Sippenhaft? Lufthansa verweigert kollektiv Juden den Weiterflug Weil es in jüdischen Reisegruppen zu Masken-Verstößen kam

Man muss sich einmal für einen Augenblick vorstellen, wie diese Nachricht bei Juden – egal ob in Deutschland oder im Rest der Welt – ankommt: Bei einem Flug nach Budapest sortierte die Lufthansa die Passagiere und verweigerte allen, die an ihrer Kleidung als Juden zu erkennen waren, den Weiterflug. Ein massives Polizeiaufgebot setzte das durch. Das ist per se so unsäglich, so unvorstellbar, dass man als Autor hier am liebsten die Tastatur zur Seite legen und das so stehen lassen möchte. Denn auch die weiteren Umstände machen das ganze nicht besser, nur noch schlechter.

Was ist passiert? Laut einer Lufthansa-Mitarbeiterin haben sich mehrere Passagiere auf einem Flug von New York nach Frankfurt geweigert, durchgängig Masken zu tragen. In den USA ist das in Flugzeugen in der Regel auch nicht mehr notwendig. Offenbar ist das Virus in den Vereinigten Staaten in hoher Höhe nicht mehr aktiv, wechselt dann aber in Europa sein Verhalten und ist dort wieder ansteckend in Flugzeughöhe. Die Passagiere wollten das offenbar nicht zur Kenntnis nehmen; laut Jüdischer Allgemeinen gab es „während des gesamten Flugs wiederholte und nachdringliche Aufforderungen vonseiten des Kabinenpersonals, sich an die Maskenpflicht und andere Vorschriften an Bord zu halten“. Eine Passagierin sagte laut Jüdischer Allgemeinen, „die meisten der in ihrem Blickfeld sitzenden Fluggäste seien der Kleidung nach zu urteilen ultraorthodoxe Juden gewesen“.

Fast 130 Passagieren wurde daraufhin die Weiterbeförderung verweigert, wie das Blatt schreibt: „Offenbar wurden all jene abgewiesen, die ausweislich ihrer Kleidung als Juden zu erkennen waren. Im Gegensatz zu rund 30 anderen Passagieren konnten sie ihre Reise nach Budapest nicht wie geplant in Frankfurt fortsetzen.“

Die Jüdische Allgemeine zitiert eine Augenzeugin, die in dem Flugzeug saß: „Ich habe vielleicht 50 oder 60 Leute um mich herum wahrgenommen. Von denen trugen die allermeisten ihre Maske gar nicht oder nur unterhalb der Nase. Ich habe mich nicht sehr wohlgefühlt an Bord“, berichtete die schwangere Frau, die gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer dreijährigen Tochter an Bord war. „Ich wollte mich nicht anstecken.“

Eine erstaunliche Sichtweise – denn sie unterstellt, beim Essen und Trinken, für das die Masken ja abgenommen werden dürfen, würde sich das Virus vornehm zurückhalten bei der Verbreitung – ebenso wie in US-Flugzeugen. Aber Galgenhumor beiseite – die Politik der Verängstigung der Menschen in Deutschland war ganz offensichtlich sehr erfolgreich.

Es ist denn auch bemerkenswert, dass ausgerechnet die „Jüdische Allgemeine“, die der Regierungspolitik in Deutschland sehr positiv gegenübersteht, in ihrem Bericht das Narrativ von den bösen orthodoxen Fluggästen ausgiebig bedient. Und es dabei eher am Rande eine Rolle spielt, dass eben allen jüdisch aussehenden Fluggästen die Weiterreise verweigert wurde, egal, ob ihnen konkret Fehlverhalten nachgewiesen werden konnte oder nicht. Unschuldsvermutung? Gilt bei Lufthansa offenbar nicht gegenüber Juden.

Die Rechtfertigung der Airline, es habe sich um eine Gruppenbuchung gehandelt, ist schon per se schwach genug. Sie ist aber offenbar auch noch falsch. Die Webseite „Dan’s Deals“ berichtet, dass zwei in New York ansässige Reisebüros rund 110 Tickets für den Flug von New York nach Budapest via Frankfurt verkauft hätten. Andere Juden hätten ihre Reise aber selbst gebucht und seien deshalb gar nicht Teil einer der Gruppenbuchungen gewesen. Insgesamt waren dem Bericht zufolge zwischen 135 und 170 Juden für die beiden Lufthansa-Flüge gebucht und machten damit den Großteil der Reisenden aus.

Yitzy Schmidt, einer der betroffenen Passagiere, schrieb auf Twitter: „Ich befand mich auf dem Flug und war durch die Assoziation, Jude zu sein, schuldig. Dies war ein klassischer Fall von purem Antisemitismus, von der Entstehung auf dem Flug bis zur stumpfen Ausführung am Terminal. Nichtjuden desselben Fluges durften mitfliegen, 150+ Juden, die sich nicht kennen, nicht.“

Die Antwort der Lufthansa auf den Tweet ist an Zynismus kaum zu überbieten: „Wir bestätigen, dass eine größere Gruppe von Passagieren heute auf dem Flug LH1334 von Frankfurt nach Budapest nicht befördert werden konnte, weil die Reisenden sich weigerten, eine medizinische Maske an Bord zu tragen. Die Lufthansa ist gesetzlich verpflichtet, sich hier an die gesetzlichen Vorgaben zu halten.“

Das geht glasklar am Problem – der Sippenhaft für alle Juden an Bord – vorbei.

Der Twitter-Nutzer „Not my President“ kommentierte: „Deutschland hat seinen Antisemitismus also nie gestoppt. 200 Hundert hassidische Juden sind heute am Frankfurter Flughafen gestrandet, nur weil Ihr Personal das so entschieden hat, und sie belogen hat, dass der Flug gestrichen wurde, während Sie alle anderen Passagiere weiterfliegen ließen – Schande über Sie!“

Auf einem Twitter-Foto ist zu sehen, wie einer der Passagiere, denen der Weiterflug von einem massiven Polizeiaufgebot verweigert wurde, eindeutig wie vorgeschrieben eine Maske trägt:

Nachdem der Skandal immer weitere Kreise gezogen hat, entschuldigte sich die Lufthansa inzwischen für die Kollektivstrafe. Der Konzern brauchte dazu sage und schreibe sechs Tage.

Der Vorfall zeigt aber, welche verheerenden Auswirkungen die Corona-Politik und das Schüren von Angst haben. Hier kommen – bei diesem Vorfall in Gestalt der Lufthansa bzw. ihrer Mitarbeiter – Züge zum Vorschein, die erschreckend sind und als längst überwunden galten.

Lesen Sie hier auch den exklusiven Insider-Bericht eines Piloten auf meiner Seite über den Umgang der Lufthansa mit Corona und die inneren Konflikte in dem Konzern. Den albanischen Regierungschef ließ die Lufthansa sogar mit der Polizei aus einem Flugzeug eskortieren, weil er die falsche Maske trug.

DAVID
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Bild: Twitter
Text: br
Transparenzhinweis: Im Text war zwar zunächst immer richtig von der „Jüdischen Allgemeinen“ die Rede, aber ausgerechnet an der Stelle, wo ich schrieb, dass das Blatt „der Regierungspolitik in Deutschland sehr positiv gegenübersteht“, habe ich sie mit der „Jüdischen Rundschau“ verwechselt. Die ist aber genau das Kontrastprogramm zur „Jüdischen Allgemeinen“; sie kritisiert die Bundesregierung und druckt auch regelmäßig Berichte von mir ab. Ich bitte den Fehler zu entschuldigen und empfehle Ihnen die „Jüdische Rundschau“ auf das Wärmste.

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