Neues von der Zoonose-Theorie: Drosten ist auf den Hund gekommen Angeblich weitere Hinweise auf natürlichen Ursprung

Von Kai Rebmann

Auch mehr als drei Jahre nach dem Bekanntwerden der ersten offiziellen Corona-Fälle herrscht über die Herkunft des Virus weiter Rätselraten. Die Übertragung von Fledermäusen über einen bisher unbekannten Zwischenwirt auf den Menschen auf einem Wildtiermarkt in Wuhan galt lange Zeit als einzig zulässige Erklärung für den Ursprung der sogenannten „Pandemie“. Dass sich in eben dieser Stadt ein Labor befindet, das Wuhan Institute of Virology, in dem an Coronaviren herumgebastelt wird – reiner Zufall! Inzwischen wird die Theorie vom Laborunfall nicht nur akzeptiert, sie fand gerade in der jüngeren Vergangenheit auch immer mehr prominente Befürworter.

Und jetzt das: Die französische Evolutionsbiologin Florence Débarre vom nationalen Forschungsinstitut CNRS will den seit Jahren verzweifelt gesuchten Zwischenwirt ausfindig gemacht haben. Ihren „Zufallsfund“, so sagt die Forscherin selbst, habe sie demnach in der Genom-Datenbank GISAID gemacht. Nach der Auswertung dieser Daten sind sich Débarre und ihre Kollegen sicher, dass SARS-CoV-2 von Marderhunden (Nyctereutes procyonoides) auf den Menschen übertragen wurde.

Richtig ist: Die Tiere werden auf Wildtiermärkten in China gehandelt und wurden auch auf dem ominösen Huanan-Markt verkauft. Fakt ist aber auch, dass die in GISAID gefundenen Proben erstens nicht direkt von Marderhunden genommen wurden und zweitens inzwischen wieder aus der Datenbank gelöscht worden sind. Bei genauerer Betrachtung aller dazugehörenden Umstände steht die Argumentationskette der Franzosen also auf eher wackligen Beinen.

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Verwirrung um Daten chinesischer Wissenschaftler

Die fraglichen Daten stammen von chinesischen Wissenschaftlern, die auf dem Wildtiermarkt in Wuhan im Zeitraum zwischen Januar und März 2020 zahlreiche DNA-Proben genommen haben. Jedoch stammen diese Abstriche nicht direkt von Marderhunden, sondern von den Oberflächen wie etwa Käfigen oder Transportboxen. Denn: Der Markt war zu diesem Zeitpunkt von den Behörden schon längst geschlossen worden.

Das Forscherteam um George F. Gao, dem früheren Direktor der chinesischen Seuchenschutzbehörde (CDC), hatte bereits im Februar 2022 einen Artikel im Fachmagazin „Research Square“ veröffentlicht. Darin war es um die Analyse der zwei Jahre zuvor in Wuhan genommenen Abstriche gegangen, mit dem Ergebnis, dass diese von infizierten Menschen stammen und nicht von Tieren.

Im Rahmen einer von „Research Square“ geforderten wissenschaftlichen Begutachtung dieses Artikels wurden die Daten von Teilen der im Frühjahr 2020 genommenen Abstriche jetzt in GISAID veröffentlicht – nach wenigen Tagen aber wieder gelöscht. Gao begründete diesen Schritt gegenüber dem Fachmagazin „Science“ damit, dass die Proben „nichts Neues“ gezeigt hätten und deshalb wieder aus der Datenbank entfernt worden seien.

Drosten sieht seine Theorie bestätigt

Doch genau innerhalb dieses kurzen Zeitfensters, in dem die Proben veröffentlicht waren, hat Débarre eigenen Angaben zufolge ihren „Zufallsfund“ gemacht. In den Abstrichen wurden häufig sowohl die DNA des Marderhundes als auch Sequenzen des Erbguts von Sars-CoV-2 gefunden. Débarre weist allerdings selbst darauf hin, dass sie in dieser Tatsache einen Hinweis – aber ausdrücklich keinen Beweis – sieht, der die Zoonose-Theorie stützen könnte.

Es ist zwar erwiesen, dass sich Marderhunde mit Sars-CoV-2 infizieren können, was aber ebenfalls kein Beleg für deren Wirken als Zwischenwirt bei der Übertragung ist. Selbst der „Tagesspiegel“, der Christian Drosten in der Vergangenheit stets eine Bühne geboten hat, um für seine Zoonose-These zu werben, musste einräumen: „Möglich wäre auch, dass infizierte Menschen die Virus-RNA dort (auf dem Wildtiermarkt in Wuhan) hinterlassen haben und die Marderhunde gar nicht infiziert waren.“

Der Charité-Professor sieht das hingegen etwas anders. Drosten sagte gegenüber der Zeitung, dass die „vorläufige Analyse chinesischer Daten meine stets favorisierte Hypothese bestätigt“. Diese Aussage steht freilich im krassen Widerspruch zu dem Fazit, das die Chinesen in ihrem im Februar 2022 veröffentlichten Artikel gezogen haben. Zur Erinnerung: Gao und sein Team gingen davon aus, dass die Abstriche von infizierten Menschen und nicht von Tieren stammen.

Weshalb sollte China Hinweise auf Zoonose-These zurückhalten?

Auch wenn es zugegebenermaßen eher ungewöhnlich ist, dass zunächst Einträge bei GISAID gemacht werden, nur um die betreffenden Daten kurz darauf wieder zu löschen, dürfte eines sicher sein: Das größte Interesse an einem Beleg für die Zoonose-Theorie dürfte China haben. Schon allein vor diesem Hintergrund scheinen George Gao und sein Team kein Motiv zu haben, Daten bei GISAID wieder zu löschen, obwohl diese dazu geeignet wären, China in Bezug auf den Ursprung von Corona zu entlasten.

Denn daran, dass Wuhan der Ausgangsort der „Pandemie“ war, gibt es keine vernünftigen Zweifel mehr. Und wenn es um die Frage geht, ob der Ursprung ein Laborunfall oder eine natürliche Übertragung vom Tier auf den Menschen war, so wäre letzteres für die Regierung in Peking das weitaus kleinere Übel. China hätte also allen Grund, Hinweise oder sogar Beweise für die Bestätigung der Zoonose-Theorie zu veröffentlichen und nicht, diese zu verstecken – wenn sie denn belastbar wären.

Der „Zufallsfund“ aus der GISAID-Datenbank wurde in dieser Woche bereits bei der Weltgesundheitsorganisation diskutiert. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus kritisierte China zwar dafür, die fraglichen Daten nicht schon früher veröffentlicht zu haben, verkündete im Rahmen einer Pressekonferenz am Freitag aber die Einschätzung: „Diese Daten liefern keine definitive Antwort darauf, wie die Pandemie begann, aber jedes einzelne Datenelement ist wichtig, um dieser Antwort näherzukommen.“

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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