Der Mit-Organisator der Aktion #allesdichtmachen, Dietrich Brüggemann, berichtet von massivem Druck auf die Teilnehmer der Aktion. „Teilweise kriegen sie Morddrohungen. Von einigen Leuten, deren Videos nicht mehr online sind, weiß ich, dass die komplett hinter der Aktion stehen und das wahnsinnig wichtig finden, aber die Kinder werden bedroht und sie möchten das Video deswegen erstmal nicht mehr online haben“, sagte Brüggemann in einem Interview mit n-tv. Dies erklärt auch, warum von den ursprünglich 53 Videos nur noch 34 online verfügbar sind.
Gegen die Teilnehmer und Unterstützer der Aktion gibt es massiven Hass und Hetze vor allem in den „sozialen“ Netzwerken. Es ist bezeichnend für den Zustand von Demokratie und Meinungsfreiheit in Deutschland, dass die Kritik an der Regierungspolitik auf massive Empörung stieß – und dass genau diejenigen, die diese am lautesten schüren andererseits aber keine Empörung darüber zeigen, dass Menschen und sogar ihre Kinder wegen solcher Kritik bedroht werden. Das ist eine Bankrotterklärung in Sachen demokratischer und freiheitlicher Grundeinstellung.
In den sozialen Netzwerken bekannte Coronamaßnahmen-Hardliner wie der Physiker Cornelius Römer erklärten, sie würden versuchen, die „Hintermänner“ der Aktion ausfindig zu machen. Er rief dazu auf, detaillierte Listen über die Schauspieler und deren Follower anzulegen. So möchte er unter anderem herausfinden, ob „jemand mit viel Geld“ hinter der Aktion steckt. „Feindeslisten“ sind Methoden, wie man sie sonst eher von Geheimdiensten in autoritären Staaten kennt, und nicht aus freiheitlichen Demokratien.
Diese aufwendige Produktion muss ziemlich viel Geld gekostet haben.
Es gab davor keinen Spendenaufruf.
Der Typ, der im Impressum steht ist ein Unbekannter.
Wer steckt hier dahinter? Jemand mit viel Geld? Wurden die Schauspieler bezahlt? Alles ziemlich fischig.#followthemoney— Cornelius Roemer (@CorneliusRoemer) April 22, 2021
Römer wies Vorwürfe gegen seine Aktion zurück: „Ganz kurz zu diesen Anschuldigungen hier. Es ging mir nur darum, gemeinsam zu recherchieren, wer wirklich hinter dieser Aktion steckt. Meine Vermutung, dass es sich um eine zentral koordinierte Aktion handele, hat sich mittlerweile bestätigt.“
Interessant ist, dass hier genau diejenigen, die sonst überall Verschwörungstheorien wittern und Kritiker der Regierungspolitik regelmäßig als „Verschwörungsideologen“ diffamieren, sich deren Stil nun ohne Not zu eigen machen. Hierfür schrecken manche Medien auch nicht zurück vor peinlichen „Investigativ“-Verlautbarungen, die trotz ihrer Absurdität dem Narrativ, es handle sich um eine Querdenken-Aktion, den Weg in große Zeitungsredaktionen ebneten. Dabei baut man auf Qualitätsjournalismus à la „ruhr24.de„: „Investigativjournalist deckt auf: #allesdichtmachen – Hinter der Aktion soll ein ‘Querdenker‘ mit fragwürdigem Geschäftsmodell stecken“. Dies wird unter anderem damit „bewiesen“, dass der Mundschutz als sinnvolle Maßnahme hinterfragt worden sei, (was zumindest als strittig gelten kann, wir berichteten), Karl Lauterbach kritisiert wurde (der inzwischen allerdings auch von Ärzten wegen „Schüren irrationaler und extremer Angst“ in die Schranken gewiesen wurde) und schließlich – der Schlussstein einer bestechenden Beweiskette – die beteiligte Filmfirma sich „an der Coronakrise bereichert“ habe durch die öffentlich geförderte Gründung eines Streamingdienstes, wo nach Schließung der Kinos das Festival „Max Ophüls Preis“ übertragen worden sei.
Die deutlichen Statements aus der Gruppe zur Abgrenzung von Rechts, Querdenken, AfD etc. werden durch solche „Indizien“ natürlich im Handumdrehen als Tarnung entlarvt.
Es sind Reaktionen wie die von Römer und vielen Gleichgesinnten, die das Klima schaffen, in dem die oben von Brüggemann beschriebenen Reaktionen bis hin zu Bedrohungen der Kinder der Beteiligten oder sogar Morddrohungen gedeihen. Brüggemanns Vorwurf, dass die Gesellschaft in eine Art Kriegszustand getrieben werde, wird so bestätigt.
Brüggemann selbst erläuterte in dem Interview mit n-tv noch einmal seine Ansichten: „Teile von Amerika haben schon im Herbst wieder aufgemacht. Schweden hatte die ganze Zeit keinen Lockdown. Schweden hatte am Anfang hohe Zahlen, steht aber in der zweiten Welle besser da als Deutschland. Die Maßnahmen dort sind moderat und vor allem zivil … Wenn wir uns die ganze Welt anschauen, sehen wir keine großartige Korrelation zwischen Maßnahmen und Pandemieverlauf. Da kommen immer mehr Studien, die sagen, Lockdown bringt wenig bis gar nichts.“
Brüggemann nahm auch Stellung zu den Vorwürfen, es gebe Lob von der falschen Seite: „Die Diskussion, wieviel Lockdown verhältnismäßig ist und wieviel wir kaputtmachen in unserer Gesellschaft – das kann man doch nicht der AfD überlassen. Und den Prozess dann stigmatisieren und jedem, der protestiert, sagen: ‚Du vertrittst jetzt hier AfD-Positionen.‘ Das ist doch totalitär. Damit ist das ganze Thema im Keim erstickt.“
Youtube hat die Aktion inzwischen sogar aus den Suchanfragen gelöscht. Der Schauspieler Ulrich Tukur, der ebenfalls an der Aktion teilgenommen hat, lehnte ein Interview mit der Schweizer „NZZ am Sonntag“ ab. Aber er erlaubte dem Blatt, die Begründung für seine Absage abzudrucken. Die lautet wie folgt: „Meine Kollegen und ich wollten lediglich ein Fenster in diesem trägen Haus aufreißen und frische Luft hereinlassen.“ Er habe sich lediglich eine „offene Diskussion um diese erratische und kontraproduktive Corona-Politik“ gewünscht, die ohne Not so viele Existenzen ruiniere, so Tukur. Sein Fazit: „So haben wir immerhin gezeigt, dass sich unsere Gesellschaft in einer erschreckenden Schieflage befindet und politische Inkompetenz wie ein Spaltkeil wirken kann. Darf die Satire nicht mehr alles, und schlimmer noch, wird sie überhaupt nicht mehr verstanden, muss der Hofnarr schweigen.“
Bild: Motortion Films/Shutterstock
Text: br
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