Ricarda Lang: Rückzug oder Machtspiel? Interne Kämpfe erschüttern die Grünen

Von reitschuster.de

Der Rückzug von Ricarda Lang von der Spitze der Grünen kommt überraschend. Jedenfalls offiziell. Persönliche Gründe werden vorgeschoben, der Stress sei zu groß geworden, heißt es aus dem Lager der Parteichefin. Doch wer die Entwicklungen in den letzten Monaten genau verfolgt hat, weiß: So freiwillig war das wohl nicht. Hinter den Kulissen der Partei brodelte es längst. Die Entscheidung, Lang den Rücktritt nahezulegen, war wohl ein Ergebnis interner Machtspiele. Man könnte es eine klassische Palastrevolte nennen.

Lang, die in den letzten Jahren die Grünen auf einem strikten, ideologisch getriebenen Kurs hielt, stieß innerhalb der Partei zunehmend auf Widerstand. Ihre bedingungslose Haltung bei Themen wie der Energiewende und Klimapolitik schien nicht mehr zu den realpolitischen Herausforderungen zu passen, vor denen Deutschland steht. Während sich Habeck in der Rolle des Wirtschaftsministers zunehmend als pragmatischer Krisenmanager zu positionieren versuchte – wenn auch mit durchwachsenem Erfolg, blieb Lang auf einem Kurs, der vielen als zu dogmatisch galt. Sie war geradezu ein rotes Tuch für viele Nicht-Grüne.

Interner Frust wächst

Zunehmend wurde hinter verschlossenen Türen über ihre Position und ihren Stil diskutiert. Parteiintern kursierten bereits seit Monaten Berichte über den wachsenden Unmut innerhalb der Grünen-Fraktion. Insbesondere der pragmatischere Flügel der Partei, der mehr Flexibilität in der politischen Gestaltung fordert, fühlte sich von Langs kompromissloser Haltung ausgebremst.

Gerade in der Klimapolitik – Langs Kernthema – rumorte es gewaltig. Immer wieder tauchten Gerüchte über internen Zwist auf. Ihre unnachgiebige Haltung gegenüber wirtschaftlichen Kompromissen und die Verweigerung, bei der Energiepolitik Realpolitik zu betreiben, stieß bei vielen auf Unverständnis. Das Problem war nicht die Klimapolitik an sich, sondern Langs Weigerung, pragmatische Lösungen zuzulassen. „Sie war schlichtweg zu starr“, so ein Parteimitglied, das anonym bleiben will. Diese Sturheit stieß zunehmend auf Kritik.

Palastrevolte im Grünen-Lager?

Und so formierte sich hinter den Kulissen langsam aber sicher eine Gruppe, die darauf abzielte, Lang als Vorsitzende loszuwerden. Der innere Zirkel rund um Robert Habeck hatte offenbar genug davon, sich immer wieder durch die ideologischen Fallstricke der Parteichefin navigieren zu müssen. Es war ein offenes Geheimnis, dass Habeck und Lang, die jeweils Führungspositionen bei den Grünen innehatten, nicht mehr auf einer Wellenlänge waren. Habeck, der in der Energiekrise auf Realpolitik (zumindest aus Grünen-Sicht) setzen musste, konnte sich den Luxus dogmatischer Ideale schlicht nicht leisten.

Insider berichten, dass Lang zu ihrer Rücktrittserklärung gedrängt wurde, um einer offen ausgetragenen Konfrontation innerhalb der Partei zuvorzukommen. „Es wurde hinter den Kulissen klar: Lang musste gehen, um die Partei vor dem weiteren internen Zerfall zu retten“, so ein Insider. Zu groß war der Widerstand. Lang selbst versuchte noch, die Fassade des freiwilligen Rücktritts zu wahren – doch das Timing und die Umstände sprechen eine andere Sprache. Dass ausgerechnet die Grünen, die ja einst gegen solche Machtspielchen antraten, diese nun intensiv betreiben, ist bezeichnend.

Ein neuer Kurs für die Grünen?

Mit Langs Rückzug öffnet sich für die Grünen nun ein Raum für neue strategische Ausrichtungen. Die Partei steht vor der Frage, wie sie sich für die kommenden Wahlkämpfe aufstellt. Der pragmatische Flügel rund um Habeck wird gestärkt hervorgehen, während die ideologisch fixierten Strömungen einen Rückschlag erlitten haben. Doch wie lange wird der Frieden halten? Auch wenn Lang nun aus der ersten Reihe verschwindet, bleibt der Konflikt um den Kurs der Grünen bestehen.

Wer sich an die früheren Tage der Partei erinnert, weiß: Die Grünen waren schon immer ein zerstrittener Haufen. Langs Abgang ist daher weniger eine persönliche Tragödie als ein Aufbäumen der weniger ideologischen Kräfte in der Partei gegen die besonders strammen Öko-Sozialisten. Blöd nur: Auch diejenigen, die für Grünen-Verhältnisse „weniger ideologisch“ sind, sind, wenn man die grüne Brille ablegt, immer noch Ideologen. Und insofern macht der Machtwechsel in der Partei wenig Hoffnung auf eine wirkliche Kurswende, weg von Taka-Tuka-Land-Utopien á la Pippi Langstrumpf zu realistischer, bodenständiger Sachpolitik.

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