Pseudo-„Weltärztechef“ Montgomery warnt vor „Freiheitsfetisch“… ...und erntet massiven Widerstand

Frank Ulrich Montgomery ist sich für nichts zu schade. Der deutsche Arzt ist Ratsvorsitzender („Chair of Council“) des Weltärztebundes, wird aber ebenso regelmäßig wie fälschlich als Weltärztepräsident bezeichnet (leider auch schon auf meiner Seite – Asche auf unser Haupt). In Wirklichkeit ist die Präsidentin des Weltärztebundes Heidi Stensmyren. Es macht nicht den Eindruck, dass Montgomery gegen die ständige Überhöhung seines Amtes in den Medien aktiv vorgeht. Die falsche Bezeichnung als Präsident verleiht seinen immer kruderen Aussagen mehr vermeintliche Solidität. Dabei ist es oft sehr krude, was er zu sagen hat. Bei Anne Will klagte der Schein-Präsident etwa über eine „Tyrannei der Ungeimpften“. In einem Interview mit der Welt forderte er, Freiheitsrechte müssten hinten anstehen –  und beleidigte die Liberalen: „Die Freiheit zum Leben, wie die FDP behauptet, ist in Wirklichkeit eine Freiheit zu Krankheit und Tod.“

Jetzt hat der Arzt mit dem imposanten Nachnamen und dem Hang zur Selbstdarstellung nachgelegt. In einem neuerlichen Interview mit dem Springer-Blatt, das ihn in „guter“, falscher Tradition erneut „Weltärztechef“ nennt, warnte er in Hinblick auf jüngste Äußerungen von Parteivize Wolfgang Kubicki und Justizminister Marco Buschmann „eindringlich davor, neue Maßnahmen zu blockieren“. Die Liberalen, so der „Chef“, dürfen die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach „nicht wieder zerlegen“. Weiter sagte der Arzt: „Eine Partei, die mit einem falschen Freiheitsfetisch die Sicherheit vieler Menschengruppen vergisst, ist ein Problem für jeden Gesundheitsminister.“

Montgomery erntete das, was er redlich verdiente: Das Unwort „Freiheitsfetisch“ wurde auf Twitter zum Trend. Zahlreiche Nutzer empörten sich in dem Kurznachrichtendienst über den Arzt: 

Die Empörung ist mehr als berechtigt. Die Aussage von Montgomery zeigt, wie massiv das Freiheits-Verständnis bei einigen in der Bundesrepublik nach 16 Jahren Angela Merkel deformiert ist. Freiheit, so sagte einst der später ermordete russische Oppositionspolitiker Boris Nemzow, ist wie die Luft zum Atmen: Solange man sie hat, schätzt man sie nicht, erst wenn sie weg ist, merkt man, wie notwendig sie ist. In Deutschland wurde die Freiheit über Jahre hinweg ebenso scheibchenweise wie massiv beschnitten. Schon vor dem Virus. Aber seit dem Beginn des Corona-Zeitalters in einem Ausmaß, das vorher völlig undenkbar war. Faktisch wurden die Grundrechte aus dem Grundgesetz, die eigentlich unveräußerlich sein sollten, unter einen Politik-Vorbehalt gestellt – und das heiligste Prinzip unserer Verfassung damit geradezu pervertiert.

Bei Menschen wie Montgomery hat man den Eindruck, dass im Zuge von Corona eine wohl bereits vorher vorhandene, aber offenbar verdeckte autoritäre, wenn nicht gar totalitäre Grundeinstellung auf einmal unverblümt zum Vorschein kommt. Wie der Arzt haben viele Politiker, Journalisten und einfache Bürger ein Maß an autoritärer Grundeinstellung und Freiheits-Verachtung an den Tag gelegt, dass einen am Erfolg der Vergangenheitsbewältigung in Deutschland massiv zweifeln lässt.

Dass Montgomery nun zumindest auf Twitter so einen massiven Gegenwind bekommt, macht wenigstens ein bisschen Hoffnung, dass die freiheitsliebenden, wirklich – und nicht nur äußerlich – demokratischen Kräfte in Deutschland doch noch zucken. Und sich vor allem offenbar inzwischen mehr Menschen trauen, sich laut gegen die autoritären Tendenzen zu stellen – auch wenn das einigen Mut braucht in einem System, in dem Menschen mit anderer Meinung systematisch ausgegrenzt, diffamiert und eingeschüchtert werden. Vor diesem Hintergrund sei hier noch einmal an die alte Warnung der DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley erinnert, die geradezu prophetisch war:

David
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!


Bild: Shutterstock
Text: br

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