Was Sie über den Omikron-Booster wissen müssen … … und was die meisten Medien verschweigen

Von Kai Rebmann

In Großbritannien und den USA haben die sogenannten bivalenten Corona-Impfstoffe bereits ihre Notfallzulassung erhalten, in Europa dürfte dieser Schritt nur noch eine Frage von wenigen Tagen sein. Die an verschiedene Omikron-Varianten angepassten Genfähren sollen zum großen Gamechanger der weltweiten Impfkampagne werden. Doch daraus wird auch dieses Mal nichts werden, die entscheidende Frage lautet daher: Wer sagt es Karl Lauterbach?

Der Bundesgesundheitsminister drängt Ärzte unbeirrt dazu, insbesondere ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen so schnell wie möglich zu impfen. In einem Schreiben an Ärzte und Impfzentren fordert Lauterbach: „Risikogruppen sollten nicht länger mit einer Impfung warten, auch wenn ein weiterer Impfstoff wahrscheinlich nur wenige Wochen später zur Verfügung stehen wird.“ Der Minister bezieht sich dabei auf die Tatsache, dass die voraussichtlich ab kommender Woche zur Verfügung stehenden bivalenten Impfstoffe sowohl gegen die Wuhan- als auch die Omikron-BA.1-Variante schützen sollen. Problem: Beide Varianten sind in Deutschland schon seit Monaten nicht mehr anzutreffen.

Ein deutlich höherer „Schutz“ gegen die vorherrschenden Subvarianten BA.4 und BA.5 ist daher nicht zu erwarten. Dafür ist über mögliche Nebenwirkungen praktisch nichts bekannt, der Feldversuch geht also einfach nur in die nächste Runde. Der Antrag auf Zulassung des Impfstoffs mit einer „BA.4/5-Komponente“ wurde am 26. August bei der EMA eingereicht und dieser wird erst in „wenigen Wochen“ zur Verfügung stehen, wie Lauterbach in dem Schreiben mitteilte. Und selbst dann bleibt es abzuwarten, inwieweit und wovor diese Vakzine überhaupt jemanden schützen werden.

USA lassen Omikron-Impfstoff nur auf Basis von Tierversuchen zu

Während in Großbritannien und der EU ab nächster Woche Impfungen gegen längst „ausgestorbene“ Varianten verabreicht werden, wähnen sich die USA schon einen Schritt weiter. Dort hat die Food and Drug Administration (FDA) dieser Tage bereits den bivalenten Impfstoff mit der besagten „BA.4/5-Komponente“ zugelassen. Die Sache hat allerdings einen gewaltigen Haken, der von den meisten Medien hierzulande leider verschwiegen wird. „Es werden die ersten Covid-Impfungen sein, die ohne Ergebnisse aus Studien am Menschen verabreicht werden“, teilt NBC News mit. Der Sender beruft sich dabei unter anderem auf diesen Tweet von FDA-Kommissar Dr. Robert Califf. Das Fehlen dieser Daten bedeute, dass die Behörden nicht wissen können, um wie viel besser – wenn überhaupt – diese Impfungen seien, so NBC News.

Weiter heißt es in dem Bericht, dass die Biden-Administration Druck auf die Hersteller ausgeübt habe, dass diese spätestens im September einen angepassten Impfstoff zur Verfügung stellen sollten. Daher sei den Herstellern nur die Zeit geblieben, „die neu zusammengesetzten Stoffe an Mäusen zu testen, nicht aber an Menschen.“ Mit anderen Worten: Die FDA bringt einen Impfstoff unters Volk, der auf den Daten von Versuchen an Mäusen – sowie den Ergebnissen von Tests an Menschen mit einem „ähnlichen Impfstoff“ (BA.1-Komponente) basiert. Ein ähnliches Szenario könnte auch in Deutschland und ganz Europa drohen, denn mit den Ergebnissen aus klinischen Studien am Menschen ist frühestens im Spätjahr zu rechnen. Mercury News schreibt dazu: „Die Unternehmen führen derzeit klinische Studien mit Menschen durch. Aber diese Ergebnisse werden wahrscheinlich erst Ende Oktober oder Anfang November vorliegen.“ Es steht zu befürchten, dass sich Karl Lauterbach so lange (oder vielleicht sogar noch länger) nicht wird gedulden wollen.

Tests an acht Mäusen sollen Wirksamkeit des Omikron-Boosters belegen

Wenn schon keine Humandaten vorliegen, dann wird man doch wohl davon ausgehen können, dass sich das aus Tierversuchen gewonnene Wissen über die bivalenten Corona-Impfstoffe auf eine breite Basis stützt. Dem ist aber leider nicht so, ganz im Gegenteil. Mercury News berichtet weiter: „Bei acht Mäusen erzeugte der bivalente Booster von Pfizer im Vergleich zum aktuellen Booster des Unternehmens einen 2,6-fachen Anstieg der neutralisierenden Antikörperspiegel gegen die Untervarianten BA.4 und BA.5. Laborarbeiten von Moderna zeigten, dass sein neuer Booster die neutralisierenden Antikörper gegen die neuen Varianten um das 8-fache erhöhte, während der ursprüngliche Booster die Antikörperspiegel nur um das 4,4-fache erhöhte.“ Unfassbar! Laut Dr. Celine Gouder von der NYU Langone Health in New York gebe es zwar keinen Grund zu der Annahme, dass diese Impfstoffe unsicher sein werden. Aber bei der Frage, ob sie wesentlich mehr Schutz bieten als die ursprünglichen Impfstoffe, sei sie zumindest skeptisch.

Bei der Zulassung der ersten Versionen der Corona-Impfstoffe von Pfizer und Moderna im Dezember 2020 konnten die FDA und EMA ihre Entscheidungen noch auf Studien mit Zehntausenden von menschlichen Teilnehmern stützen. Infolge der durch Infektion und/oder Impfung erreichten Herdenimmunität sowohl in den USA als auch in Deutschland und weiten Teilen Europas stehen für künftige Studien aber kaum noch „jungfräuliche“ Probanden zur Verfügung, die noch in nie mit dem Erreger in Berührung gekommen sind. Der Grad der Wirksamkeit wird also kaum noch zuverlässig zu ermitteln sein, es kann daher nur noch darum gehen, mögliche (kurz nach der Impfung auftretende) Nebenwirkungen auszuschließen. Über eventuelle Langzeitfolgen dieser Impfstoffe wird keine Studie dieser Welt irgendeine Auskunft geben können.

Aber verhält es sich mit den an die verschiedenen Omikron-Varianten angepassten Corona-Impfstoffen nicht wie mit den Influenza-Vakzinen? Letztere werden Jahr für Jahr ebenfalls ohne klinische Studien am Menschen an die jeweils vorherrschenden Varianten angepasst, zugelassen und schließlich verimpft. Dr. Paul Offit von der Kinderklinik in Philadelphia lässt diesen Vergleich nicht gelten. Gegenüber NBC News gab der Impfstoffexperte zu bedenken, dass diese Praxis auf jahrzehntelanger Erfahrung mit Stammesveränderungen des Grippevirus beruhe. Die Entwicklung der Covid-Impfstoffe stecke dagegen noch in den Kinderschuhen, zudem werde die mRNA-Technologie erst seit Ende 2020 flächendeckend angewandt. Der Kinderarzt kritisierte zudem, dass bei der Überprüfung der jetzt zugelassenen Omikron-Booster seitens der FDA „große Ausnahmen“ gemacht worden seien.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Shutterstock
Text: kr

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