Niederlande: 30.000 Bauern protestieren gegen Enteignungspläne Umweltauflagen könnten zum Aus für fast ein Drittel der Vieh-Betriebe führen

Von Daniel Weinmann

Der Streit um Stickstoffemissionen in den Niederlanden wird zunehmend radikaler, niemals zuvor hat das Land einen Bauernaufstand solchen Ausmaßes erlebt. Landwirte wollen „das gesamte Land lahmlegen“. An diesem Montag blockierten sie wie schon in den vergangenen zwei Wochen viele Autobahnen und Zubringer.

Auch Supermärkte und Häfen rücken ins Visier der Bauern, die mit Traktoren und Heuballen die Zufahrten zu den großen Lagern der Supermärkte blockierten. Allein an diesem Montag waren mehr als 20 Distributionszentren der großen Supermarktketten betroffen. Medienberichten zufolge werden bereits frische Produkte wie Brot, Gemüse, Obst und Milch knapp. Geht es nach den Landwirten, sollen die Missfallensbekundungen noch deutlicher zu spüren sein. Fischer unterstützten die Bauern und blockierten einige Häfen. Dadurch konnten nach Angaben von Reedern die Fähren zu fast allen Wattenmeerinseln im Norden nicht auslaufen.

Hintergrund des rigorosen Vorgehens sind die strengen Auflagen der Regierung, um den Ausstoß von Stickoxid und Ammoniak zu verringern. Nach einem höchstrichterlichen Urteil muss die niederländische Regierung den Stickstoff-Ausstoß um die Hälfte reduzieren, in Naturgebieten sind es sogar mehr als 70 Prozent. Hintergrund ist der Green Deal der Europäischen Union. Deren Kommissar Frans Timmermans will verfügen, dass in Europa zehn Prozent der Flächen stillgelegt werden.

Die Existenz von knapp 16.000 Betrieben ist bedroht

Dies wird zum Aus für fast ein Drittel der Vieh-Betriebe führen, schätzt Den Haag. Denn gerade die Viehwirtschaft ist nach Berechnungen der Behörden für das Stickstoffproblem verantwortlich. Schon 2019 hat das höchste Gericht des Landes verfügt, dass die Stickstoff-Normen nicht länger überschritten werden dürfen.

Prekär: Die Niederlande haben rund 53.000 landwirtschaftliche Betriebe und zählen zu den weltweit größten Exporteuren von landwirtschaftlichen Produkten. Setzt die Regierung ihre Pläne um, ist somit die Existenz von knapp 16.000 Betrieben bedroht. Sie werden gezwungen, aufzugeben – und erhalten eine Kompensation. Dafür müssen sie aber garantieren, nie wieder einen landwirtschaftlichen Betrieb aufzunehmen. Nehmen sie dieses „Angebot“ nicht an, enteignet der Staat den Landwirt.

„Wir stehen kurz davor, dass in den Niederlanden der gesamte Agrarsektor so gut wie weggefegt wird aus diesem Land“, befürchtet denn auch Caroline van der Plas, die mit ihrer „Boer Burger Beweging“ die Landwirte im Parlament vertritt.

»Sehe bei uns nichts Vergleichbares mit dem, was sich gerade in den Niederlanden abspielt«

Gleichermaßen kaum überraschend wie feige: Die niederländischen Medien präsentieren sich streng linientreu und kritisieren die vermeintliche Umweltverschmutzung der Bauern durch Stickstoff und Kohlendioxid. Die Regierung in den Niederlanden will tausende Landwirte zur Aufgabe ihrer Betriebe bewegen, um die Stickstoffemissionen zu verringern. Hierzulande hielten sich die Medien wochenlang bedeckt und wagten sich erst jetzt aus der Deckung. Ein Überschwappen der Proteste über die deutsch-niederländische Grenze nach Nordrhein-Westfalen ist gleichwohl nicht abzusehen.

„Ich sehe hier bei uns nichts Vergleichbares mit dem, was sich gerade in den Niederlanden abspielt“, sagt Hans-Heinrich Berghorn vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband dem WDR. Das Problem mit den Schadstoffen sei in den Niederlanden größer als hierzulande. Daher seien dort jetzt auch mehr Schritte nötig.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Shutterstock
Text: dw

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