Stramme Wessis im Kabinett Scholz Die "gemütliche Republik" ist nach Berlin gezogen

Von Sönke Paulsen

Vielleicht ein Zufall, dass mit Steffi Lemke und Klara Geywitz zwei Frauen mit einer ostdeutschen Biografie in das Kabinett Scholz eingezogen sind. Sie sind die einzigen „Ossis“. Ihre Ministerien sind nicht besonders maßgebend. Die Umwelt wird zuvorderst von Habeck mit seinem Klimaschutz- und Wirtschaftsministerium abgedeckt und Bauen und Wohnen ist ein Zusatzministerium, welches vorher beim Innenminister lag. Politisch maßgeblich ist da nichts.

Genau passend für die Ostdeutschen, möchte man sagen. Denn sie spielen tatsächlich keine Rolle in dieser Bundesregierung! Bei den siebenundzwanzig Staatssekretären ist das Bild noch vernichtender. Nur Karsten Schneider, als „Staatsminister für Ostdeutschland und gleichwertige Lebensverhältnisse“, und Michael Kellner, „Staatsminister im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium“, sind Ossis, der Rest: „Wessis“!

Halten wir fest. Weniger als zehn Prozent der Staatssekretäre kommen aus Ostdeutschland. In Worten: „Zwei“. Einer davon ist „Ossi-Beauftragter“. Das erinnert an die Anfänge der „Frauenbewegung“, in denen es nur eine Frau im Kabinett gab (die Frauenbeauftragte).
Was für eine Demütigung!

Dieses Kabinett, das auf den „Kampf gegen rechts“ gewissermaßen eingeschworen ist und in dem es keine Quertreiber und auch keine Querdenker gibt, scheint auch auf die Ausgrenzung der Ostdeutschen von maßgeblichen Regierungspositionen eingeschworen zu sein.
Man bekommt fast den Eindruck, dass „Kampf gegen rechts“ eigentlich die Chiffre für den Kampf gegen die Bürger im Osten unseres Landes ist, die von dieser Regierung faktisch nicht vertreten werden!

Von gesellschaftlicher Spaltung, die vor allem noch entlang des West-Ost-Gefälles besteht, will aber inzwischen auch Olaf Scholz nichts wissen. Jetzt wird knallhart gezeigt, wo der Hammer hängt. Im Westen!

Man kann sogar noch etwas genauer werden.

Der Hammer hängt „tief im Westen, wo die Sonne verstaubt“, wie der scharfe Linke Grönemeyer einmal sang, und bekanntlich untergeht. Das Zentrum ist eindeutig Nordrhein-Westfalen und man kann einen Kreis mit dem Durchmesser von fünfhundert Kilometern ziehen, um fast alle Kabinettsmitglieder nach Geburtsorten zu erfassen.

Das nennt man wohl politische Kontraktion! Ein anderes Bild dafür wäre die Wagenburg.

Im Norden und Osten fast nichts. Im Süden kaum etwas, wenn man von den Staatssekretären absieht, die ganz überwiegend aus Bayern und Baden-Württemberg kommen.

Was für eine gemütliche Republik! Die Wessis haben Berlin erobert und bleiben unter sich. Man fühlt sich an die rheinische Republik, mit Hauptstadt Bonn, erinnert und selbst die war noch diverser, was die Herkunft der politischen Schwergewichte anging.

Herbert Wehner kam aus Dresden, Hans Dietrich Genscher aus Halle, Horst Ehmke kam sogar aus Danzig. Das nennt man divers!
Wie durch einen Zufall haben sich alle diese Politiker auch um unsere Ostpolitik verdient gemacht. Eine solche Hoffnung dürfen wir bei dem aktuellen Kabinett nicht haben. Nicht einmal in Bezug auf die neuen Bundesländer.

Alles stramme Wessis! 



Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt“. Hier finden Sie seine Fortsetzungsgeschichte „Angriff auf die Welt“ – der „wahre“ Bond.

Bild: Vanessa_1985/Shutterstock
Text: Gast

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