Von Daniel Weinmann
Es könnte eng werden für Ursula von der Leyen, die sich im Juni erneut zur EU-Kommissionspräsidentin wählen lassen möchte. Die Europäische Staatsanwaltschaft ermittelt nun erstmals direkt wegen möglicherweise strafbaren Fehlverhaltens gegen die CDU-Politikerin. Wie „Politico“ berichtet, hat die Strafverfolgungsbehörde Luxemburg den Fall von der Staatsanwaltschaft in Lüttich übernommen. Diese hatte schon vor gut einem Jahr eine Ermittlung gegen „Madame Europe“ wegen „Einmischung in öffentliche Ämter, Vernichtung von SMS, Korruption und Interessenkonflikten“ eingeleitet.
Anlass war zunächst die Klage eines belgischen Lobbyisten, der von der Leyen beschuldigte, die Transparenzregeln der EU verletzt zu haben. Kurz darauf schlossen sich die polnische und die ungarische Regierung an. Zeitgleich klagten mehrere EU-Abgeordnete sowie die „New York Times“ vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Kommissionspräsidentin wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen die Grundrechtecharta der EU.
War mittlerweile bereits zu befürchten, dass Gras über von der Leyens EU-Pfizer-Deal gewachsen ist, findet nun wohl doch eine juristische Aufarbeitung statt. Wir erinnern uns: Die heute 65-Jährige zog die milliardenschwere Mauschelei 2021 quasi im Alleingang durch. Demokratische Kontrollinstanzen wurden entweder ausgehebelt oder gar nicht erst in die Gespräche mit dem Pharmakonzern eingebunden (reitschuster.de berichtete).
Größter Pharma-Deal in der Geschichte der Europäischen Union
Von der Leyen nutzte ihr enges Verhältnis zu Pfizer-Chef Albert Bourla, der als einer der wichtigsten Protagonisten der internationalen Impfstoffszene galt. Gegenüber der „New York Times“ sprach er von einer „engen Verbindung“ mit der früheren Bundesverteidigungsministerin. Man habe „ein tiefes Vertrauen zueinander aufgebaut, weil wir tiefgreifende Diskussionen geführt haben“.
Die persönliche Diplomatie der beiden führte zum Abschluss des größten Pharma-Deals in der Geschichte der Europäischen Union: Die Lieferung von 1,8 Milliarden Dosen mRNA-Impfstoff an die EU in den Jahren 2022 und 2023 umfasste ein Gesamtvolumen von 35 Milliarden Euro.
Bourlas und von der Leyens bevorzugtes Kommunikationsmittel war das Schreiben von Kurznachrichten. Auf eine Nachfrage von EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly im Sommer 2021 über den Inhalt der SMS, die sie mit Bourla ausgetauscht habe, antwortete von der Leyen, dass „belanglose“ SMS nicht archiviert würden und man daher nichts mehr dazu sagen könne.
Die EU Kommission gibt sich unbeeindruckt
Ihre Behörde sekundierte, dass keine Dokumente gefunden worden seien, die in ihren Geltungsbereich fielen. Ähnlich verhielt sich von der Leyen gegenüber dem EU-Rechnungshof, dem sie die Herausgabe angeforderter Unterlagen zum Pfizer-Deal schlicht verweigerte. Die obskure Geheimniskrämerei von Bourla und von der Leyen hatte schon im Winter 2021 die Chefin der Europäischen Staatsanwaltschaft Laura Kövesi zum Handeln veranlasst. Die Rumänin gilt als unnachgiebige Kämpferin gegen Korruption und wurde nicht zuletzt von der „Deutschen Welle“ als „Antikorruptions-Ikone“ bezeichnet.
Gut, dass Europas oberste Korruptionsjägerin nun den Faden wieder aufgenommen hat. Die Kommission reagiert bislang denkbar nüchtern: „Uns liegen keine spezifischen Informationen vor, was die EPPO untersuchen könnte“, sagte eine Sprecherin der Kommission.
En passant: Allein im vergangenen Jahr musste die EU Impfdosen im Wert von vier Milliarden Euro vernichten lassen. Das Nachsehen haben wieder einmal die Steuerzahler.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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