„Da deutschlandweit noch nicht das notwendige Niveau erreicht wurde, um dauerhaft eine Überlastung des Gesundheitssystems abzuwenden sowie eine vollständige Kontaktnachverfolgung zu gewährleisten, bedarf es einer erneuten gemeinsamen Kraftanstrengung“, heißt es im heutigen Beschluss der „Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder“ – einer Einrichtung, die so gar nicht im Grundgesetz vorgesehen ist, aber heute weitgehend über das Leben in Deutschland bestimmt. Unter anderem wird der Lockdown verlängert, das heißt, Restaurants, Freizeit- und Kultureinrichtungen bleiben weiter geschlossen, während sie in anderen Ländern wie Großbritannien wieder öffnen sollen. Die Maskenpflicht wird erweitert und gilt künftig nicht nur in, sondern auch vor Einzelhandelsgeschäften und sogar auf Parkplätzen. Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten werden auf maximal fünf Personen aus dem eigenen und einem weiteren Haushalt begrenzt. Unten finden Sie das 15-seitige Beschlusspapier.
Interessant ist, dass diese Verschärfung stattfindet, obwohl der sogenannte R-Wert laut Robert-Koch-Institut deutlich unter eins gesunken ist. Die Reproduktionszahl R bezeichnet die Anzahl der Personen, die im Durchschnitt von einem Fall angesteckt werden. Früher galt ein Absinken unter eins als eines der wichtigsten Ziele der Corona-Maßnahmen. Inzwischen wird nur noch wenig über den R-Wert berichtet und stattdessen vor allem vom Inzidenzwert, den wiederum Kritiker als wenig aussagekräftig bezeichnen.
Hier zum Vergleich die R-Werte vom 20.11.2020
Die Zahl der neuen bestätigten Fälle, also der positiv Getesteten, betrug laut RKI am Mittwoch 18.633. Das waren 1.500 weniger als am Vortag. Gleichzeitig sind 19.800 gegenüber dem Vortag genesen. Die Zahl der Verstorbenen stieg demnach um 410 Menschen.
Da die Zahl der positiv Getesteten meist nicht in Relation zur Gesamtzahl der Tests gesetzt wird, sind diese Zahlen besonders interessant. Das RKI veröffentlicht sie jeweils mittwochs. Hier die aktuellen Daten von heute:
Während die Gesamtzahlen aufgrund der viel höheren Testzahlen massiv gestiegen sind, liegt die viel aussagekräftigere Positivenrate aktuell (Kalenderwoche 47: 9,3 Prozent) leicht über dem bisherigen Höchstwert von Kalenderwoche 14 (9,03 Prozent).
Das heißt, knapp jeder zehnte Getestete ist positiv. Dies muss allerdings vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die Test-Strategie geändert wurde. Anders als früher wird viel weniger verdachtsunabhängig und ohne Symptome getestet. Stattdessen konzentrieren sich die Tests auf Menschen mit Symptomen und aus Risikogruppen.
In intensivmedizinischer Behandlung waren es am Mittwoch laut DIVI 3.781 Patienten, die positiv auf Corona getestet wurden. Davon mussten 2.214, also 59 Prozent, künstlich beatmet werden. 559 Neuaufnahmen standen 412 Entlassungen und 136 Verstorbenen gegenüber (was im Umkehrschluss bedeutet, dass von den 410 Verstorbenen nur ein Drittel in intensivmedizinischer Behandlung starb, zwei Drittel hingegen ohne intensivmedizinische Betreuung). Insgesamt waren in Deutschland am Mittwoch 22.041 intensivmedizinische Betten belegt, dem standen 5775 nicht belegte gegenüber und eine 7-Tage-Notfallreserve von 11.987 Betten, also sind insgesamt 17.762 Intensivbetten derzeit verfügbar. Zum Vergleich: Am 1. November, also zu Beginn der aktuellen Maßnahmen, waren 20.950 Intensivbetten belegt, einen Monat vorher, am 1. Oktober, 21.832. Am 1. September waren es 21.673. Somit liegt die Zahl der belegten Intensivbetten derzeit nur ganz knapp über dem Stand vom 1. Oktober, als noch niemand von neuerlichen und verschäften Einschnitten in das Leben der Bürger sprach. Die Zahl der Patienten mit Covid-19 in den Intensivstationen stieg zwar deutlich an, aber eben nicht die Gesamtzahl der Patienten dort.
Hier finden Sie den 15-seitigen Beschluss der heutigen Videoschalte der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten in voller Länge:
Text: br