Von Kai Rebmann
Alles sollte besser werden unter Brasiliens neuem Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Den Umweltschutz im Allgemeinen und den Schutz des Regenwaldes im Amazonasgebiet im Speziellen hat sich der Nachfolger von Jair Bolsonaro ganz besonders groß auf die Fahnen geschrieben. Die Bundesregierung nahm diese Versprechen offenbar für bare Münze und sagte Brasilien allein für das erste Quartal 2023 Entwicklungshilfe in Höhe von nicht weniger als 200 Millionen Euro zu.
Deutschlands sogenannte „Spitzenpolitiker“ geben sich seit dem Amtsantritt Lulas Anfang Januar am Amazonas die sprichwörtliche Klinke in die Hand. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) überreichte seinem Amtskollegen beim Besuch in Brasilien eine „Anzahlung“ in Höhe von 35 Millionen Euro. Olaf Scholz (SPD) war auch schon vor Ort, um Lula persönlich zu gratulieren, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat den Flug über den Atlantik ebenfalls schon fest in ihrer Reiseplanung verankert.
Habeck bekommt ‚Tränen in die Augen‘
Seit Anfang dieser Woche weilen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (beide Grüne) in Südamerika. Neben dem Ausloten von Möglichkeiten für neue Partnerschaften stehen offenbar auch der Regenwald und dessen Abholzung bzw. die Beendigung derselbigen auf der Tagesordnung, zumindest soll vordergründig dieser Eindruck erweckt werden. Bei einer Rede in Belo Horizonte sagte Habeck dazu: „Ich kann Tränen in die Augen bekommen, dass eine Regierung das Ruder so rumreißt.“
Die Oscars wurden leider bereits vergeben, der Wirtschaftsminister wäre ansonsten aber ein aussichtsreicher Kandidat gewesen. Denn Habeck dürften die jüngsten Berichte in den brasilianischen Medien – teilweise sogar in den deutschen – nicht entgangen sein. So schreibt sogar der eher dem linken Lager zuzurechnende „O Globo“: „Den Angaben des Nationalen Instituts für Weltraumforschung zufolge hat die Entwaldung im Amazonasgebiet im Februar einen historischen Rekord erreicht.“
Demnach legen Satellitenbilder nahe, dass im vergangenen Monat bis zu 290 Quadratkilometer Regenwald verschwunden sind. Laut der „Welt“ sind diese Zahlen „sogar doppelt so hoch“ wie unter Jair Bolsonaro. Und auch im Januar soll es im Amazonasgebiet zu massiven Ausweitungen der Rodungen gekommen sein. Was die Zahlen noch brisanter macht: Brasilien befindet sich aktuell in der Regenzeit, als „Hauptsaison“ der Rodung gilt aber die Trockenzeit.
Giftmüll-Skandal erschüttert Brasilien
Nun wäre es ehrlicherweise zu viel verlangt, dass sich die Regenwald-Politik Brasiliens mit der Amtsübernahme Lulas quasi über Nacht um – aufgepasst, Frau Baerbock – 180 Grad dreht. Dass die Regierung dann aber auf der anderen Seite vom Pferd fällt und diesbezüglich gleich in den ersten beiden Monaten historische Rekordquoten zu verantworten hat, sollte eigentlich Fragen aufwerfen.
Tut es aber nicht, zumindest nicht bei Robert Habeck und Cem Özdemir. Denn diese Zahlen wurden von dem grünen Duo ebenso wenig angesprochen wie der Skandal um einen vor wenigen Wochen vor der Küste Brasiliens im Atlantik versenkten Giftmüll-Tanker, der landesweit – und darüber hinaus – für Empörung gesorgt hat. Da halten es Habeck und Özdemir lieber mit den drei Affen – nichts hören, nichts sehen und vor allem nichts sagen. Und das hat einen guten Grund.
Brasilien kann sich seine Handelspartner aussuchen
Wenn man in Berlin ehrlich wäre, dann müsste man zugeben, dass der Schutz des Regenwaldes in der eigenen Agenda, wenn überhaupt, allenfalls eine untergeordnete Rolle spielt. Denn bereits während seiner ersten, von zahlreichen Umweltskandalen begleiteten Amtszeit stand Lula nicht unbedingt im Verdacht, einen besonders grünen Daumen zu haben.
Warum es aber trotzdem Entwicklungsgelder in dreistelliger Millionenhöhe, ein biederes Klinkenputzen deutscher „Spitzenpolitiker“ und als Krönung heuchlerische Auftritte wie jenen von Robert Habeck gibt, liegt auf der Hand. Die realpolitischen Tatsachen zwingen die Ampel-Koalition offenbar dazu, die eigene Ideologie ausnahmsweise einmal hintanzustellen.
Deutschland und die EU wollen das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten lieber heute als morgen unter Dach und Fach bringen. Dazu gehören neben Brasilien noch Argentinien, Paraguay und Uruguay. Bolivien ist offizieller Beitrittskandidat, alle anderen Länder Südamerikas, mit Ausnahme des suspendierten Venezuelas, gelten als assoziierte Mitglieder.
Brasilien hat beim Abschluss des Freihandelsabkommens hingegen keine Eile. Die Verhandlungen laufen nicht umsonst bereits seit 1999. Die Unterschrift scheiterte bisher vor allem daran, dass sich Brasilien dagegen verwahrt, sich von der EU in seine Angelegenheiten reinreden zu lassen, nicht zuletzt in die Regenwald-Politik. Lula hält bei diesem Poker zweifelsohne das deutlich bessere Blatt in den Händen. Denn mit Mexiko (Rindfleisch) und China (Soja) beliefert Brasilien bereits zwei riesige Märkte mit Produkten, die im Amazonasgebiet erzeugt werden.
Diplomatischer Affront gegen Kolumbien
Und dann hat Lula noch ein Ass im Ärmel. Sein Land hat nämlich etwas, das seine Gäste aus Deutschland nicht haben, aber nur allzu gerne hätten: In Brasilien gibt es grüne Energie in rauen Mengen. Und auch hier ist China der mit Abstand wichtigste Handelspartner, zusätzliche Partnerschaften in Europa sind für Brasilien ein Kann, aber eben kein Muss. Vor allem im Hinblick auf die Produktion von grünem Wasserstoff verfügt das Land am Amazonas über nahezu unbegrenzte Ressourcen. Und auch hier gilt: Die Technologie für eine effektivere Produktion kann aus Deutschland bzw. Europa kommen, muss es aber nicht.
Robert Habeck ging in seiner Rolle als Lula-Bauchpinsler so sehr auf, dass er den diplomatischen Affront, den er sich in seiner Rede gegenüber Kolumbien leistete, wohl gar nicht bemerkte. Bogotá steht als nächste Etappe der Südamerika-Reise der beiden Bundesminister auf dem Programm.
Dass es sich dabei allenfalls um einen Höflichkeitsbesuch handelt und Kolumbien aus Sicht der Bundesregierung nicht viel mehr als das fünfte Rad am Wagen ist, stellte Habeck in Belo Horizonte unmissverständlich klar, als er Brasilien für Deutschland als den „einzigen strategischen Partner auf dem südamerikanischen Kontinent“ bezeichnete. Jeder halbwegs geübte Diplomat hätte nicht zuletzt vor dem Hintergrund des weiteren Reiseverlaufs wohl eher zur Wortwahl „wichtigster strategischer Partner“ geraten.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog. Bild: ShutterstockMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de