Von Kai Rebmann
Der Ukraine-Krieg war und ist für Deutschland eine Zäsur – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Die Grünen haben sich von pazifistischen Weltrettern, die sie stets vorgaben zu sein, in eine Partei verwandelt, die Rüstungsexporte befürwortet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vollmundig eine „Zeitenwende“ ausgerufen. Die Bundeswehr wurde mit einem sogenannten „Sondervermögen“ – tatsächlich handelt es sich um neue Schulden – in Höhe von 100 Milliarden Euro ausgestattet.
Kurzum: Die Illusion von einem auf Ewigkeit ausgelegten Frieden in Europa ist spätestens am 24. Februar 2022 wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen. In den Tagen und Wochen danach reifte auch bei dem letzten Träumer die Erkenntnis, dass die Bundeswehr nicht viel mehr als eine Schein-Armee ist.
Wäre vor knapp zwei Jahren nicht Russland gen Ukraine gezogen, sondern der Fürst von Liechtenstein mit seinen imaginären Truppen im Allgäu einmarschiert – Deutschland hätte sich wohl noch am selben Tag ergeben müssen. Die 5.000 Helme, die die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) als „ganz deutliches Signal“ der Unterstützung in die Ukraine schickte, sind jetzt schon legendär.
Keine Macht den Andersdenkenden
Um für die neuartigen Bedrohungen des 21. Jahrhunderts künftig besser gerüstet zu sein, sucht die Bundeswehr derzeit den Schulterschluss mit Katastrophenschützern, Sicherheitsbehörden und Industrieunternehmen.
Die dpa berichtet über einen sogenannten „Operationsplan Deutschland“, dessen streng geheimen Details bis Ende März ausgearbeitet werden sollen. Das jüngste Treffen hierzu mit Vertretern unter anderem von Bundeswehr, THW, Polizeibehörden sowie Unternehmen aus der Energie- und Logistikbranche hat demnach am vergangenen Donnerstag stattgefunden.
Generalleutnant André Bodemann charakterisiert das Papier so: „Das soll ein Plan sein, der ausführbar und durchführbar ist, also nicht ein Hirngespinst, ein Gedankenkonzept, sondern tatsächlich etwas Handfestes, was am Ende auch funktionieren kann.“ Schon alleine das wäre in Zeiten einer ideologiegetriebenen Ampel-Koalition schon etwas ganz Neues und ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Vordergründig soll es beim „Operationsplan Deutschland“ um den Bevölkerungsschutz und die Verteidigung der kritischen Infrastruktur gehen, ausdrücklich auch unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Doch schon die Identifikation der vier vermeintlich größten Bedrohungen, die auf die Bundesrepublik in den kommenden Jahren zukommen können oder teilweise schon Realität sein sollen, muss aufhorchen lassen.
Wohl nicht ganz zufällig werden gleich an erster Stelle „Fake News und Desinformation“ genannt: „Der Gegner werde versuchen, Regierungsentscheidungen und die öffentliche Meinung zu beeinflussen.“ Dieser Satz ist derart schwammig formuliert, dass als möglicher „Gegner“ praktisch alles und jeder ausgemacht werden kann – nicht zuletzt natürlich die bösen, bösen alternativen Medien.
Viel wichtiger erscheint daher die Frage nach der Definition von „Fake News und Desinformation“. Als solche gilt im „besten Deutschland aller Zeiten“ bekanntlich alles, was nicht mit der Meinung des politischen, gesellschaftlichen und/oder medialen Mainstreams konform geht. Will man sich hier also – rein vorsorglich versteht sich – selbst ein Instrument an die Hand geben, um kritische Stimmen gegebenenfalls mundtot machen zu können?
