort Autorität hat.

‘Lokaler Unfall‘

Während in Deutschland die große Mehrheit der Menschen dank des Schweigens der Medien gar nichts von dem ganzen Wahnsinn erfährt, läuft in Frankreich die Beschwichtigungsmaschine. „Während die französische Publizistin Céline Pina das Drama und die Attacken als Beleg für die ‘fortschreitende Tribalisierung der Gesellschaft‘ nimmt, spricht der Anthropologe Marc Bordigoni von einem ‘lokalen Unfall‘“, schreibt die „Welt“: „Beide Gruppen würden in Montpellier seit Jahrzehnten friedlich zusammenleben, so Bordigoni. Auch aus Polizeiquellen heißt es, dass es in der Vergangenheit keine ethnisch gefärbten Zusammenstöße gegeben habe.“

Wäre es nicht zum Heulen, wäre es zum Lachen, wie hier beschwichtigt wird und die Menschen für dumm verkauft werden. Als Besonderheit wird herausgestellt, was die Selbstverständlichkeit sein sollte. Und so getan, als kämen solche Zustände – ein Lynchmob mit Kalaschnikows, dem die Polizei zwei Tage nicht Herr wird – aus dem Nichts und würden morgen wieder im Nichts verschwinden.

Rechtsextreme im Fokus

Die „woken“ Medien in Frankreich sind auch schon am Framen, was das Zeug hält. Die Abendzeitung „Le Monde“ zitiert laut „Welt“ einen jungen Mann der Roma-Gemeinschaft mit den Worten: „So etwas hat es hier noch nie gegeben, wir haben hier friedlich zusammengelebt. Die Maghrebiner haben uns zu ihren Hochzeiten eingeladen und wir sie zu unseren. Wir haben uns gegenseitig vertraut. Die einzigen, die von dieser Sache profitieren, sind die Rechtsextremen“, so der junge Mann.

Was für eine dreiste und geschickte Manipulation! So als sei das Problem mögliche Feindschaften zwischen Roma und Marokkanern. Nicht darum geht es. Das Problem ist das fehlende Vertrauen in den Staat und die Gewaltbereitschaft. Und genau davon lenken die Manipulateure in Staat und Medien ab.

Auch die „Welt“ manipuliert kräftig mit: „Was nur ein Spiel war, sollte sich als Test erweisen, wie es um die französische Einwanderungsgesellschaft bestellt ist. Bis auf das Drama in Montpellier hat ihn Frankreich insgesamt gut bestanden.“

Journalistische Schweigespirale

Wie bitte? Nach fast jedem Marokko-Spiel bei der WM heftige Randale, teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände, und das soll ein gut bestandener Test sein? Wird die „Welt“ hier Opfer der journalistischen Schweigespirale? Wenn über die Konflikte nur auf Sparflamme berichtet wird in Deutschland, kann man natürlich leicht glauben, der „Test“ sei gut überstanden.

Es ist dieses Wegsehen, Schweigen und Beschwichtigen, das in meinen Augen ganz maßgeblich mitverantwortlich ist für die beschriebene Zustände. Und dafür, dass sich diese verschlimmern werden – eben wegen des Wegsehens. Beunruhigende Aussichten.

*) Meine Seite wurde aus der Google-Nachrichtensuche entfernt, die für Medien und vor allem deren Reichweite extrem wichtig ist. Das hatte ich am Anfang dieses Artikels ursprünglich erwähnt. Manche Kommentatoren verwechselten die Nachrichtensuche mit der Google-Standardsuche. Aus dieser wurde ich natürlich nicht entfernt. Als ich gerade einen entsprechenden Link hier einfügen wollte, als Beleg stellte ich fest, dass ein kleines Wunder geschehen ist – meine Seite wird jetzt wieder auf der Nachrichtensuche. Daher habe ich die Ergänzung oben natürlich entfernt.

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Bild: Screenshot Video Twitter

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