Von Kai Rebmann
Die Kritik an den Umständen, die zur Notzulassung der mRNA-Impfstoffe durch die FDA (USA) und EMA (EU) geführt haben, wird immer lauter und zunehmend prominenter. Jetzt hat sich in einem MDR-Interview mit Peter Doshi der Co-Herausgeber des British Medicine Journal (BMJ) zu Wort gemeldet und ist sowohl mit den genannten Behörden als auch den Herstellern hart ins Gericht gegangen. Der Wissenschaftler ist Professor für Pharmazie und arbeitet an der University of Maryland. Zusammen mit Forschern aus den USA, Australien und Spanien hat Doshi eine Neubewertung der Resultate aus den Zulassungsstudien für die Impfstoffe von Moderna und Pfizer vorgenommen. Auch reitschuster.de hat in der Vergangenheit schon mehrfach über die damit in Verbindung stehenden Ungereimtheiten berichtet. Was das Team um Peter Doshi jetzt aber herausgefunden hat, muss sämtliche Alarmglocken schrillen lassen und eigentlich das sofortige Aus für die Notzulassung der mRNA-Impfstoffe zur Folge haben.
Der Pharmakologe kritisiert vor allem, dass es auch knapp zwei Jahre nach der bedingten Zulassung immer noch keine unabhängige Prüfung der Zulassungsstudien für diese Produkte gegeben hat. Dies werde durch die Hersteller und die Behörden aktiv verhindert, da diese sich standhaft weigerten, die hierfür benötigten Daten herauszugeben. „Die Wissenschaft ist darauf angewiesen, dass Daten geteilt werden. Wenn dies nicht erfolgt, kann man auch nicht mit gutem Gewissen davon ausgehen, dass diese Impfstoffe eine wissenschaftliche Grundlage haben“, erklärte Doshi gegenüber dem MDR. Unterstützung erhält der Professor von dem deutschen Virologen Alexander Kekulé, dem zufolge es „mit nichts zu rechtfertigen“ ist, dass die Daten von den Herstellern nicht herausgegeben werden. Man habe es hier nicht mit einem „exotischen Impfstoff“ zu tun, sondern mit einem Massenimpfstoff, der zudem von den Behörden empfohlen und als „sicher“ eingestuft wird, so Kekulé. Susanne Wagner, Expertin für die Entwicklung von Arzneimitteln, unterstellt der EMA sogar „Fahrlässigkeit“, wenn sie es unterlässt, die entsprechenden Daten von den Herstellern „zwingend einzufordern“.
Deutlich mehr schwere Nebenwirkungen als bisher bekannt
Also mussten sich Doshi und seine Kollegen bei ihrer Neubewertung der Studien auf die öffentlich zugänglichen Daten stützen. Im Rahmen dieser Untersuchung konnte festgestellt werden, dass die Anzahl der schweren Nebenwirkungen beim Produkt von Pfizer/Biontech um 36 Prozent höher liegt als in der Studie angegeben, bei Moderna ist dieser Wert um sechs Prozent erhöht. Laut Doshi legen diese Erkenntnisse nahe, „dass wir bei rund einem von 800 Geimpften ein erhöhtes Risiko schwerer Nebenwirkungen haben, also eine zusätzliche schwere Nebenwirkung pro 800 Geimpften.“ Das sei sehr viel mehr als bei gängigen Impfstoffen, bei denen nur in einem von einer Million Fällen mit einem solchen Ereignis zu rechnen sei. „Bei solch einer Quote wurden Impfstoffe in den letzten Jahren vom Markt genommen“, stellt der Pharmakologe klar.
Ein weiterer Aspekt der Nachprüfung galt dem Verhältnis der Hospitalisierungen, die durch die Impfung verhindert bzw. verursacht werden. Hierbei ging es um die Frage, bei wie vielen Probanden die mRNA-Produkte einen schweren Verlauf verhindert haben und wie viele andererseits aufgrund einer schweren Impfnebenwirkung ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bezeichnet Doshi als „sehr schlechte Nachrichten“. Im Vergleich zur Placebo-Gruppe kam es in der Moderna-Studie zu 15,1 schweren Nebenwirkungen pro 10.000 Probanden nach der Impfung, während in nur 6,4 von 10.000 Fällen ein schwerer Verlauf verhindert werden konnte. Bei Pfizer/Biontech stehen 10,1 schwere Impfnebenwirkungen 2,3 schweren Verläufen pro 10.000 Teilnehmern gegenüber.
Schlechtes Risiko-Nutzen-Verhältnis vor allem bei Jüngeren
Die mRNA-Produkte verursachen also deutlich mehr Hospitalisierung als sie verhindern. Das gilt umso mehr, je jünger die potenziellen Impflinge sind, da diese im Falle einer Coronainfektion nur ein geringes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Diese Auffassung teilt auch Peter Doshi und sagt: „Ich verfolge aufmerksam und mit großem Interesse, was in Ländern wie Dänemark passiert, wo jetzt empfohlen wird, unter-50-Jährige nur in den Fällen zu impfen, wo es medizinisch erforderlich ist. Man hat dort erkannt, dass Covid aus verschiedenen Gründen kein so großes Risiko mehr darstellt wie in der Vergangenheit. Bei den Schäden hingegen, von denen in den Herstellerstudien die Rede ist, gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass diese Risiken verschwinden.“
Aber nicht nur das Alter hat eine Auswirkung auf das Risiko-Nutzen-Verhältnis der mRNA-Impfstoffe. Auch andere Faktoren wie möglicherweise vorhandene Vorerkrankungen könnten dabei eine wichtige Rolle spielen, wie Doshi vermutet. Doch auf eben diese Daten bekommen unabhängige Wissenschaftler bis heute keinen Zugriff. Hersteller und Behörden behandeln sie wie ein Staatsgeheimnis. Wie der MDR erfahren haben will, liegen der EMA zwar nicht alle Daten vor, der FDA aber sehr wohl. Eine Gruppe von Wissenschaftlern, unter anderem auch Peter Doshi, hat in den USA daher eine Klage lanciert, die die Herausgabe der Studiendaten zum Ziel hat. Zwar habe die FDA inzwischen damit begonnen, die Daten offenzulegen, diese seien aber nach wie vor „unvollständig“, wie Doshi beklagt.
Nur kurz nach Bekanntwerden der alarmierenden Studie wurde versucht, diese mit Hilfe von fadenscheinig anmutenden Argumenten zu diskreditieren. So reichte es für den Infektiologen Prof. Emil Reisinger schon aus, die Untersuchung gegenüber dem NDR als „Fake“ zu bezeichnen, weil Peter Doshi als „Impfgegner“ bekannt sei. Dieser Logik folgend müssten auch sämtliche Parolen, mit denen Karl Lauterbach für die Impfung wirbt, von vornherein und ohne jede Prüfung ins Reich der Fabel verwiesen werden. Darüber hinaus ignoriert diese Unterstellung die Tatsache, dass an der Studie neben Doshi noch zahlreiche weitere Wissenschaftler aus mehreren Ländern beteiligt waren. Den Vergleich von Nebenwirkungen durch die Impfung mit der Hospitalisierungsrate durch eine Corona-Infektion bewertet Reisinger als „nichtssagend“. Wie und weshalb er zu dieser Einschätzung kommt, verriet der Infektiologe dem NDR allerdings nicht.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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