Abgesang auf den Föderalismus
Als weitere Bedrohungsszenarien werden „Angriffe im Cyberraum gegen Energieunternehmen und die Telekommunikation“, „gezielte Ausspähungen“ sowie „Sabotage durch Spezialkräfte und/oder irreguläre Kräfte“ genannt. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) definiert mit markigen Worten, was er sich unter der hybriden Kriegsführung vorstellt: „Ich verstehe unter Hybrid die Dreifaltigkeit eines geplanten Angriffs: Desinformationskampagne, parallel kapitale Cyberangriffe und dazu parallel analoge Terroranschläge. Das sorgt für Chaos und totale Destabilisierung.“
Kritische Journalisten und Blogger als Teil einer „gegnerischen“ Desinformationskampagne? Zugegeben, diese Verknüpfung mag auf den ersten Blick etwas weit hergeholt erscheinen. Andererseits wäre es in Zeiten wie diesen wohl reichlich naiv, den Regierungen nicht auch solche Überlegungen und Gedankengänge zuzutrauen.
Ferner stellt sich die Frage, wie die Angst vor gezielten Ausspähungen und Sabotage durch „Spezialkräfte oder irreguläre Kräfte“ mit Plänen zusammenpasst, denen zufolge künftig auch Ausländer in der Bundeswehr dienen können sollen. Viel leichter kann man es potentiellen Spionen kaum noch machen. Oder ist die Bundeswehr schon rein personell derart ausgedünnt, dass man in der Verzweiflung inzwischen auch auf Soldaten zurückgreifen würde, die nicht einmal dazu bereit sind, sich per Staatsbürgerschaft mit ihrem Arbeitgeber zu identifizieren?
Der „Operationsplan Deutschland“ soll dem Vernehmen nach mehrere hundert Seiten dick sein. Neben dem „Bündnisfall“ nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags wird darin auch eine ganze Reihe weiterer, deutlich abgeschwächter Szenarien diskutiert. In vielen dieser Fälle sei nicht in erster Linie der Bund zuständig, „sondern womöglich zunächst die Bundesländer – und der Föderalismus hat sich bei letzten Krisen nicht als besonders schnell und handlungsfähig erwiesen“.
Leicht zu erraten, welche „Krisen“ hier gemeint sein dürften. Mehr noch: Mit wenigen Federstrichen werden hier die nirgends vorgesehenen „Geheimtreffen“ der Ministerpräsidenten und der Bundesregierung in irgendwelchen Hinterzimmern nicht nur nachträglich legitimiert – wenn auch nur vermeintlich –, sondern eben dieses Vorgehen für die Zukunft erneut in Aussicht gestellt.
Wohlgemerkt, beim Föderalismus handelt es sich keineswegs um ein reines „Schönwetter-Instrument“, sondern er wurde von den Gründungsvätern der Bundesrepublik wohl nicht ganz ohne Grund als machtteilendes Element zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz (Artikel 20) verankert.
Dennoch scheint auch der Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala kein Problem mit dem offenkundig angestimmten Abgesang auf den Föderalismus zu haben und verteidigt diesen angesichts der im „Operationsplan Deutschland“ skizzierten Bedrohungsszenarien: „Das Grundgesetz kennt Frieden, Spannung und Verteidigung. Das Grundgesetz kennt nicht Hybrid.“ Auf meiner Seite konnten Sie schon 2021 lesen, was damals noch als „Corona-Ketzerei“ galt – und heute selbst von den großen Medien eingestanden werden muss. Kritischer Journalismus ist wie ein Eisbrecher – er schlägt Schneisen in die Einheitsmeinung. Dafür muss man einiges aushalten. Aber nur so bricht man das Eis. Langsam, aber sicher. Diese Arbeit ist nur mit Ihrer Unterstützung möglich! Helfen Sie mit, sichern Sie kritischen, unabhängigen Journalismus, der keine GEZ-Gebühren oder Steuergelder bekommt, und keinen Milliardär als Sponsor hat. Und deswegen nur Ihnen gegenüber verpflichtet ist – den Lesern! 1000 Dank! Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71 oder BE43 9672 1582 8501 BITCOIN Empfängerschlüssel auf Anfrage Habeck dechiffriert: Hass und Hetze vom Vizekanzler in seiner Rede zu den Bauer-Protesten. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können. Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog. Mehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de
Auf Ihre Mithilfe kommt es an!
Mein aktuelles Video